Werbung für die russische Armee auf einem Linienbus: Vor der Einberufung fliehen Menschen ins Ausland.
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Langer Weg: Russische Kriegsdienstverweigerer suchen Zuflucht

Langer Weg: Russische Kriegsdienstverweigerer suchen Zuflucht

Russische Kriegsdienstverweigerer sind in ihrer Heimat großer Gefahr ausgesetzt. Ihnen drohen hohe Strafen, Misshandlungen und Gefängnis. Wie BR-Recherchen zeigen, ist es für sie schwer, hierzulande Asyl zu bekommen.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Michail erinnert sich gut an den Herbst 2022. Damals verkündete der russische Präsident Vladimir Putin eine Teilmobilmachung. Michail erzählt, er habe sich auf eine Bank gesetzt und sich übergeben. Er dachte an "Schützengraben, Bomben, Angriff" und fasste den Entschluss, seine Heimat zu verlassen.

Auf keinen Fall wollte er für Russland gegen die Ukraine in den Krieg ziehen. Er floh zunächst nach Kasachstan, dann weiter über Georgien, Bosnien, Kroatien, Slowenien und Italien bis nach Deutschland. Hier beantragte er Asyl. Der BR hat ihn im Zusammenhang mit einer Recherche getroffen. Denn Michail floh vor der zwangsweisen Rekrutierung.

Ungewisse Zukunft

Es habe Razzien gegeben. Sogar in Kaufhäusern und vor Metroeingängen sei kontrolliert worden, erinnert sich Rudi Friedrich. Friedrich ist Geschäftsführer von Connection e. V., einem Verein mit Sitz in Offenbach, der weltweit Kriegsdienstverweigerer berät und unterstützt. Hierzulande sei die Zukunft von Männern wie Michail ungewiss, beobachtet er. Obwohl sich 2022 unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dafür ausgesprochen hatte, ihnen Schutz anzubieten.

Rudi Friedrich verweist dabei auf die Argumentation des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF): In mehreren Fällen seien Asylgesuche abgelehnt worden, weil das Amt kein Risiko für den Antragssteller gesehen habe. Es gebe Millionen Reservisten. Da sei die Rekrutierung einer bestimmten Person "nicht beachtlich wahrscheinlich". Friedrich sieht in dieser Begründung ein "unverantwortliches Vorgehen".

Kein Ansprechpartner, keine Zahlen

Das BAMF schreibt auf Anfrage lediglich, man könne keinen Ansprechpartner zur Verfügung stellen. Laut Bundesinnenministerium ist darüber hinaus auch keine "valide Aussage", wie viele russischen Kriegsdienstverweigerer oder Deserteure einen Asylantrag gestellt haben möglich. Rudi Friedrich hingegen schätzt, dass die Bundesrepublik das Ziel für rund 3.000 solcher Menschen ist.

Angst vor Kriegseinsatz

Auch Michail, weiß um die Gefahren, die ihn zu Hause erwarten würden. Fast alle, mit denen er einst seinen Wehrdienst geleistet habe, seien inzwischen im Krieg gegen die Ukraine gefallen: "Ich weiß genau, was die Armee bedeutet – was da für Leute sind", sagt er. Und er weiß auch, dass Russland einen Abnutzungskrieg gegen die Ukraine führt, in dem der Kreml langfristig deutlich mehr Soldaten als die angegriffene Ukraine an die Front schicken kann.

Mehr zu diesem Thema hören Sie am 9.10.2024 um 12:17 Uhr in der Sendung Funkstreifzug im Radioprogramm von BR24. Sie finden die Sendung schon jetzt im Funkstreifzug-Podcast in der ARD Audiothek.

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