"Wir haben keinerlei Informationen darüber, dass Putin derzeit an einem echten Friedensabkommen interessiert ist", so US-Geheimdienstkreise gegenüber dem TV-Sender NBC (externer Link): "Er ist überzeugt, dass er gewinnt." Allerdings soll der russische Präsident seine Verhandlungsdelegation angewiesen haben, beim Treffen mit den Amerikanern in Riad besonders "freundlich und in gewisser Weise sogar schmeichlerisch" aufzutreten, wie die in Amsterdam erscheinende "Moscow Times" von ungenannten russischen Diplomaten erfahren haben will (externer Link).
Putin gehe es bei den Annäherungsversuchen vorerst nur um symbolische Gesten, nicht um ernsthafte Fortschritte, und weil Donald Trump ständig damit prahle, "schnelle und spektakuläre außenpolitische Erfolge" erzielen zu wollen, habe Moskau leichtes Spiel: "Besondere Aufmerksamkeit schenkt der Kreml der Rückgabe zweier Wochenendhäuser in New York und Maryland, die 2016 von der Regierung Barack Obamas beschlagnahmt worden waren, weil sie angeblich für Geheimdienstzwecke genutzt worden seien."
"Putin mental in schwieriger Phase"
Exil-Politologe Abbas Galljamow, ehemals einer von Putins Redenschreibern, glaubt ebenfalls nicht an einen baldigen Frieden (externer Link): "Die russische Delegation ist nicht nach Riad gekommen, um dort zu verhandeln, sondern um eine Kapitulation entgegenzunehmen. Putin versucht immer noch so zu tun, als wären seine Truppen in Kiew. Ich befürchte, dass es ohne eine neue Runde militärischer Konfrontation und Sanktionsdruck nicht abgehen wird. Nach einiger Zeit – wenn Putin weitere Menschen und militärische Ausrüstung verloren hat und sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert – könnte sich eine neue Chance auftun."
Russische Spötter verwiesen darauf (externer Link), dass Putin unmittelbar nach dem Ende der Gespräche in Riad "demonstrativ" von Moskau in seine Heimatstadt St. Petersburg reiste: "Er legt immer dann eine Pause ein, wenn er einfach nicht mehr weiter weiß. Das beweist, dass es keinen Plan gibt (weder einen raffinierten, noch einen simplen). Wünsche und Absichten gibt es sicherlich viele, ein Sieg und der Abschluss der Spezialoperation sind jedoch nicht in Sichtweite." Putin sei "mental in einer schwierigen Phase", weil er alle seine Trümpfe ausgespielt habe.
BR24
Derweil feiern die Propagandisten des Kremls die angebliche "Demütigung" der Ukraine, die in Riad nicht mit am Tisch saß. Das sei eine historische Niederlage für Kiew, freut sich Blogger Oleg Sarow (externer Link) (358.000 Fans) und vergleicht sie mit einem Treffen zwischen Napoleon und dem russischen Zaren Alexander I. im ostpreußischen Tilsit im Juli 1807. Damals musste der dort anwesende preußische König Friedrich Wilhelm III. ohnmächtig zuschauen, wie sich die Großmächte ohne seine Beteiligung miteinander verständigten.
"Optimismus ist voreilig"
Preußen verlor große Gebiete und wurde von Napoleon nicht mehr ernst genommen: "Zum Abschied lud er zwar Zar Alexander zum Essen ein, den König von Preußen hingegen nicht, nickte ihm nur abschätzig zu und zeigte ihm den Rücken."
Jenseits solcher Triumphgesten bleiben die russischen Kommentatoren jedoch ausgesprochen vorsichtig, was die Ergebnisse des Treffens in Riad betrifft: "Schnelle Wunderlösungen sollte man nicht erwarten", so Politologe Dmitri Michailitschenko (externer Link). Für "emotionale Aufwallungen" sei es viel zu früh. So sieht es auch Politikwissenschaftler Georgi Bovt (externer Link): "Wir haben lediglich vereinbart, dass wir weiter reden, mehr nicht. Bislang sind optimistische Erwartungen hinsichtlich eines Waffenstillstands viel zu voreilig."
"Apokalypse nicht auszuhalten"
Blogger Dmitri Sewrjukow verwies auf die Moskauer Börse, die deutliche Verluste einfuhr. Das Treffen in Riad sei mit Hoffnungen überfrachtet gewesen (externer Link): "Es ist offensichtlich, dass selbst die eleganteste bilaterale Lösung, die erst noch erarbeitet werden muss, nicht ausreichen wird, um Frieden zu stiften, da auch andere unmittelbar an den Geschehnissen beteiligte Menschen mit am Tisch sitzen und mit ihren Löffeln auf leere Teller schlagen."
An solcher Häme herrscht in russischen Telegram-Kanälen kein Mangel (externer Link): "Vielleicht sollten wir die Zahl der Unterhändler verringern und die ukrainische und die russische Seite ausschließen. Wozu brauchen wir diese Mediatoren? Lassen wir Trump direkt mit Erdogan ins Geschäft kommen." TV-Korrespondent Dmitri Steschin meinte achselzuckend, Johannes habe seine biblische Apokalypse ja auch nicht zu Ende geschrieben: "Weil er der Meinung war, dass die Menschen diesen Schrecken nicht aushalten."
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