Der Faktencheck zur Wahlarena mit Freie Wähler, AfD, Die Linke und BSW:
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#Faktenfuchs: Wahlarena mit Freie Wähler, AfD, Linke und BSW

#Faktenfuchs: Wahlarena mit Freie Wähler, AfD, Linke und BSW

Vor der Bundestagswahl 2025 stellten sich die bayerischen Spitzenkandidaten Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Ates Gürpinar (Die Linke), Klaus Ernst (BSW) und Stephan Protschka (AfD) den Fragen der Bürgerinnen und Bürger. Ihre Aussagen im Faktencheck.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Wahl am .

Hinweis: Wir haben die Behauptungen – wie bei allen Themen, die wir überprüfen – nach drei Kriterien ausgewählt: Verbreitung, Relevanz und Überprüfbarkeit. Es spielt keine Rolle für die Veröffentlichung, ob die Behauptung richtig oder falsch ist oder wer die Behauptung geäußert hat. Hier können Sie mehr darüber lesen, wie der #Faktenfuchs arbeitet.

Die Wahlarena mit Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Ates Gürpinar (Die Linke), Klaus Ernst (BSW) und Stephan Protschka (AfD) können Sie hier in der Mediathek anschauen.

Den Faktencheck zum BR24 Wahl-Talk mit den bayerischen Spitzenkandidaten im Januar können Sie hier nachlesen.

In der Wahlarena wurde unser Faktencheck zum Bürgergeld erwähnt. Den können Sie hier nachlesen.

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Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sprach bei der Wahlarena in Würzburg über Abwanderung und Gewalt an Frauen und Mädchen.

Abwanderung von jungen Deutschen ins Ausland

Die Behauptung:

Hubert Aiwanger (Freie Wähler): "Weil wir einfach sehen, dass immer mehr Menschen Deutschland verlassen. Letzte Zahl: 265.000 junge, gut ausgebildete Deutsche verlassen jährlich Deutschland."

Richtig oder falsch?

Verkürzt. Aiwanger nennt zwar die korrekte Zahl der Deutschen, die 2023 das Land verlassen haben. Er verschweigt aber die Deutschen, die im gleichen Jahr wieder zurückgekommen sind. Berücksichtigt man diese Rückkehrer, ist die Netto-Abwanderung deutlich geringer. Den Trend gibt Aiwanger aber richtig wieder: Seit 2005 wanderten mehr Deutsche aus als ein – meistens sind sie jung und gut ausgebildet.

Die Fakten:

2023 zogen 265.035 Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft aus Deutschland weg, das zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Es kamen im gleichen Jahr aber auch 191.356 deutsche Staatsbürger wieder zurück. Daraus ergibt sich eine Nettoabwanderung von 73.679 Deutschen.

Aiwanger gibt also zwar die Zahl der Abwanderer korrekt wieder, unterschlägt aber die Zahl der Rückkehrer, die für das Gesamtbild ebenso wichtig ist. Den Trend stellt er aber richtig dar: Seit dem Jahr 2005 wanderten immer mehr Deutsche aus als ein. Die höchste Nettoabwanderung gab es im Jahr 2016 mit 135.000 Personen.

Es stimmt auch, dass die Abwanderer eher jung und gut ausgebildet sind. Die meisten Abwanderer waren laut Statistischem Bundesamt zwischen 20 und 40 Jahren alt.

Laut dem Datenreport der Bundeszentrale für politische Bildung gehen überwiegend Akademiker ins Ausland. Konkret hatten 71,7 Prozent der Abwanderer und Rückkehrer ein Studium absolviert - in der Gesamtbevölkerung galt das nur für ein Viertel. (Stand 2018)

Sexuelle Straftaten gegen Mädchen und Frauen

Die Behauptung:

Hubert Aiwanger (Freie Wähler): "Null Toleranz gegenüber Gewalttätern, die im sexuellen Bereich unterwegs sind. Das hat in letzter Zeit ja massiv zugenommen, Übergriffe auf Frauen, Übergriffe auf Mädchen auch im öffentlichen Raum."

