Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger
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Vizekanzler Aiwanger? Die bundespolitischen Träume der FW

Vizekanzler Aiwanger? Die bundespolitischen Träume der FW

Trotz ernüchternder Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen halten die Freien Wähler an ihrem bundespolitischen Traum fest: 2025 wollen sie nach Berlin. Die CSU spottet, auch parteiintern gibt es Zweifel, aber FW-Chef Aiwanger gibt sich unbeirrt.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Es hat nicht gereicht. 2,3 Prozent in Sachsen, 1,3 Prozent in Thüringen - wieder einmal haben die Freien Wähler bei Wahlen die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt. Die CSU reagiert mit Genugtuung: Mit diesem "Debakel" seien die bundespolitischen Träume der FW endgültig geplatzt, sagt Generalsekretär Martin Huber. CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder gab dem Freie-Wähler-Vorsitzenden Hubert Aiwanger schon am Montag den Rat: "Schuster, bleib bei deinen Leisten! Hubert, kümmere dich um Bayern und lass Deutschland uns machen!"

Die CSU will bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr keine Stimmen an die FW verlieren. Doch Aiwanger denkt nicht daran, aufzugeben. Beim Gillamoos-Frühschoppen bekräftigte er das Ziel, mit den Freien Wählern an einer bürgerlichen Koalition im Bund beteiligt zu sein - um Rot-Grün "auf die Reservebank zu schicken". Dreimal schon haben die FW mit Aiwanger an der Spitze den Sprung in den Bundestag verpasst, doch für den Parteichef steht fest: Er versucht es, bis es klappt.

Söders "arrogantes Gefrotzel"

Wenn die CSU die Freien Wähler jetzt davor warnt, bei der Bundestagswahl die Union zu schwächen, kommt das der bayerischen FW-Generalsekretärin Susann Enders bekannt vor. "Früher hat die CSU gesagt, die Freien Wähler sollen nicht für den Landtag kandidieren, um ihnen keine Stimmen wegzunehmen", sagt sie dem BR mit Blick auf den Aufstieg der FW von einer Kommunal- zur bayerischen Regierungspartei. "Wenn wir damals schon darauf gehört hätten, dann hätte Bayern heute eine schwarz-grüne Regierung ohne Freie Wähler."

Genau dieses "Desaster" müsse im Bund verhindert werden. Söders "arrogantes Gefrotzel" helfe weder den Menschen in Bayern noch im Bund. Vielmehr solle sich der CSU-Chef freuen, "dass die Freien Wähler mit ihm zusammen auf Bundesebene eine stabile bürgerliche Regierung unterstützen möchten", verlangt Enders. Dann müsse die Union auf Bundesebene nicht aus Verzweiflung mit "Kommunisten" regieren wie möglicherweise in Thüringen. Die Generalsekretärin steht zu den optimistischen Zielen ihres Parteichefs.

Parteiinterne Zweifel

Parteiintern aber gibt es durchaus auch Zweifel - an den Ambitionen und am Kurs des Vorsitzenden gleichermaßen. Andere Landesverbände seien liberaler als der bayerische, dort komme Aiwanger mit seinem teils rechtspopulistischen Kurs nicht so gut an, sagt der eine oder andere hinter vorgehaltener Hand.

Öffentlich wagte sich zuletzt der rheinland-pfälzische Landeschef Stephan Wefelscheid aus der Deckung. Im Februar sagte er dem BR, er habe keine Lust mehr, sich immer wieder für Aussagen von Aiwanger rechtfertigen zu müssen. Auf dem Bundesparteitag regte er ein bundesweites Kooperationsverbot mit der AfD an, was auch als Wink an Aiwanger zu verstehen war. Hinzu kommt, dass die Freien Wähler mancherorts strukturell schwächeln. In Umfragen liegen sie gerade bundesweit bei etwa zwei Prozent.

Mehring: Drei Mandate "durchaus realistisch"

Der bayerische Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) verweist aber darauf, dass neben dem Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde noch ein anderer Weg in den Bundestag führen kann: Dank der Grundmandatsklausel reichen drei Direktmandate, um in Fraktionsstärke ins Parlament einzuziehen. Da die FW bei den Landtagswahlen in Bayern, Brandenburg und Sachsen schon Direktmandate gewonnen hätten und zudem im Freistaat 14 Landrätinnen und Landräte stellten, sei dieser Weg "durchaus realistisch", sagt Mehring dem BR.

Er rechnet vor, dass die FW in einem solchen Erfolgsfall mit 15 bis 20 Abgeordneten im Bundestag vertreten wären: "Eine solche Bundestagsfraktion könnte dann durchaus im Rahmen einer Regierungsbildung ein Zünglein an der Waage sein."

Aiwanger will Habeck beerben

Die Diskussionen darüber, wer sich für die nächste Bundestagswahl aufstellen lässt, gehen gerade los, wie die Landtagsabgeordnete Ulrike Müller erläutert. Sie selbst sieht ihren Platz aber in Bayern, genauso wie Mehring. Aiwanger aber gilt als gesetzt. Auf dem Bundesparteitag im November will er sich erneut zum Spitzenkandidaten wählen lassen.

FW-Landrat Peter Dreier aus Landshut sieht seinen Parteichef quasi schon in Berlin. Beim Gillamoos scherzte er: Wenn Söder Bundeskanzler werden wolle, "dann nur mit einem Stellvertreter (...) Hubert Aiwanger, weil er braucht eine starke rechte Hand". Aiwanger selbst hatte schon im Frühjahr verkündet, dass er gern Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beerben möchte. Er schreibe jetzt schon täglich einen Brief an Habeck, sagte der FW-Chef in einem Interview. "Wenn man näher dran wäre und die Dinge direkt umsetzen könnte, wäre vieles gut."

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