Am Ende sind sich fast alle einig: "Wurden Sie im Wahlkampf von den anderen Parteien fair behandelt?", lautet die Schlussfrage. Bis auf Annalena Baerbock (Grüne) halten alle Teilnehmer an der "Schlussrunde" die Karte mit dem "Nein" hoch.
In dem Schlagabtausch zuvor waren sie sich zum Teil hart angegangen, besonders Alexander Dobrindt (CSU) liefert sich Wortgefechte mit Annalena Baerbock, später auch mit Alice Weidel (AfD), beide Frauen werfen ihm vor, sie nicht ausreden zu lassen, ihnen ständig ins Wort zu fallen. Sahra Wagenknecht (BSW) und ihr Ex-Parteifreund Jan van Aken (Die Linke) stehen nebeneinander und versuchen, sich eineinhalb Stunden lang zu ignorieren, was ihnen besser gelingt als den Ex-Ampelpartnern Christian Lindner (FDP) und Annalena Baerbock. Die beiden wechseln öfter vom Du zum Sie, der Entfremdungsgrad weit fortgeschritten. Drei Tage vor der Bundestagswahl liegen die Nerven in der "Schlussrunde" blank.
Differenzen bei der künftigen Sicherheitspolitik
Aus aktuellem Anlass spricht man zunächst über Sicherheitspolitik. US-Präsident Trumps Umgang mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, die Frage: Was passiert mit der Ukraine, all das wirkt sich auch auf die Politik in Deutschland aus. Auf die Frage, ob die Kriegsgefahr in den letzten Tagen gewachsen sei, antworten SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, Annalena Baerbock und Alice Weidel mit Ja, alle anderen mit Nein.
Die Begründungen der Ja-Sager sind dabei höchst unterschiedlich: Weidel lobt Trump und kritisiert Merz, den sie als den Hauptverantwortlichen für die steigende Kriegsgefahr ausgemacht hat. Baerbock taucht erst einmal in die Vergangenheit ein und lobt ihre Ampel-Regierung für das schnelle Handeln nach dem Ausbruch des Krieges, fordert nun ein gemeinsames europäisches Handeln. Miersch wiederum nutzt die Frage, um die bekannten Positionen der SPD einzubringen: kein Diktatfrieden über die Ukraine hinweg, Reform der Schuldenbremse, damit Geld sowohl für die Unterstützung der Ukraine als auch für die Bedürfnisse der Menschen in Deutschland vorhanden ist.
Wie weiter in Haushaltsfragen?
An der Schuldenbremse scheiden sich auch in diesem Format Geister und Parteien – wobei CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann die Frage nach der Aussetzung nicht beantwortet, während CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hier Klartext spricht: Man werde die Schuldenbremse ganz selbstverständlich einhalten.
FDP-Chef Christian Lindner, dessen Partei nach derzeitigem Umfragestand nicht im Bundestag vertreten wäre, lobt sich für die Initiative zum 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr, was ihm von Annalena Baerbock einen spöttischen Seitenblick einbringt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte damals seine Ampel-Koalitionspartner mit dem Vorstoß überrascht.
Ganz links im Halbrund sind Sahra Wagenknecht und der Linken-Vorsitzende Jan van Aken positioniert. Beide kritisieren das "Wettrüsten", van Aken noch einmal besonders die NATO. Als sich sämtliche Teilnehmer bei der Frage der Friedenssicherung in der Ukraine nach einem eventuellen Waffenstillstand ins Wort fallen und sich die Gemüter erhitzen, brechen die Moderatoren die Diskussion zu diesem Thema ab.
Wer mit wem? Schwierige Konstellationen voraus
Bei den folgenden Themenkomplexen Gesundheit, Bildung und Klimaschutz bilden sich relative klare Blöcke heraus: Union und FDP etwa sind klar gegen eine Bürgerversicherung; SPD, Grüne, Linke und BSW wollen, dass die gesetzliche Krankenversicherung breiter finanziert wird. Alice Weidel überrascht mit dem Vorschlag, pflegenden Angehörigen für ihre Care-Arbeit "zwei- bis dreitausend Euro" im Monat zu zahlen, was FDP-Chef Lindner mit den Worten kommentiert, hier werde nur Geld verteilt, was er nicht für seriös hält.
Beim Thema Klimaschutz wird auch der SPD-Generalsekretär etwas aktiver in der Diskussion, Miersch liefert sich ein Wortgefecht mit seinem Konterpart von der CDU, wobei auffällig ist, dass Linnemann Miersch nicht aggressiv angeht, sondern im Gegenteil wie auch bei der Wehrpflicht auf einen gesamtgesellschaftlichen Konsens verweist. Man wird sich nach der Bundestagswahl wiedersehen. Bis dahin allerdings, so fasst es Christian Lindner zusammen, kämpft jeder für sich allein.
Im Video: Was Sie vor der Wahl jetzt noch wissen sollten
Briefwahl - Bundestagswahl 2025 Symbolbild Briefwahl
Weitere Hintergrund- und Service-Artikel zur Bundestagswahl 2025
- Zum FAQ: Bundestagswahl 2025: Die wichtigsten Infos für Bayern
- Zum Artikel: Welche Bedeutung taktisches Wählen hat
- Zum Artikel: ARD-DeutschlandTrend: Was die Sonntagsfrage verrät und was nicht
- Zum Hintergrund: Umfrage, Prognose, Hochrechnung – was ist was?
- Zum Erklärstück: So funktionieren Wahlumfragen und Studien?
- Zum FAQ: Was ist die Erststimme, was die Zweitstimme?
- Zum Überblick: Neues Wahlrecht: So funktioniert die Bundestagswahl 2025
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!