Es geht um sehr viel Geld. Insgesamt sind es fast 700 Millionen Euro, die der Steuerzahler 2023 für parteinahe Stiftungen ausgeben wird. Dabei handelt es sich um traditionsreiche Institutionen: Die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU), die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP), Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linke), die Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne) und die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU). Kein Geld bekommt jedoch die der AfD nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung, kurz DES. Mit der Neuregelung der staatlichen Finanzierung von politischen Stiftungen durch den Bundestag wird die Förderung parteinaher Stiftungen an das aktive Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Völkerverständigung geknüpft.
Kein Geld für Demokratiefeinde
Es dürfe kein Geld für Stiftungen geben, die "nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung unterstützen" oder gar verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, begründete der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner zu Beginn einer hitzigen Debatte die Neuregelung der Stiftungsfinanzierung. Hitzig war die Debatte vor allem deswegen, weil AfD-Abgeordnete mit dauerhaften Zwischenrufen die Redebeiträge anderer Parteien zu unterbrechen versuchten.
Demokratieförderung und "dauerhafte politische Grundströmung"
Neben der Demokratieförderung gibt es für parteinahe Stiftungen ein weiteres Förderkriterium, quasi ein zeitliches Kriterium: Das neue Gesetz verlangt eine längerfristige Präsenz im Bundestag. Formuliert wurde im Gesetz, dass die betreffende Partei mindestens über drei Legislaturperioden in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten sein muss. Dabei soll auch eine einmalige Unterbrechung zulässig sein, was der FDP zugutekommt, nicht aber der AfD. Wichtig dabei: Karlsruhe hatte dem Gesetzgeber in seinem Urteil ausdrücklich zugestanden, kurzlebige politische Strömungen auszuschließen. Um zu bewerten, ab wann eine politische Strömung ausreichend verfestigt ist, könne auf Wahlergebnisse abgestellt werden, so die Richter in Karlsruhe.
Kein Gesetz gegen die AfD, sondern ein Gesetz für Demokratie
Für die Unionsfraktion wies Ansgar Heveling die mehrfach von der AfD-Bundestagsfraktion geäußerten Diskriminierungsvorwürfe zurück. Das Gesetz "richtet sich nicht gegen irgendeine Partei", hob er hervor, sondern verlange von allen Stiftungen das Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Heveling warf der AfD vor, in einer Opferrolle gefangen zu sein. Dementsprechend argumentierte auch die FDP: "Warum sollte der Staat eine Stiftung fördern, die sich nicht aktiv für diesen Staat und die Demokratie einsetzt?", so der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae im Bundestag.
SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU und Linkspartei einig bei neuem Gesetz
Für die Linke hielt Clara Bünger der AfD vor: "Wenn die AfD mit diesem Gesetz ein Problem hat, dann bedeutet das nur, dass sie als Partei mit der Demokratie und unseren demokratischen Werten insgesamt ein Problem hat." Es werde kein Geld für Feinde der Demokratie und der Menschenwürde geben, so die Linken-Abgeordnete Clara Bünger und Konstantin von Notz von Bündnis80/Die Grünen betonte, für alle Stiftungen gelte, wer Extremistinnen und Extremisten gezielt hinter sich versammele und sich zu deren Sprachrohr mache, der dürfe nicht staatlich gefördert werden, so Notz und wörtlich: "Demokratinnen und Demokraten halten bei diesem wichtigen Thema zusammen". Konstantin von Notz betonte damit die breite Übereinstimmung im Parlament für die Neuregelung. Er verwies zudem auf weitere Verbesserungen in der Vorlage, wie zusätzliche Transparenzpflichten für die Finanzierung und die Arbeit aller Stiftungen.
AfD hält neues Gesetz für verfassungswidrig
Die AfD sieht im neuen Gesetz jedoch die "Karikatur eines Gesetzes". Der AfD-Abgeordnete Albrecht Glaser sprach von einem "AfD-Verhinderungsgesetz", mit dem "eine ganz große Koalition" sich selbst begünstigen wolle und damit Staatsverdrossenheit fördern werde, so Glaser. Zwar gehe die AfD davon aus, dass das Gesetz verfassungswidrig sei, werde dagegen aber nun, so wörtlich: "erst wieder fünf Jahre prozessieren müssen".
Was ist von einer erneuten AfD-Klage zu erwarten?
Ob die AfD mit einer erneuten Klage erfolgreich ist, bleibt fraglich. Umstritten ist beim neuen Gesetz allerdings, wer die Förderwürdigkeit einer parteinahen Stiftung überprüfen soll. Laut Gesetz ist dafür das Bundesinnenministerium vorgesehen. Experten plädieren jedoch dafür, eine regierungsunabhängige Stelle mit dieser heiklen Aufgabe zu betrauen. 1986 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass parteinahe Stiftungen staatlich gefördert werden dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass sie von den Parteien rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch unabhängig sind und dass sie mit ihren Angeboten für alle Menschen offen sind. Dabei müssen die Stiftungen auch einen Beitrag zur politischen Bildung leisten. Die Förderung soll laut Bundesverfassungsgericht allen "dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen" angemessen berücksichtigen. Entscheidend bleibt zukünftig also die Frage, falls die AfD in Zukunft weitere Wahlerfolge verzeichnen kann, ob die der AfD nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung zukünftig belegen kann, dass sie sich aktiv für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzt.
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