Eigentlich will sich CSU-Chef Markus Söder heute zu anderen Parteien nicht äußern, tut es dann aber doch - und kann sich ein bisschen Spott nicht verkneifen: Die bundespolitischen Träume von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger will Söder als "eine Art Hilferuf" verstanden wissen, wie er nach einer CSU-Vorstandssitzung in München mit Blick auf Interviewaussagen des bayerischen Wirtschaftsministers sagt. Und er verweist gleich noch darauf, dass aktuelle Umfragen "ein sehr eindeutiges Bild" von den Erfolgsaussichten der Freien Wähler bei der nächsten Bundestagswahl zeichneten. Heißt zwischen den Zeilen: Söder hält Aiwangers Berlin-Pläne für unrealistisch.
Bei allen Unterschieden zwischen Söder und Aiwanger - in puncto Ehrgeiz weisen sie Ähnlichkeiten auf. So sehr beide auch öffentlich über ihre bisherigen Ämter in Bayern schwärmen, so groß ist auch ihr bundespolitisches Machtstreben: Beide Parteichefs trauen sich selbst deutlich mehr zu. Schon 2021 hatten beide auf ihre Weise für einen Wechsel nach Berlin gekämpft, bei beiden wurde nichts daraus: Söder konnte sich im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union nicht gegen Armin Laschet (CDU) durchsetzen, Aiwanger scheiterte mit den Freien Wählern an der Fünf-Prozent-Hürde. Der Freie-Wähler-Chef will es 2025 erneut versuchen, Söder werden nach wie vor Kanzler-Ambitionen nachgesagt.
Aiwanger möchte Bundesminister werden
Vor wenigen Tagen erst bekräftigte Aiwanger im Deutschlandfunk sein ehrgeiziges Ziel, seine Freien Wähler als Spitzenkandidat in den Bundestag zu führen - und idealerweise gleich auch noch Bundeswirtschaftsminister zu werden: "Ich sage es ganz ehrlich: Wenn ich das in Berlin tun dürfte, dann würde ich das gerne tun." Er schreibe jetzt schon einen Brief täglich an Bundesminister Robert Habeck (Grüne). "Wenn man näher dran wäre und die Dinge direkt umsetzen könnte, wäre vieles gut."
Auch 2021 sei er schon Spitzenkandidat gewesen. "Wir hatten damals 2,4 Prozent, in Bayern 7 Prozent für die Bundestagswahl", schilderte Aiwanger. "Wenn überall so gewählt worden wäre wie in Bayern, säßen wir längst in Berlin. Und das wäre auch dringend nötig." Er sei überzeugt, dass die Freien Wähler "ein riesiges Potenzial" hätten.
Ministerpräsident Söder strebt nach Einschätzung des Freie-Wähler-Chefs immer noch die Kanzlerkandidatur der Union an. "Wenn es ihm angetragen wird, wird er nicht nein sagen. Aber ich glaube nicht, dass er es auf einen Kampf ankommen lässt", sagte Aiwanger. "Wer schlägt schon das Amt des Bundeskanzlers aus?"
Söder: "Nicht ständig nach anderen Ämtern schauen"
Während Aiwanger also bei der Bundestagswahl für die FW ganz oben auf dem Wahlzettel stehen dürfte, sollen Minister der CSU nach Söders Willen dort nicht zu finden sein. "Denn ich bin der festen Überzeugung: Ich brauche Minister, die mit 120 Prozent brennen für Bayern und nicht die Hälfte ihrer Zeit woanders sind." Wer Geld vom Steuerzahler bekomme, müsse dafür doppelten Einsatz bringen.
Nebenbei gibt es von Söder auch noch einen Seitenhieb auf seinen Wirtschaftsminister. Der CSU-Politiker lässt anklingen, dass er einen Teil von Aiwangers Job miterledigt: "Ich bin ja fast täglich mit Wirtschaftsfragen beschäftigt, kümmere mich da auch persönlich in vielen Dingen, weil ich angesprochen werde."
Als er von einem Journalisten auf Aiwanger angesprochen wird, sagt Söder: "Wir beschäftigen uns mit uns und nicht mit anderen." Er fügt aber hinzu: "Ich hab' immer die Empfehlung: Jeder sollte das machen, wofür er eigentlich auch gewählt ist, und nicht dann ständig nach anderen Ämtern schauen. Aber das muss jeder selber wissen."
Kein Superminister Söder
Einen Wechsel als Superminister in ein CDU-geführtes Bundeskabinett schließt der CSU-Chef aus: "Ich bin lieber ein super Ministerpräsident als ein Superminister." Infrage käme für Söder also nur die Kanzlerkandidatur - und nur dann würde er für den Bundestag kandidieren, wie er erläutert: "Als Kanzlerkandidat kandidiert man für den Bundestag. Wenn man das aber nicht ist, ist klar, dass der Platz in Bayern ist." Erneut betont Söder, dass über die Kanzlerkandidatur der Union im Herbst entschieden werde. "Favorit ist klar die CDU."
Inwieweit Söder seinen Platz eher in Berlin als in Bayern sieht, ist weiter unklar, weil er immer wieder Raum für Spekulationen lässt. Erst vor wenigen Tagen betonte er mal wieder, dass bayerische Ministerpräsidenten "grundsätzlich ausbefördert seien" - schränkte aber ein: Ausnahmen seien denkbar.
Füracker: Söder könnte Kanzler
In der CSU kann sich so mancher Söder gut als Bundeskanzler vorstellen. Finanzminister Albert Füracker, ein Vertrauter des Parteichefs, sagte den Oberpfalz-Medien, die Kanzlerfrage sei zwar für die CSU eher ein Randthema. Aber: "Natürlich könnte unser Ministerpräsident Kanzler." Allerdings müsse dies die CDU als großer Partner wollen. Zugleich verwies Füracker auf hohe Zustimmungswerte für Söder: "Was klar auffällt: In Umfragen schneidet unser Ministerpräsident immer spitze ab."
Söders gute Umfragewerte waren auch 2021 eines der Hauptargumente von Befürwortern einer Kanzlerkandidatur des CSU-Chefs. Füracker zeigt sich auch überzeugt, dass die Bundestagswahl zumindest in Bayern mit Söder ganz anders ausgegangen wäre als mit dem damaligen CDU-Chef Armin Laschet: "In Bayern wäre es nicht passiert, dass ein Kanzlerkandidat Scholz mehr Stimmen bekommen hätte als ein Kanzlerkandidat Söder."
Aiwanger: Vielleicht sehen wir uns dort gemeinsam
Aiwanger jedenfalls lässt deutlich mehr Sympathie als Söder für den Gedanken erkennen, dass beide Parteichefs zeitgleich nach Berlin wechseln könnten. "Vielleicht sehen wir uns ja dann dort gemeinsam wieder", sagte der Freie-Wähler-Politiker. "Vielleicht bleiben wir aber auch beide in Bayern. (...) Das weiß keiner genau, was nächstes Jahr rauskommt."
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