Richtig oder falsch?

Teils, teils: Es ist wahr, dass die Zahl der weiblichen Opfer von sexualisierter Gewalt, die sich an die Polizei gewandt haben, von 2022 auf 2023 um sechs Prozent gestiegen ist. Die Daten unterliegen allerdings einigen Einschränkungen. Ob es sich dabei um Übergriffe im öffentlichen Raum handelt, ist nicht klar, da es keine einheitliche Definition gibt.

Die Fakten:

Die Anzahl der Opfer sexueller Straftaten, die sich an die Polizei gewandt haben, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. 2023 wurden nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) 52.330 weibliche Opfer erfasst. 2022 waren es 49.284 – ein Anstieg um sechs Prozent. Ein Vergleich über einen langen Zeitraum ist laut Experten und BKA allerdings nicht sinnvoll.

Florian Rebmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kriminologie der Universität Tübingen, erklärt auf #Faktenfuchs Anfrage: "Bei den Sexualstraftaten kam es in den letzten Jahren zu deutlichen Erweiterungen der Straftatbestände." 2016 wurde beispielsweise der §184i StGB eingeführt. Dadurch fällt jede sexuelle Handlung gegen den erkennbaren Willen unter Strafe ("Nein heißt nein"). 2021 wurde der Strafrahmen für kinderpornografische Inhalte erhöht.

Das BKA schreibt auf #Faktenfuchs-Anfrage, es halte es aus kriminologischer Sicht dennoch für plausibel, dass "die aktuellen gesellschaftlichen Krisen und der gesellschaftliche Wandel zu einem Anstieg geschlechtsspezifischer Straftaten geführt haben könnte." Die Fehlwahrnehmung, dass die Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Geschlechter von der Mehrheit der Gesellschaft abgelehnt wird, könnte die Bereitschaft zu Gewalt gegen Frauen erhöhen, so das BKA. Die Datenlage sei allerdings noch unklar.

Rebmann geht außerdem davon aus, dass die Bereitschaft, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung anzuzeigen, in den letzten Jahren zugenommen habe. "Schon eine minimale Steigerung der Anzeigebereitschaft würde ohne Weiteres den Anstieg in der Statistik erklären", so der Kriminologe. Ausgehend von den in Befragungen gemessenen Anzeigequoten dürften rund 80 bis 90 Prozent aller Sexualstraftaten im Dunkelfeld verbleiben, sagt Rebmann. Auch das BKA schreibt, die Anzeigebereitschaft könnte sich erhöht haben.

Ob Übergriffe im "öffentlichen Raum" zunehmen, lässt sich aus der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht entnehmen, weil sie die Tatorte nicht konkretisiert, erklärt Ralf Kölbel, Professor am Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie der LMU München. Das BKA bestätigt, dass erst ab 2024 die Tatörtlichkeiten erfasst werden. Ein Vergleich ist daher nicht möglich. Zudem gebe es keine bundeseinheitliche Definition des Bereichs "öffentlicher Raum".

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Ates Gürpinar (Die Linke) sprach über Sanktionen gegen Russland und den sozialen Wohnungsbau.

Sanktionen gegen reiche Russen

Die Behauptung:

Ates Gürpinar (Die Linke): "Was wir machen müssten ist erstens, Druck auf das Regime um Putin aufzubauen, indem wir die sanktionieren, die bislang immer noch nicht sanktioniert sind. Das sind nämlich die Reichsten im Land, die zum Großteil nicht sanktioniert sind. Der zweitreichste Mensch bekommt keine Sanktionen in Russland. Wir müssen Druck aufbauen, dass sich der Krieg für diese Menschen nicht rentiert."

Richtig oder falsch?

Teilweise richtig. Tatsächlich ist der laut dem US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin "Forbes" zweitreichste Russe nicht von EU-Sanktionen betroffen. Allerdings stehen sechs der zehn reichsten Russen auf EU-Sanktionslisten.

