Es ist wohl die häufigste Frage, die dem Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf seiner Bayern-Tour am Montag gestellt wird: Könnte er sich die Kanzlerkandidatur vorstellen?
Am Morgen in Donauwörth ist die Sache noch eindeutig, Pistorius lenkt um: "Hypothetische Fragen beantworte ich nicht! Wir sind hier bei Airbus, wir reden über Helikopter - wir reden nicht über andere Debatten gerade."
Eindeutige Umfragewerte
Die Frage kommt nicht von ungefähr. Laut ARD-DeutschlandTrend hat die politische Arbeit von Boris Pistorius - sogar parteiübergreifend - die höchsten Zustimmungswerte: Er kommt auf 55 Prozent. Sein Parteigenosse und derzeitige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hingegen rangiert mit gerade mal 19 Prozent Zufriedenheitswerten am unteren Ende dieser Skala.
Doch reichen Umfragewerte wie diese schon aus, um die Kanzlerfrage aufzuwerfen und gar den designierten Kanzlerkandidaten aus den eigenen Reihen zu hinterfragen? Zumindest ist für Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl im Kontrovers-Interview klar: "Es braucht einen Kandidaten, der von der Basis mitgetragen wird, weil: Das sind die Leute, die auch den Wahlkampf machen müssen."
Im Video: Interview mit Prof. Jasmin Riedl, Politikwissenschaftlerin: Schweigen zur K-Frage: "Das tut der SPD nicht gut"
Die Frage aller Fragen
Boris Pistorius wird auch in Schrobenhausen am Montag - bei einem Spatenstich mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Lenkflugkörperhersteller MBDA - erneut die derzeitige Frage aller Fragen gestellt.
Pistorius verweist erneut auf den designierten Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Markus Söder hingegen äußert sich bei dem Termin dazu so: "Ehrlich gesagt, das ist mir Wurscht."
Riedl: SPD müsste Strategie wechseln
Zum jetzigen Zeitpunkt, analysiert Riedl, sei Boris Pistorius jedenfalls nicht darauf vorbereitet, als Kanzler zu kandidieren. Ein Grund: Die Kurzfristigkeit des Wahlkampfes. Mit demselben Nachteil sei aber auch Olaf Scholz konfrontiert.
Für die SPD könnte genau das nun eine Chance sein, um auf Pistorius umschwenken zu können, so die Politikwissenschaftlerin. "Aber: das sozialpolitische Profil, das halte ich für die große Lücke, die zu füllen wäre." Dafür müsste die Wahlkampfkampagne mutmaßlich geändert werden: "mehr in Richtung Sicherheit, innere Sicherheit. Das kann er, dafür steht er auch."
Pistorius gibt sich nah
Während Boris Pistorius Anfang der Woche durch Bayern tourt, ist Olaf Scholz weit weg: in Brasilien. Die SPD-Parteiführung hält am Montag derweil Krisensitzung. Olaf Scholz bleibt dazu nur der Kommentar aus der Ferne: "Die SPD und ich haben eine gute gemeinsame Zeit jetzt miteinander gehabt und Erfolge erzielt. Und da ist etwas zusammengewachsen, auf das man immer aufbauen kann." So sieht das auch die bayerische SPD und setzt in der K-Frage weiterhin auf Scholz.
"Das tut der SPD nicht gut"
SPD-Chef Lars Klingbeil hat am Mittwoch zwar eine baldige Entscheidung in der Frage der Kanzlerkandidatur angekündigt - einen genauen Zeitpunkt hat er aber weiterhin offengelassen.
Dabei ist Eile geboten, macht die Politikprofessorin an der Universität der Bundeswehr München im Kontrovers-Interview klar. Wählerinnen und Wähler mögen es nicht, so Riedl, "wenn das politische Personal streitet." Darin sieht sie auch die derzeitige Zurückhaltung von Scholz begründet, nicht in einen "Konkurrenzkampf" mit Pistorius einzuschreiten. Der SPD hingegen tue die Zurückhaltung des Parteivorstandes derzeit nicht gut.
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