Die CSU hat als erste Partei formal der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen der Union mit der SPD zugestimmt. Der Beschluss fiel am Sonntagmorgen in einer Schaltkonferenz des CSU-Vorstands, und zwar einstimmig, wie die Nachrichtenagentur dpa von Teilnehmern erfuhr. Auch die SPD hat inzwischen für Verhandlungen gestimmt.
SPD: Mitglieder sollen über möglichen Koalitionsvertrag abstimmen
Aus dem SPD-Parteivorstand hieß es, das Votum sei im Vorstand einstimmig ausgefallen. Über einen Koalitionsvertrag würden am Ende die SPD-Mitglieder in einem verbindlichen Mitgliedervotum online abstimmen.
Union und SPD hatten zuvor in mehrtägigen Sondierungsgesprächen zentrale Streitfragen aus dem Weg geräumt. Unter anderem wurden die wichtigen Finanzfragen geklärt, der Migrationskurs abgesteckt und eine Reform des Bürgergelds vereinbart. Am Samstag hatten die Verhandler beider Seiten ein entsprechendes Sondierungspapier vorgestellt und ihren Parteien die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfohlen.
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Dobrindt: Arbeitsgruppen sollen am 13. März starten
Die Koalitionsverhandlungen sollen nach CSU-Angaben in wenigen Tagen starten. Die Arbeit in den Arbeitsgruppen solle in der neuen Woche beginnen, sagte CSU-Chef Markus Söder nach Teilnehmerangaben in der Schalte des CSU-Vorstands. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte demnach als Startdatum für die Arbeitsgruppen den kommenden Donnerstag, 13. März. Ziel sei, dass diese danach binnen zehn Tagen – bis zum 23. März – fertig würden.
Nach Bekanntwerden der Sondierungsergebnisse fallen die Reaktionen größtenteils kritisch aus – auch aus den eigenen Reihen. Besonders die Pläne von SPD und Union, die Schuldenbremse zu lockern, um einen Milliardenkredit für Verteidigung und Infrastruktur zu ermöglichen, stoßen auf erhebliche Bedenken.
Der ehemalige CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer warf der Union Wortbruch vor. Die Pläne stimmten "mit dem von uns versprochenen glaubwürdigen Politikwechsel nicht überein", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag". Das sei "das Gegenteil dessen, was wir vor der Wahl gesagt haben". Der Vorsitzende der Jungen Union (JU) Bayern, Christian Doleschal, fordert Einsparungen und Reformen an anderer Stelle und einen Rückzahlplan.
Kritik von AfD und Linke
"Dieses Sondierungspapier ist eine Einigung zum Schaden Deutschlands, die für die geplanten Koalitionsverhandlungen nichts Gutes erwarten lässt", schrieb die AfD auf der Plattform X. Für den Bruch seiner Wahlversprechen und seine Kapitulation vor dem Verschuldungswahn der SPD habe Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz lediglich vage Versprechungen und Formelkompromisse in der Migrationspolitik bekommen.
Die Linkspartei kritisierte die Ergebnisse der Sondierungen scharf. Das Papier sei "so katastrophal wie erwartet" und soziale Themen ein "blinder Fleck", erklärten die Fraktionsvorsitzenden Heidi Reichinnek und Sören Pellmann. "Zentrale Themen wie Wohnungsbau, Gesundheit, Stärkung von Familien, gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West oder bezahlbare Lebensmittel werden nebenbei verhandelt oder nicht einmal erwähnt."
Widerstand der Grünen wächst
Es bleibt unklar, ob die notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag für das Schuldenpaket erreicht wird. Eine Entscheidung im alten Bundestag soll am 18. März fallen, bevor das Thema anschließend im Bundesrat behandelt wird.
"Von einer Zustimmung sind wir heute weiter entfernt als in den letzten Tagen", sagte der Co-Parteichef der Grünen, Felix Banaszak. Aus drei Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung kommen massive Nachforderungen, wie aus einem der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag vorliegenden Papier hervorgeht. "Ohne wesentliche Änderungen halten wir die vorgeschlagenen Grundgesetzänderungen bezüglich der Finanzpolitik von Bund und Ländern für nicht zustimmungsfähig", heißt es in dem Papier von NRW-Vizeministerpräsidentin Mona Neubauer, dem baden-württembergischen Finanzminister Danyal Bayaz und dem Bremer Finanzsenator Björn Fecker.
Sie fordern unter anderem, dass der Anteil der Länder und Kommunen an dem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur deutlich höher als 100 Milliarden Euro liegen müsse.
Friedrich Merz hat den Grünen seine Bereitschaft signalisiert, dass Union und SPD bereit seien, "bei der Infrastruktur auch Klimaprojekte, Umweltprojekte zu berücksichtigen". Aber auch der CSU-Koalitionspartner, die Freien Wähler, haben in Bayern Klärungsbedarf angemeldet.
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP.
Im Audio: Widerstand gegen die notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag für das Schuldenpaket wächst. Besonders die Grünen zeigen sich unzufrieden mit den erzielten Kompromissen von CDU/CSU und SPD bei den Sondierungsgesprächen.
Nach der Bundestagswahl - Sondierung
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