Die Fakten:

Laut Forbes ist der reichste Russe Alexey Mordaschov. Er steht auf einer Sanktionsliste des Rats der Regierungschefs der EU. Mordaschov ist Vorstandsvorsitzender des Stahlunternehmens Severstal, das laut EU das russische Militär beliefert. Zweitreichster Russe ist laut Forbes Leonid Mikhelson, Hauptaktionär des russischen Petrochemiekonzerns Sibur. Er steht tatsächlich auf keiner Sanktionsliste der EU. Auch die dritt- und viertreichsten Russen Vladimir Lisin, Vorstandsvorsitzender des russischen Stahlproduzenten Novolipetsk Steel und Vagit Alekperov, Großaktionär des russischen Ölunternehmens Lukoil, sind nicht von EU-Sanktionen betroffen. Von den laut Forbes zehn reichsten Russen stehen sechs laut dem Portal Open Sanctions auf einer Sanktionsliste der EU (nachzulesen hier, hier, hier, hier, hier und hier).

Forbes aktualisiert seine Liste mit den reichsten Menschen der Welt regelmäßig. Insbesondere die Angaben für russische Oligarchen sind dabei allerdings mit Unsicherheiten behaftet. Forbes schreibt: "Für russische Milliardäre wurden die Vermögen anhand der Eigentumsstrukturen vom Februar 2022 berechnet, also vor Russlands Invasion in die Ukraine und bevor viele Vermögenswerte an Manager, Freunde und andere übertragen wurden, um ihre Besitztümer vor Sanktionen zu schützen."

Sozialer Wohnungsbau im Bund und in Bayern

Die Behauptung:

Ates Gürpinar (Die Linke): "Wir haben im Bund 100.000 versprochene Wohnungen gehabt. Es ist noch nicht mal die Hälfte gebaut worden. Aber: Sie waren noch besser als die bayerische Regierung. Die haben nämlich 10.000 Wohnungen versprochen bis 2024, haben noch nicht mal 700 geschafft."

Richtig oder falsch?

Die Aussage ist richtig. Es stimmt, dass sowohl die Ziele der Bundesregierung als auch der Staatsregierung in Bezug auf den sozialen Wohnungsbau bisher nicht erfüllt werden konnten.

Die Fakten:

Die Ampel-Regierung hat sich im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen. Davon sollte ein Viertel – also 100.000 Wohnungen – sozial gefördert sein. 2023 wurden nach Angaben des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) 23.115 geförderte Sozial-Mietwohnungen in Deutschland neu gebaut, 2022 waren es 22.545. Das entspricht für 2022 und 2023 etwa einem Viertel der Zielsetzung von jährlich 100.000 neuen sozial geförderten Wohnungen. 2023 gab es in Deutschland etwas mehr als eine Million (1.072.266) Sozialwohnungen. Die Werte für 2024 liegen noch nicht vor.

2018 gründete Bayerns Staatsregierung die staatliche Wohnbaugesellschaft BayernHeim mit dem Ziel, bis 2026 10.000 Mietwohnungen für Haushalte zu schaffen, die auf dem freien Markt nur schlechte Chancen haben. Zum Ende des Jahres 2024 hatte die BayernHeim nach Angaben einer Sprecherin des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr 510 Wohnungen im Bestand. In den kommenden Jahren werden nach Angaben des Ministeriums voraussichtlich mehr als 3.000 weitere Wohnungen fertiggestellt. Derzeit seien zudem über 4.700 weitere Wohnungen in Planung oder Entwicklung. 2023 wurden laut BMWSB insgesamt, also mit den Wohnungen der BayernHeim, 3.233 geförderte Sozialwohnungen in Bayern neu gebaut - damit gab es in dem Jahr im Freistaat insgesamt 134.793 Sozialwohnungen.

Der Bestand der Sozialwohnungen in Deutschland und Bayern sinkt dennoch leicht, da mehr Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen als neu gebaut werden. Die Sozialbindung ist zeitlich begrenzt. Nach dem Ablaufen der Frist können Wohnungen zu marktüblichen Preisen vermietet werden.

