Betroffene, Helfer, Gewerkschafter und Stadtbewohner kamen in die Seidlstraße, um am Tatort gemeinsam zu trauern. Den Organisatoren von Verdi ging es darum, ein Zeichen zu setzen: gegen Hetze und Hass und gegen die politische Instrumentalisierung des Anschlags.
Getötete setzte sich gegen Fremdenfeindlichkeit ein
Gleich zu Beginn der Gedenkfeier bat Münchens Verdi-Geschäftsführerin auf einer mit roten Nelken geschmückten Bühne die etwa 500 Menschen in der Seidlstraße dazu auf, eine Schweigeminute einzulegen - am Ort, wo vor einer Woche ein 24-jähriger Afghane sein Auto in den Demonstrationszug der Gewerkschaft gelenkt hatte. Weber erinnerte an die beiden Toten des Anschlags, Amel und ihre Tochter Hafsa. Sie zitierte aus einer Erklärung der Angehörigen, in der betont wurde, dass die Getötete sich für Solidarität und gegen Fremdenfeindlichkeit einsetzte. Weber sagte auch, dass die Bedeutung der Namen der Getöteten den Überlebenden Kraft geben könne: Amel bedeute Hoffnung, Hafsa Löwin.
Reiter: Angriff hat uns näher zusammengebracht
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter betonte in seiner Rede davon, dass die Stadtangestellte Amel und ihre Tochter ermordet wurden. "Was für ein sinnloses Verbrechen", sagte Reiter. Die Tat habe in der Stadt Dunkelheit hinterlassen. Der Oberbürgermeister dankte allen, die schnell und gut geholfen haben, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei, Rettungsdiensten, Feuerwehr und Menschen, die bei der Demonstration dabei waren.
"Der Angriff sollte Angst machen - aber er hat uns näher zusammengebracht", sagte Reiter. Er kritisierte Parteien, die die Tat zu instrumentalisieren versuchten. München sei eine Stadt vieler Nationen und stehe für Vielfalt.
Werneke: Zusammenstehen für Erhalt der Demokratie
Der Verdi-Bundesvoritzende Frank Werneke erinnerte daran, dass in ganz Deutschland heute Gedenkveranstaltungen für die Verletzten und die Todesopfer von München stattgefunden haben. Werneke sagte, der Anschlag von München sei der schwerste Angriff auf eine Gewerkschaft in der Nachkriegszeit. Die Tat sei feige, brutal, menschenverachtend, bewusst und gezielt gewesen. "Es ging darum, möglichst viel Leid zu erzeugen - deswegen wurde unser Demonstrationszug herausgesucht". Man stehe aber zusammen "für den Erhalt unserer Demokratie", so Werneke.
Dies sei ein Angriff auf demokratische Grundrechte gewesen, so der Verdi-Chef weiter. Man lasse sich aber vom Terror nicht davon abbringen, sich für Arbeitnehmerinteressen einzusetzen. Werneke richtete scharfe Kritik an Mitglieder und Anhänger der AfD, die am Sonntag versucht hatten, Blumen am Gedenkort niederzulegen für deren "fremdenfeindliche Aktivitäten" und lobte Gewerkschaftsmitglieder, die das mit einer Menschenkette verhindert hätten.
Zum Ende der Gedenkfeier wurden alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgefordert, sich an den Händen zu fassen. Viele Menschen hatten Blumen und Kerzen mitgebracht und legten sie am Gedenkort ab
Blumenmeer am Tatort
Ganz in der Nähe des Tatorts auf dem Bürgersteig an der Seidlstraße der immer noch oft aufgesuchte Gedenkort. Dort, wo der 24-jährige Afghane sein Auto in den Demonstrationszug gesteuert hat, befindet sich derzeit ein großes Blumenmeer. Seit dem Anschlag kommen auch immer wieder Menschen, um Kerzen anzuzünden.
Im Münchner Rathaus liegt seit Anfang der Woche ein Kondolenzbuch aus. Hunderte von Münchnerinnen und Münchner haben schon ihre Gefühle niedergeschrieben. Mitarbeiter der Stadt haben Fotos von sich mit der getöteten Stadtangestellten eingeklebt. Oberbürgermeister Reiter hat auf der ersten Seite "Lasst uns in dieser schwierigen Zeit fest zusammenstehen" geschrieben.
Tanz der Marktweiber und weitere Faschingsveranstaltungen abgesagt
Wenige Tage nach dem Anschlag hat die Stadt alle Faschingsveranstaltungen am unsinnigen Donnerstag und Faschingsdienstag abgesagt. Auch der traditionelle Tanz der Marktweiber findet in diesem Jahr aus Pietätsgründen nicht statt. Erika Schuster hat einen Blumenstand am Viktualienmarkt und tanzt seit 38 Jahren – dieses Jahr wäre sie zum wahrscheinlich letzten Mal auf der Bühne gestanden. Dann kam die Absage: "Wir waren alle enttäuscht, es flossen Tränen. Ich finde es natürlich traurig, was passiert ist - und dass wir nicht mehr auftreten dieses Jahr", sagt Schuster
Bei dem Anschlag am Donnerstag vor einer Woche sind eine Mutter und ihr zweijähriges Kind an den Folgen ihrer Verletzung gestorben. Laut München Klinik, die mehrere Krankenhäuser in München betreibt, wird immer noch ein Patient behandelt, der aber stabil und auf einer normalen Station ist. Laut einer aktuellen Antwort des bayerischen Innenministeriums auf eine Anfrage der SPD wurden bei dem Anschlag 60 Menschen verletzt und zwei getötet.
Im Video: Gedenken eine Woche nach dem Anschlag in München
Gedenken eine Woche nach dem Anschlag in München
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!