Finanzminister Lindner (FDP), Kanzler Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) bei der Vorstellung des Etatentwurfs 2025 im Juli
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Nach langen Verhandlungen hatten sich die Spitzen der Ampel-Koalition auf einen Etatentwurf für 2025 geeinigt. Nun ist er vielleicht hinfällig.

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Bundeshaushalt: Wackelt der Ampel-Plan?

Eigentlich hat sich das Regierungsbündnis im Bund mit einer Haushaltseinigung in die Sommerpause verabschiedet. Doch jetzt scheint das Zahlenwerk zu wackeln. Es gibt rechtliche Zweifel an den Ampel-Plänen. Und sie kommen aus den eigenen Reihen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Hinter dem Kanzler liegt eine lange Verhandlungsnacht, als er Anfang Juli vor die Hauptstadtpresse tritt. Doch Müdigkeit lässt Olaf Scholz an diesem Sommervormittag nicht erkennen. Schon eher den festen Willen, Entschlossenheit auszustrahlen. Nach wochenlangen Gesprächen auf Spitzenebene verkündet der Kanzler, dass sich die Ampel auf einen Haushaltsentwurf für kommendes Jahr geeinigt habe. "Wir haben wirklich jeden Stein umgedreht", sagt der SPD-Politiker. Und das Ergebnis sei ein "gelungenes Kunstwerk".

Vier Wochen später werden deutliche Risse in diesem "Kunstwerk" sichtbar. Vor allem das FDP-geführte Finanzministerium hatte von Anfang an Zweifel, ob die Verständigung rechtlich gesehen auf solidem Fundament steht. Ressortchef Christian Lindner hat deshalb Fachleute mit einer Prüfung beauftragt – und das Ergebnis fällt überwiegend negativ aus.

Im Audio: Bedenken am Etatentwurf 2025 der Bundesregierung

05.07.2024, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M), Robert Habeck (l, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, nehmen an einer Pressekonferenz zum Haushaltsplan 2025 teil.
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Bundeshaushalt: Wackelt der Ampel-Plan? (Archivbild)

Ampel will Milliardenloch im Haushalt stopfen

Das Problem: Im Haushaltsplan der Ampel klafft eine Lücke von 17 Milliarden Euro. Dass ein Bundeshaushalt nicht zu 100 Prozent durchfinanziert ist, gehört zum politischen Alltagsgeschäft. Ungewöhnlich ist aber eine solche Größenordnung. Teil der Einigung vom Juli waren deshalb einige Kniffe, mit denen die rot-grün-gelbe Koalition das Haushaltsloch um acht Milliarden verkleinern wollte. Angedacht war beispielsweise, Zuschüsse für die Deutsche Bahn und die staatliche Autobahngesellschaft in Darlehen umzuwandeln. Dann hätte man die Mittel nicht auf die Schuldenbremse des Grundgesetzes anrechnen müssen. Außerdem sollte übrig gebliebenes Geld aus der Gaspreisbremse genutzt werden.

Doch diese Ideen erweisen sich nun im Lichte der Prüfergebnisse als problematisch. Eine Verwendung von Mitteln aus der Gaspreisbremse für andere Zwecke: Das erinnert Kritiker an den Versuch, Corona-Kredite für den Klimaschutz umzuwidmen. Ein Manöver, das der Ampel mit dem Haushaltsurteil des Verfassungsgerichts vergangenes Jahr auf die Füße gefallen ist.

Haushalt: Lindner warnte früh vor rechtlichen Risiken

Vorsichtshalber hat Lindner vor einigen Tagen im ARD-Sommerinterview klargestellt: "Verfassungsrechtliche Risiken oder ökonomisch nicht Sinnvolles werde ich als Finanzminister nicht unterstützen." Mit dem am Donnerstag bekanntgewordenen Prüfergebnis sind diese Bedenken nun untermauert worden, was in Berlin nur wenige überrascht haben dürfte. Allerdings war mit Lindners Timing nicht unbedingt zu rechnen.

Der Koalitionspartner SPD reagiert verärgert. Partei-Co-Chefin Saskia Esken wirft Lindner vor, die Bewertung des Ergebnisses "ohne jede Abstimmung in der Regierung" vorgenommen zu haben. Und das am Tag des großen Gefangenenaustauschs zwischen westlichen Ländern und dem russischen Regime: "Das ist rücksichtslos und überschreitet für mich die Grenze des Erträglichen in einer Koalition", sagt Esken am Rande eines Besuchs in Thüringen.

Aus Sicht der FDP aber steht fest, dass die "Vorschläge aus dem Kanzleramt" zum Stopfen des Haushaltslochs nur eingeschränkt umsetzbar seien. "Hier muss noch dringend nachgebessert werden", sagt der Aschaffenburger Abgeordnete Karsten Klein auf BR24-Anfrage. Er erwarte, dass die Regierung möglichst bald andere Vorschläge erarbeitet. Zusätzliche Schulden kämen dafür allerdings nicht infrage. Stattdessen geht es nach den Worten von Klein zum Beispiel darum, "die Treffsicherheit der Sozialausgaben" zu erhöhen. Dies könnte auch Kürzungen einschließen.

CSU beklagt "Unfähigkeit" der Ampel

Damit ist die koalitionsinterne Diskussion wieder dort, wo sie ihren Ausgang genommen hat. Nämlich bei der Frage, ob wegen zusätzlicher Ausgaben für Sicherheit und Infrastruktur die Schuldenbremse des Grundgesetzes verändert werden sollte. Oder ob der Bund bei den Ausgaben den Rotstift ansetzt.

Wie die FDP schlägt auch die CSU im Bundestag Einsparungen im Sozialbereich vor. Das macht Sebastian Brehm im BR24-Gespräch deutlich, der haushaltspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe. Als Beispiele nennt der Nürnberger Abgeordnete das Bürgergeld und die geplante Kindergrundsicherung. Das Vorgehen der Ampel-Koalition mache ihn "fassungslos", so Brehm. "Wenn eine Bundesregierung das Wichtigste nicht schafft – nämlich einen Haushalt für das nächste Jahr zu platzieren -, dann zeigt das die Unfähigkeit in diesem Bereich."

Für die Ampel dürfte es nun eine unruhige Sommerpause werden. In zwei Wochen soll der Haushaltsplan für 2025 eigentlich dem Bundestag zugestellt werden. Doch hinter der Einigung von vergangenem Monat steht nun ein großes Fragezeichen.

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