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Klaus Ernst (BSW) äußerte sich zur Rente und den Leistungen für Flüchtlinge.

Renten: Deutschland und Österreich im Vergleich

Die Behauptung:

Klaus Ernst (BSW): "Wir wollen das österreichische Modell. Da hat der Durchschnittsrentner 840 Euro mehr im Monat als bei uns, bei gleicher Lebensleistung. Österreich ist durchaus mit uns vergleichbar."

Der Kontext:

In der Sendung ging es um das Thema Rente und Maßnahmen zur sozialen Sicherung im Alter.

Richtig oder falsch?

Großteils richtig. Zwar bewegt sich die von Ernst genannte Zahl in einem laut Berechnungen realistischen Rahmen. Allerdings ergeben verschiedene Grundlagen und Methoden für diese Berechnungen unterschiedliche absolute Zahlen für die Rentenhöhe in den beiden Ländern. Das deutsche und das österreichische System sind ähnlich, es gibt aber auch Unterschiede.

Die Fakten:

Grundsätzlich ist das Rentenniveau der staatlichen Altersvorsorge in unserem Nachbarland höher als hierzulande. "In Österreich zahlt die Rentenversicherung ("Pensionsversicherung") "höhere Leistungen als die deutsche Rentenversicherung", schreibt Florian Blank dem #Faktenfuchs. "Die deutlichen Unterschiede zeigen sich, egal ob empirische Werte, also die tatsächlich gezahlten Renten, idealtypische Rentner*innen oder auch administrative Kennzahlen betrachtet werden". Blank ist Leiter des Referats Sozialpolitik des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Das Forschungsinstitut ist Teil der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Blank und seine Kollegen haben selbst zahlreiche Berechnungen zum Rentenvergleich der beiden Länder durchgeführt und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht. Laut den aktuellen Zahlen des WSI, die Blank dem #Faktenfuchs zugeschickt hat, lagen 2023 die durchschnittlichen Bestandsrenten in Deutschland von Männern und Frauen bei brutto 1237 Euro. In Österreich betrug die durchschnittliche Pensionshöhe demnach 1.869 Euro brutto, also rund 600 Euro mehr im Monat. Noch größer waren die durchschnittlichen Unterschiede bei den besonders langjährig Versicherten, also Rentnern, die etwa ein ganzes Berufsleben in die staatliche Altersvorsorge eingezahlt haben. Die Deutschen kamen laut WSI-Zahlen 2023 durchschnittlich auf brutto 1.804 Euro, Österreicher auf 3.187 Euro. Die Berechnungen anderer Institute bestätigen die Größenordnung, wie etwa ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) für das Forschungsnetzwerk Alterssicherung. Eine Berechnung der Deutschen Rentenversicherung selbst kommt auf eine durchschnittliche Differenz von rund 500 Euro. Auch ein vergleichender Länderbericht der OECD bestätigt die Unterschiede.

"Die beiden Systeme sind sehr ähnlich, insofern umlagefinanzierte, öffentliche Rentenversicherungen im Zentrum der Alterssicherung stehen. Auch die Grundidee bei den Leistungen (die Leistungshöhe spiegelt die verbeitragten Einkommen wider) ist ähnlich", sagt Sozialforscher Blank. Bei den Gründen für die Unterschiede in der Höhe der Rentenleistung seien die höheren Beiträge in Österreich hervorzuheben, so Blank. Der Beitragssatz in Österreich beträgt 22,8 Prozent, in Deutschland sind es 18,6 Prozent. Auch die Staatsausgaben für die Rente sind höher, Österreich gab laut DIW-Report 2019 drei Prozentpunkte mehr seines BIP für Rentenzahlungen aus. Ein weiterer Unterschied: In Österreich zahlen auch Selbstständige verpflichtend in die Rente ein, einen Rentenanspruch gibt es jedoch erst nach 15 Jahren, in Deutschland sind es fünf.

