Keller mit Wasser vollgelaufen, Gebäude beschädigt, Straßen überschwemmt, Bäume umgestürzt: Das katastrophale Hochwasser hat im Süden von Bayern große Schäden hinterlassen. Seit dem vergangenen Wochenende haben die Menschen damit zu kämpfen. Inzwischen ist die Zahl der Todesopfer in Bayern auf vier gestiegen.
- Aktuelle Informationen gibt es im Hochwasser-Ticker: Viertes Todesopfer in Bayern entdeckt
Unwetter hat auch Unterfranken getroffen
Auch im Norden von Bayern gab es Unwetter: Beispielsweise im Raum Kitzingen in Unterfranken haben Gewitter und Starkregen für Überschwemmungen gesorgt. Am Wochenende ist dort ein Schaden in Höhe von etwa 20 Millionen Euro entstanden. Im Vergleich zur Hochwasser-Katastrophe in Südbayern ist die Region relativ glimpflich davon gekommen.
Doch was bedeutet der nasse Mai für Unterfranken – eine der trockensten Regionen Bayerns? Fluch oder Segen? Wohl beides, denn: Landwirtinnen und Landwirte wollen ihre Wiesen mähen, doch die sind zu nass. Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner verzweifeln gerade, weil Schnecken über ihre Beete herfallen. Doch zugleich hat der Regen dem Grundwasserspiegel und den Obstbäumen in Unterfranken gut getan.
Region muss beim Hochwasserschutz nachbessern
Wo sich Expertinnen und Experten einig sind: Die Region braucht einen besseren Hochwasserschutz. Es gibt immer wieder Überschwemmungen in Unterfranken. Flüsse treten über die Ufer und hinterlassen ein Chaos – zum Beispiel Anfang des Jahres im Raum Bad Kissingen/Main-Spessart.
"Die Versiegelung unserer Landschaft schreitet unablässig voran. Die Extremwetterlagen werden uns künftig immer stärker treffen. Wir brauchen Rückhaltebecken, grüne Dächer und Fassaden. Wir müssen uns wappnen für Starkregen-Ereignisse, wie wir sie aktuell erleben", sagt beispielsweise Hermann Bürgin von der stationären Wasserschule in Hobbach im Spessart.
Im Hinblick auf die Starkregen-Ereignisse fordert er dringend ein Wasser-Management auf der Fläche. Zwar freut er sich noch über die anhaltenden Niederschläge im von Trockenheit geplagten Unterfranken, denn seit 2018 habe sich nur wenig bis kein Grundwasser neu gebildet. Von einem Extrem ins nächste zu rutschen, sei aber auch nicht produktiv.
Niederschläge sind gut für das Grundwasser
Für die Neubildung von Grundwasser sind vor allem die Niederschläge im Winter verantwortlich. Auch der Mai werde sich da niederschlagen – nur unterschiedlich schnell. So schätzt Klaus Maslowski vom Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg die Lage ein. In den vergangenen sehr trockenen Jahren seien einige Bodenschichten komplett trockengefallen. Da wird es dauern, bis sich der Regen der letzten Wochen im Grundwasser bemerkbar macht.
"Je nachdem, wie der Untergrund beschaffen ist, geht es schneller mit der Grundwasserneubildung oder sie dauert mitunter sogar Jahre. Außerdem liegen die Messstellen unterschiedlich tief", so Klaus Maslowski. Aktuell sei es im trockenen Unterfranken und auch bayernweit um die Grundwasserpegel gut bestellt. Das bestätigt der Informationsdienst des Bayerischen Landesamts für Umwelt mit seiner interaktiven Karte (externer Link). Unzählige kleine Punkte stehen für die Grundwasser-Messstellen in ganz Bayern und diese Punkte sind bayernweit fast alle grün.
Doch auch da gebe es regionale Unterschiede: Während an Grundwassermessstellen in Kleinostheim und Kahl am Main im Landkreis Aschaffenburg der Pegel seit Dezember nach oben geht, ist das Niveau an der Messstelle in Mömlingen im Nachbarlandkreis Miltenberg nach wie vor niedrig.
Landwirtschaft hofft auf trockene Tage
Viele Landwirtinnen und Landwirte warten ungeduldig auf sonnige Tage: Sie wollen ihr Grünland mähen, also ihre Wiesen. Doch sie können erst mit schwerem Gerät anrücken, wenn die Wiesen abgetrocknet sind. Viele Parzellen sind aktuell nicht befahrbar, sogar Hanglagen.
"Wir haben zwar viel Masse an Grün. Aber wenn wir nicht zeitnah ernten können, dann haben wir keine Klasse mehr. Fehlgärung in der Silage oder Schimmelbildung können wir nicht gebrauchen", sagt Jochen Herberich, Kreisobmann vom Bayerischen Bauernverband im Raum Miltenberg.
Bei der Sommergerste, bei Rüben, Hafer und Mais gebe es bisher nur stellenweise Erosionen. Noch mehr Unwetter mit Starkregen dürfe es aber nicht mehr geben. Herberich hofft auf das Verständnis der Bevölkerung: "Wenn es die kommenden Tage trocken bleibt, dann werden wir jedes Schönwetter-Fenster nutzen und auch sonntags auf die Felder müssen."
Regen war gut für Obstbäume, aber Nässe kann Wurzeln schaden
Auch Manfred Knippel vom Landschaftspflegeverband Miltenberg ist gespalten: "Der viele Regen hat unseren artenreichen Streuobstwiesen richtig gut getan". Lange so weiterregnen sollte es aber nicht. Denn Staunässe können die Bäume genauso wenig vertragen wie lange Dürreperioden, so Knippel.
"Wir fallen von einem Extrem ins nächste: Die letzten Jahre waren unsere Böden zu trocken, um Wasser aufnehmen zu können. Jetzt sind sie zu nass", so der Landschaftspfleger weiter. Die Bäume konnten zwar erfreulicherweise ihre Wasserspeicher auffüllen, doch Staunässe schade wiederum ihren Wurzeln. Die Bäume könnten jetzt Reserven anlegen – aber lange Dürreperioden im Sommer würden sie trotzdem nicht verkraften.
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