Der Post von US-Präsident Donald Trump auf seiner Online-Plattform "Truth Social" gegen den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj - im Hintergrund Selenskyj selbst.
Bildrechte: picture alliance / Sipa USA | Jonathan Raa
Audiobeitrag

Die Äußerungen von US-Präsident Trump über seinen ukrainischen Amtskollegen Selenskyj haben international kritische Reaktionen ausgelöst.

Audiobeitrag
>

"Falsch" bis "vollkommen absurd": Kritik an Trumps Ukraine-Kurs

"Falsch" bis "vollkommen absurd": Kritik an Trumps Ukraine-Kurs

Im Umgang mit dem Ukraine-Krieg läuft die Annäherung zwischen Washington und Moskau auf Hochtouren. In Europa stößt das auf breiten Widerstand. Die Bundesregierung stärkt der ukrainischen Seite weiter klar den Rücken und kritisiert Trump scharf.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

US-Präsident Donald Trump hat sein Wahlkampfversprechen, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine innerhalb von 24 Stunden zu beenden, deutlich verfehlt. Stattdessen läuft die diplomatische Annäherung zwischen Washington und Moskau auf Hochtouren. Für die Ukraine hat der US-Präsident keine Hoffnung machenden Worte. Das löst in Europa Unverständnis, Irritationen und scharfe Kritik aus - auch in Deutschland.

Scholz: Selenskyj ist gewähltes Oberhaupt der Ukraine

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Äußerungen Trumps über die Ukraine als "schlichtweg falsch". Es sei gefährlich, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die demokratische Legitimation zu entziehen, so der SPD-Kanzlerkandidat im Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". Selenskyj sei das gewählte Staatsoberhaupt der Ukraine. "Dass mitten im Krieg keine ordentlichen Wahlen abgehalten werden können, entspricht den Vorgaben der ukrainischen Verfassung und den Wahlgesetzen."

Trump hatte am Abend seine verbalen Attacken gegen Selenskyj verstärkt. Bei einem Auftritt in Miami wiederholte der US-Präsident seine Äußerungen, wonach der ukrainische Präsident ein nicht gewählter Diktator sei und schreckliche Arbeit geleistet habe. Trump betonte zudem, dass die Ukraine selbst für den russischen Einmarsch verantwortlich sei.

Baerbock und Habeck attestieren Trump Verkennung der Wirklichkeit

"Vollkommen absurd" sei das, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im ZDF. Sie warf Trump vor, mit seinen Äußerungen über Selenskyj die Realitäten zu verkennen: "Wenn man nicht nur schnell twittert, sondern die wirkliche Welt sieht, dann weiß man, wer in Europa leider unter diktatorischen Verhältnissen leben muss: die Menschen in Russland, die Menschen in Belarus." Baerbock warb "für ein selbstbewusstes Agieren gegenüber der US-Administration".

Ähnlich empört äußerte sich ihr Parteikollege und Vizekanzler Robert Habeck. Er sieht bei Trump eine völlige Verdrehung der Tatsachen. "Was Donald Trump jetzt macht - das ist ja wie bei George Orwell, wo Wahrheit Lüge und Lüge Wahrheit wird", sagte Habeck der ARD. "Dass er auf einmal sagt, die Ukraine hat Russland überfallen, das ist ja kaum auszuhalten."

CDU-Chef Merz gibt sich schockiert

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zeigte sich entsetzt darüber, dass Trump die Ukraine für den Krieg verantwortlich machte. "Das ist im Grunde genommen eine klassische Täter-Opfer-Umkehr, das ist das russische Narrativ", sagte Merz der ARD. "Und ich bin ehrlich gesagt einigermaßen schockiert darüber, dass Donald Trump das jetzt offensichtlich sich selbst zu eigen gemacht hat."

Am Morgen legte Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, nach: Er sagte im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF, er habe nicht damit gerechnet, dass russische Propaganda im Weißen Haus ankommt, so der SPD-Politiker. Trump habe sich auf die Seite der autoritären Herrscher geschlagen.

Kritik auch aus anderen Ländern

Auch in anderen europäischen Ländern stieß Trump mit seiner Haltung auf kein Verständnis. Großbritanniens Premier Keir Starmer habe in einem Telefonat mit Selenskyj seine Unterstützung für den ukrainischen Präsidenten als demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt zum Ausdruck gebracht, teilte eine Regierungssprecherin aus der Downing Street mit. Er habe auch klargemacht, dass es absolut vertretbar sei, Wahlen in Kriegszeiten auszusetzen, wie es auch Großbritannien im Zweiten Weltkrieg getan habe. 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte: "Wir stehen an der Seite der Ukraine und werden all unsere Verantwortung wahrnehmen, um Frieden und Sicherheit in Europa zu gewährleisten." Der kanadische Regierungschef Justin Trudeau forderte am Mittwoch erneut, dass die Ukraine direkt an den Verhandlungen beteiligt werden müsse.

Kiew hofft auf weitere Unterstützung

Auch der ukrainische Botschafter in Deutschland appellierte an die Verbündeten der Ukraine, mit ihrer Unterstützung nicht nachzulassen. Es liege "in unserem gemeinsamen europäischen Interesse, dass wir Europäer unsere Kräfte zusammen bündeln und einem Diktator und Autokraten wie Putin auch klare Kante zeigen", sagte Makeiev in den ARD-"Tagesthemen". Auf die Frage, warum Trump die russische Darstellung übernehme, antwortete Makeiev, er könne dazu zwar nicht viel sagen. "Wir wissen aber, dass Russland sehr aktiv mit Propaganda die westlichen Gesellschaften zu verunsichern versucht - und das mag auch der Grund sein, dass die russischen Narrative weiter verbreitet werden."

Mit Material von dpa, AFP und Reuters.

Im Video: US-Präsident Trump sieht Russland bei Verhandlungen zu Ukraine-Krieg im Vorteil

US-Präsident Donald Trump spricht am Mittwoch vor Reportern im Präsidentenflugzeug Air Force One.
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Trump hat Selenskyj erneut scharf angegriffen und Russland eine bessere Position bei Verhandlungen über ein Kriegsende eingeräumt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!