Hierzulande wird außerdem auf mehrere Säulen in der Altersvorsorge gesetzt, wie etwa private oder betriebliche Vorsorge, die bezuschusst werden.

Leistungen für Asylbewerber in Deutschland, Dänemark und Schweden

Die Behauptung:

Klaus Ernst (BSW): "Es ist ein Problem, dass die Leistungen, die in Deutschland bezahlt werden, natürlich höher sind, als zum Beispiel in Schweden, als zum Beispiel in Dänemark (…) und deswegen natürlich Menschen auch gern zu uns kommen."

Der Kontext:

Bei der Debatte um Migration ging es um Leistungen für Asylbewerber

Richtig oder falsch?

Richtig, die Leistungen für Asylbewerber sind hierzulande höher als in Dänemark oder Schweden.

Die Fakten:

In Deutschland haben alleinstehende, erwachsene Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz seit 2025 Anspruch auf insgesamt 441 Euro monatlich. Paare und Kinder bekommen pro Person weniger.

Dieser BR-Artikel schlüsselt auf: Davon müssen die Asylbewerber grundsätzlich Essen, Getränke, Kleidung oder Schuhe ebenso kaufen wie zum Beispiel Shampoo, Bustickets, Handyaufladungen. Die Unterkunft wird meist gestellt.

In Dänemark bekommen alleinstehende Asylbewerber etwa 60 Dänische Kronen pro Tag, umgerechnet sind das rund 248 Euro im Monat. Auch dort wird die Unterkunft gestellt. Wer an Kursen teilnimmt oder Arbeiten in der Unterkunft übernimmt, kann mehr Geld bekommen. Außerdem gibt es für Asylbewerber in Dänemark Sachleistungen, einmalig für Kleidung und regelmäßig für Hygiene.

In Schweden hängt die Höhe der Leistung davon ab, ob die Unterkunft das Essen stellt, oder nicht. In einer Unterkunft ohne Essen bekommen alleinstehende Erwachsene rund 195 Euro im Monat, in einer Unterkunft mit Verpflegung sind es rund 66 Euro monatlich.

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Stephan Protschka (AfD) sprach bei der Wahlarena unter anderem über Klimawandel und Entwicklungshilfe.

Klimawandel: CO₂-Ausstoß von Vulkanen und Menschheit

Die Behauptung:

Stephan Protschka (AfD): "Wir haben 28 aktive Vulkane auf der Erde. Die stoßen innerhalb von fünf Minuten so viel aus wie die ganze Menschheit in einem Jahr. (...) Das Klima kann ich nicht zu stark beeinflussen."

Der Kontext:

Eine Zuschauerin fragte Protschka nach seiner Einschätzung zu Klimaschutz im Hinblick auf die Erderwärmung. Protschka sagte, das Klima wandle sich - aber der Mensch habe keinen großen Einfluss darauf.

Richtig oder falsch?

Die Behauptung ist falsch. Das zeigen die Daten der Klimaforschung.

Die Fakten:

Autos, Flugzeuge, Fabriken: Die Menschheit stößt jedes Jahr mehr als 60 Mal so viel Kohlenstoffdioxid aus wie alle Vulkane der Welt zusammen - wie dieser #Faktenfuchs zeigt. Alle Vulkane der Welt zusammen stoßen jährlich also nur einen Bruchteil des CO₂ aus, das der Mensch emittiert: nämlich etwa 0,7 bis 1,6 Prozent. Diesen Anteil können Menschen zudem nicht steuern. Den Anteil, den Industrie oder Verkehr erzeugen, hingegen schon. 2024 lagen die jährlichen CO₂-Emissionen weltweit bei 37,79 Milliarden Tonnen.

Zudem: Trotz regelmäßiger Vulkanausbrüche blieb der CO₂-Gehalt der Luft über 800.000 Jahre stabil. Erst seit Beginn der Industrialisierung ist er signifikant gestiegen von maximal 280 parts per Million (ppm) auf 423 ppm (Stand: November 2023) – ein Beleg dafür, dass der Klimawandel menschengemacht ist.

