Ein Mann mit Schaufel an einem aufgestauten Graben im Oberen Altmühltal bei Gunzenhausen.
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Ein aufgestauter Graben im Oberen Altmühltal bei Gunzenhausen. Das Wasser soll am schnellen Abfließen gehindert werden. Das hilft Wiesenbrütern.

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Wassermanagement statt Wiesenbrüter-Schutz – geht der Plan auf?

Der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen hatte ein Naturschutzgroßprojekt zum Schutz von Wiesenbrütern abgelehnt. Jetzt rückt Landrat Manuel Westphal (CSU) einen veränderten Umgang mit Wasser in den Mittelpunkt. Der soll auch den Wiesenbrütern helfen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Uferschnepfe und Brachvogel haben Anfang des Jahres im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen für Wallung gesorgt. Wegen eines bundesweiten Schutzprojektes waren Landwirte mit Naturschützern in Konflikt geraten. Am Ende wurde das jahrelang vorbereitete Naturschutz-Großprojekt "Chance Natur" denkbar knapp vom Kreistag abgelehnt. Landrat Manuel Westphal (CSU) hatte damals ein Alternatives Schutzprojekt angekündigt. Jetzt sitzen Vertreter von Landwirten, Jägern und Naturschützern an einem Tisch. Und der Landrat will nach vorne schauen.

Wassermanagement künftig im Vordergrund

Der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen stellt den Schutz von Wiesenbrütern künftig unter die Überschrift "Integriertes Wassermanagement". Dies sei ein völlig anderer Ansatz, sagte Landrat Manuel Westphal (CSU) in der Umweltausschuss-Sitzung des Kreistags. Priorität habe ein veränderter Umgang mit Wasser, der den Auswirkungen des Klimawandels geschuldet sei. Hochwasser und Trockenheit mache der Region zu schaffen. "Es steht außer Frage, dass der Klimawandel immer stärker spürbar ist", so Westphal. Bei dem neuen Konzept gehe es nicht nur um den Schutz einer Tierart, sondern es würden viele Aspekte berücksichtigt. Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf habe Interesse gezeigt, bei diesem Thema der Zukunft mitzuwirken, so Westphal.

Wasserwirtschaft will Mulden graben

Unterstützt wird der Landkreis vom zuständigen Wasserwirtschaftsamt Ansbach. "Bisher war die Landschaft auf Entwässerung ausgerichtet," erklärte Andreas Lebender vom Wasserwirtschaftsamt Ansbach bei der Sitzung im Kreistag. "Jetzt brauchen wir Maßnahmen, dass das Wasser verzögert abläuft." So sollen vermehrt sogenannte grüne Gräben aufgestaut werden. Auch will das Wasserwirtschaftsamt auf staatseigenen Flächen Mulden anlegen oder staatliche Wiesen von Rindern beweiden lassen. Solche Maßnahmen hatte das Projektbüro "Chance Natur" detailliert ausgearbeitet. Das Projekt scheiterte allerdings am Widerstand von Landwirten und Jägern. Im Februar hatte der Landkreis die Beteiligung an einem Naturschutz-Großprojekt "Chance Natur" zum Schutz der Wiesenbrüter abgelehnt.

Neues Projekt betont die Zusammenarbeit

In Zusammenarbeit mit Landwirten, Jägern und Fischern sollen einige der vorgeschlagenen Maßnahmen nun umgesetzt werden. Dafür soll in diesem Jahr das Geld eingesetzt werden, das wegen des Ausstiegs aus "Chance Natur" frei geworden ist. 45.000 Euro stehen damit zur Verfügung. Und die Stimmung sei nach zwei Workshops eine andere. Ingrid Bär vom Amt für Landwirtschaft und Forsten erklärt, es habe ein Klimawandel im Miteinander und in der Gesprächskultur stattgefunden. "Die Jäger machen jetzt freiwillig mit, dann kommt mehr dabei heraus", sagt Diana Oster vom Jagdverband. "Entscheidend ist das Ergebnis", sagte der Geschäftsführer des Bauernverbandes im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, Daniel Meier. Und auch der Vertreter des Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV), Sebastian Amler, betont, das Projekt selbstverständlich unterstützen zu wollen. "Die Maßnahmen bauen auf das auf, was im Projekt 'Chance Natur' erarbeitet worden ist. Wir wollen alles dafür tun, dass die Wiesenbrüter auch bei uns im Landkreis erhalten werden."

"Baukasten" von Fördermitteln

Nur die Fördermillionen des Projektes "Chance Natur" in Höhe von vier Millionen Euro werden nicht in den Landkreis fließen. Landrat Manuel Westphal will stattdessen verschiedene Fördermittel-Töpfe "wie einen Baukasten" zusammensetzen. "Damit sind wir schneller und flexibler." Außerdem ist geplant, Fördermittel von der EU zu beantragen. Diese würden allerdings frühestens in zwei Jahren in die Region fließen. Reinhard Ebert von der ÖDP äußerte sich ernüchtert. "Wir könnten schon viel weiter sein", sagte er. "Ich sehe und rieche schon den Schweiß, wenn ich daran denke, wie viele Sitzungen wir noch vor uns haben." Die Wiesenbrüter wie Uferschnepfe, Brachvogel und Kiebitz sind massiv vom Aussterben bedroht. Das Obere Altmühltal gehört zu den letzten zusammenhängenden Brutgebieten, in dem noch alle Wiesenbrüter-Arten vorkommen.

Landkreis Ansbach setzt "Chance Natur" alleine um

Der benachbarte Landkreis Ansbach setzt seinen Teil des Projektes "Chance Natur" wie geplant um. 60 Prozent des Projektgebietes zum Schutz der Wiesenbrüter liegen zwischen Colmberg und Ornbau im Landkreis Ansbach. Hier werden sechs Millionen Euro an Fördermitteln erwartet. In Ornbau wurde jetzt eine Weidefläche eingeweiht, deren Realisierung von "Chance Natur" unterstützt worden war. Die Fläche "am Kappelwasen" war die letzten 30 Jahre brach gelegen, weil der Niedermoorstandort nass und schwer zu bewirtschaften ist. Dexter-Rinder sollen die Fläche nun kurz halten, die Hoffnung ist, dass sich wieder Orchideen und andere seltene Arten ansiedeln. "Das Projekt ist ein Musterbeispiel für offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit unterschiedlicher Behörden und Verbände", so Ornbaus Bürgermeister Marco Meier.

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