Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hört Friedrich Merz (r), CDU Bundesvorsitzender und CDU/CSU Fraktionsvorsitzender im Bundestag, zu, als dieser bei der Debatte um das Zustrombegrenzungsgesetz im Plenarsaal im Bundestag spricht.
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Es gibt Massenproteste gegen eine Asylpolitik der Union, die auch auf AfD-Stimmen setzt. Hat sich Merz wirklich verzockt, wie Scholz behauptet?

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Nach hitziger Migrationsdebatte: Union am Scheideweg?

Nach hitziger Migrationsdebatte: Union am Scheideweg?

Friedrich Merz wollte mit einem umstrittenen Migrationsgesetz punkten - und scheiterte. CDU-Kollegen distanzieren sich, Markus Söder nennt es einen "steilen Move". Wie geht es für die Union nun weiter?

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

"Ein Kanzlerkandidat hat immer recht, ein Kanzlerkandidat hat die Führung (…) und deshalb respektiere ich die Entscheidungen" - so Markus Söder gegenüber Friedrich Merz. Ungewöhnliche Töne vom bayerischen Ministerpräsidenten. Tatsächlich macht Söder mit diesem Satz aber auch klar: Das, was vergangene Woche in Berlin ablief, sei nicht seine Verantwortung.

Hat sich Merz am Ende des Wahlkampfs noch verzockt?

Dort hatte Merz ein Gesetz zur Verschärfung der Migrationspolitik mit AfD-Stimmen durch den Bundestag bringen wollen, ist "all in" gegangen - und damit gescheitert. Die Stimmen haben nicht gereicht, aus seinen eigenen Reihen gab es Abweichler.

Noch im November erklärte Merz, dass er nicht mal auf Zufallsmehrheiten "mit denen da" (gemeint war die AfD) setzen wolle. War sein Plan nicht zu Ende gedacht? Hat er sich in der Endphase des Wahlkamps noch verzockt?

Das Feld nicht den Populisten überlassen

Sein CDU-Parteikollege und Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, sieht das nicht so: "Ich glaube, gerade nach dem tragischen und schrecklichen Vorfall in Aschaffenburg war es wichtig, auch zu diesem Thema Antworten zu geben, dass man ein solches Feld nicht Populisten überlässt, sondern wir als Union dieses Thema auch aufgreifen", sagt er gegenüber dem BR-Politikmagazin Kontrovers.

Daniel Günther selbst kündigte vor der Abstimmung an, Merz' umstrittenen Gesetzesvorstoß im Bundesrat blockieren zu wollen. Darauf angesprochen hält er dagegen: Das Gesetz hätte von "einer Mehrheit auch der demokratischen Fraktionen getragen" sein müssen. "Und von daher ist es jetzt auch mitnichten so, dass jetzt andere den Finger auf uns zeigen müssen." Kurzum: Aus Taten wie in Magdeburg oder Aschaffenburg die richtigen Schlussfolgerungen ziehen, sei der richtige Weg - aber nicht mit der falschen Partei.

Im Video: Kontrovers-Interview mit Daniel Günther, CDU, Ministerpräsident Schleswig-Holstein

Daniel Günther, CDU, Ministerpräsident Schleswig-Holstein; Parteivorsitzender Schleswig-Holstein
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Friedrich Merzbekommt beim Migrationsthema viel Gegenwind. Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther zur Lage in der Partei.

SPD-Mehrheit steht hinter Merz' Migrationsplänen

Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) scheint für seine Partei jetzt ein Momentum zu sehen und übt scharfe Kritik: Merz habe Vertrauen verspielt, sagte Scholz bei einer SPD-Veranstaltung in Regensburg: "Ich glaube, die Deutschen haben jetzt gelernt: Dieser Versicherung von Friedrich Merz kann man nicht trauen!"

Geht es allerdings um die Inhalte, um Migration selbst, dann stehen 52 Prozent der SPD-Anhänger hinter Merz' Vorschlägen zu Zurückweisungen an den Grenzen. So zeigen es die Zahlen des ARD Deutschlandtrends.

Scholz betont indes seine eigenen Erfolge beim Thema Migration: "Ich bin froh und dankbar, dass es mir gelungen ist, durchzusetzen, gegen Widerstände (…), dass die irreguläre Migration um 30 Prozent zurückgegangen ist." Die Botschaft: Er, nicht Merz, biete realistische Migrationspolitik.

Söder: "Das war schon ein steiler Move"

Beim CDU-Parteitag am vergangenen Montag in Berlin erhält Merz Rückendeckung. Keine Debatte darüber, ob seine Entscheidung "das Richtige zur richtigen Zeit" war. Nur einer spricht es aus: "Das war schon ein steiler Move, das muss man schon sagen", so die Worte von Markus Söder.

Außerhalb der parteipolitischen Fehde toben die Proteste: 7.000 Menschen trafen sich vor der CSU-Parteizentrale in München, mehr als 160.000 gingen in Berlin auf die Straße. Sie kritisieren eine Aufweichung der Brandmauer gegen rechts. Friedrich Merz hält ihnen entgegen: "Wo ist denn dieser Aufstand der Anständigen, wenn in Deutschland Palästinenserflaggen geschwenkt werden und Israelflaggen verbrannt werden?"

Ein polarisierter Wahlkampf

Merz setzt offenbar darauf, dass sein Kurs Erfolg haben wird - und stellt sich dabei in eine Reihe mit den CDU-Granden Adenauer und Kohl. Auch sie hätten wichtige Entscheidungen durchgedrückt, trotz großer Widerstände. Zumindest, so sagt es Daniel Günther im Kontrovers-Interview, habe die Union hier "einen klaren Kurs."

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