Die Behauptung, Vulkanausbrüche wären für den seit der Industrialisierung andauernden Anstieg des CO₂-Gehalts in der Luft – und damit für den Klimawandel – mitverantwortlich, ist damit falsch.

Die Höhe der Entwicklungshilfe der Bundesregierung

Die Behauptung:

Stephan Protschka (AfD): "Alleine bei dem Thema Entwicklungshilfe geben wir 50, 60 Milliarden aus. Da kann man von heute auf morgen 36 Milliarden Euro streichen. Weil ich muss zum Beispiel keine LED-Lampen in marokkanischen Moscheen bezahlen."

Der Kontext:

Protschka reagiert damit auf die Frage, woher er das Geld nehmen würde, das er in die Pflege investieren möchte.

Richtig oder falsch?

Teils, teils. Protschka zitiert zwar grundsätzlich korrekte Zahlen. Diese schließen aber nicht nur Steuermittel, sondern auch private Mittel ein, die nicht öffentlich gesteuert werden können.

Die Diskussion, um die Höhe dieses Anteils der Entwicklungszusammenarbeit am Bundeshaushalt, ist eine Frage der politischen Bewertung und deswegen nicht Teil dieses Faktenchecks.

Die Fakten:

Auf #Faktenfuchs-Nachfrage gibt Protschka an, sich in seiner Aussage auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes von 2022 zu beziehen. Dort wird die Summe von 49,1 Milliarden Euro für 2022 bzw. 58,5 Milliarden Euro für 2021 genannt. Protschka gibt diese also korrekt wieder.

Allerdings handelt es sich hier nicht ausschließlich um Steuermittel. Bei der Summe, die das Statistische Bundesamt hier für 2022 nennt, sind drei Dinge enthalten:

  • öffentliche Entwicklungsleistungen, sogenannte ODA (Official Development Assistance), die aus dem Bundeshaushalt kommen (34,6 Milliarden Euro)
  • sonstige öffentliche Leistungen zugunsten von Entwicklungsländern (220 Millionen Euro)
  • private Leistungen zugunsten von Entwicklungsländern (13,8 Millionen Euro)

Die privaten Leistungen zugunsten von Entwicklungsländern umfassen laut einem Sprecher des Bundesministeriums für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) private Finanzströme, "die nicht von offizieller Seite gesteuert" werden können. "Diese entstammen nicht Bundes- oder Länderhaushalten", schreibt der Sprecher dem #Faktenfuchs per Mail. Es sind also auch keine Steuermittel, die sich einsparen ließen.

Es gibt außerdem bereits aktuellere Zahlen von 2023. Laut BMZ gab Deutschland 2023 35,05 Milliarden Euro für öffentliche Entwicklungsleistungen (ODA) aus. Der private Sektor gab laut Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 18,8 Milliarden Euro aus.

Wichtig für die Einschätzung der Summe, die in Entwicklungszusammenarbeit fließt, ist auch der Bezug zum Gesamthaushalt Deutschlands. Dieser betrug 2023 rund 458 Milliarden Euro. 2022 betrug er rund 481 Milliarden Euro.

Wenn es um Kritik an der Höhe der Entwicklungshilfe geht, wird immer wieder auf einzelne Projekte aus der Entwicklungszusammenarbeit und die Kosten dafür verwiesen. In der BR Wahlarena bezog sich Protschka auf ein bereits abgeschlossenes Projekt der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Marokko. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktionen finden sich Angaben dazu, wie sich die Kosten für das Projekt zusammensetzen.

Am Beispiel der im Zusammenhang mit dieser Debatte häufig zitierten Fahrradwege in Peru schlüsselte der #Faktenfuchs im Januar 2024 Deutschlands Ausgaben für Entwicklungshilfe ebenso auf wie die rechtlichen Bedingungen und die politischen Entscheidungen dazu.

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