"Mit Geld und Verstand":  Plakat über dem Eingang zum Bundesministerium der Finanzen.
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"Mit Geld und Verstand": Plakat über dem Eingang zum Bundesministerium der Finanzen. (Bild vom November 2023)

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Beginnt der Haushaltsstreit der Ampel nochmal von vorn?

Die Verhandlungen waren zäh, das Ergebnis ist umstritten. Nun nimmt Finanzminister Lindner zwei wissenschaftliche Bewertungen zum Anlass, Nachverhandlungen zu fordern. Muss die Ampel-Koalition ihren Haushalts-Kompromiss 2025 wieder aufschnüren?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Ampel-Koalition muss ihren mühsam erreichten Kompromiss zum Bundeshaushalt 2025 möglicherweise grundlegend nachverhandeln. Zwei wissenschaftliche Bewertungen zu geplanten Vorhaben hätten ergeben, dass "weitere Gespräche innerhalb der Bundesregierung sowie im Rahmen der parlamentarischen Beratungen notwendig" seien, so das Bundesfinanzministerium. 

Zweifelsfälle: Umwidmung von KfW-Mitteln, Darlehen an Autobahn GmbH

Der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium zweifelt nach einem Bericht des "Handelsblatts" daran, dass die milliardenschwere Finanzlücke im Haushaltsentwurf für 2025 wie geplant verringert werden kann. Demnach äußert das Gremium in einem Brief, es habe "erhebliche Zweifel", ob die von der Bundesregierung erwogenen Maßnahmen ausreichten.

Die Ampel-Koalition hatte sich in ihrem vorläufigen Haushaltskompromiss darauf verständigt, die Haushaltslücke von insgesamt 17 Milliarden Euro mit Darlehen (statt Zuschüssen) für die Bahn und die Autobahn GmbH sowie die Verwendung nicht ausgezahlter KfW-Milliarden aus Zeiten der Energiekrise zu verringern. Das Finanzloch sollte dadurch auf neun Milliarden Euro schrumpfen.

Es steht Fachurteil gegen Fachurteil

Der wissenschaftliche Beirat warnt laut "Handelsblatt", bei der Vereinnahmung des Liquiditätsüberschusses bei der staatlichen Förderbank KfW gebe es "erhebliche verfassungsrechtliche Risiken, da aus Notlagenkrediten stammende Mittel für den Bundeshaushalt genutzt werden". Im Falle der Umwandlung von Zuschüssen in Darlehen an die Autobahn GmbH bezweifelt der Beirat, "dass die Darlehensvergabe als finanzielle Transaktion gewertet werden kann".

Anders schätzt die Maßnahmen das Gutachten ein, das von der Regierung beim Bielefelder Rechtsprofessor Johannes Hellermann in Auftrag gegeben wurde. "Zeit Online" zitiert aus dem Gutachten. Dieses sieht in den Bahn-Darlehen keine "schuldenbremsenrelevante Kreditaufnahme des Bundeshaushalts". Im Fall der Autobahngesellschaft ist die Lage laut "Zeit Online" etwas komplizierter, weil das Unternehmen - anders als die Bahn - nicht über eigene Einnahmen verfügt, um die Darlehen zurückzuzahlen.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte die zwei Gutachten in Auftrag gegeben, weil es Zweifel gab, ob einzelne Vorhaben der Ampel im Bundeshaushalt für das kommende Jahr verfassungsrechtlich und wirtschaftlich tragbar sind.

Bricht der alte Regierungsstreit wieder auf?

Die infrage stehenden Maßnahmen galten ohnehin als Notlösung, weil die Ampel-Parteien keine gemeinsame Haltung zur Aufnahme neuer Schulden fanden. Vor allem die SPD hatte sich dafür eingesetzt, wegen des Ukraine-Kriegs eine außergewöhnliche Notlage zu erklären und Lücken im Haushalt durch dann erlaubte neue Kredite zu schließen. Diese Forderung könnte nun erneut auf den Tisch kommen - auch wenn das Lindner-Ministerium versucht, die Debatte um eine Notlage oder gar die Reform der Schuldenbremse im Keim zu ersticken und stattdessen weitere Einsparungen im Sozialbereich fordert.

Mit Informationen von AFP und dpa

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