Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Bereitschaft zum Rücktritt im Gegenzug für einen Beitritt des Landes zur Nato erklärt. "Wenn es um Frieden für die Ukraine geht, dann bin ich bereit (meinen Posten zu verlassen)", sagte der Staatschef auf einer Pressekonferenz in Kiew. Das könnte auch im Gegenzug für die Aufnahme seines Landes in das Militärbündnis erfolgen. Seine Priorität seien Sicherheitsgarantien für die Ukraine, und ein Nato-Beitritt sei die beste Variante. Er selbst wolle nicht jahrzehntelang regieren.
In Kriegszeiten keine Wahlen möglich
Der ukrainische Präsident reagierte damit offenbar auf Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, der ihn vor wenigen Tagen als "Diktator ohne Wahlen" bezeichnet und eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine kategorisch ausgeschlossen hatte.
Zuletzt hatte die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump Kiew zu Präsidentschaftswahlen gedrängt. Trump nannte Selenskyj einen "Diktator ohne Wahlen". Tatsächlich wäre Selenskyjs Amtszeit ursprünglich im Mai vorigen Jahres beendet gewesen. Was Trump aber außer Acht lässt, ist, dass die ukrainische Verfassung in Kriegszeiten keine Wahlen zulässt. Das Kriegsrecht herrscht in der Ukraine seit Beginn der großangelegten russischen Invasion. Diese jährt sich morgen zum dritten Mal. Einer der von Russland verkündeten Kriegsgründe ist die Verhinderung eines Beitritts des Nachbarn zur Nato.
Selenskyj: Vermittlung ist "nicht genug"
Seit Trumps Amtsantritt versucht die US-Regierung den Krieg gegen die Ukraine zu beenden und hat auf hoher Ebene Gespräche mit Moskau aufgenommen - ohne Kiew oder Vertreter anderer europäischer Verbündeter daran zu beteiligen. Trump betonte in einem Interview mit dem US-Sender Fox News, die Teilnahme Selenskyjs an Verhandlungen zur Beendigung des Krieges sei "nicht sehr wichtig". Selenskyj hingegen sagte nun, er wolle Trump als Partner der Ukraine und nicht nur als Vermittler zwischen der Ukraine und Russland sehen. Nur eine Vermittlung sei "nicht genug".
Der ukrainische Präsident forderte zudem den Zusammenhalt des Westens. Einen "dauerhaften und gerechten Frieden für die Ukraine" zu erreichen, sei nur mit der "Einigkeit aller Partner" möglich, schrieb er im Onlinedienst Telegram. "Wir brauchen die Stärke ganz Europas, die Stärke Amerikas, die Stärke all jener, die nachhaltigen Frieden wollen."
Die EU ist derzeit intensiv bemüht, in der Ukraine-Frage wieder mehr Gewicht zu erlangen. So kündigte Ratspräsident Antonio Costa für den 6. März einen EU-Sondergipfel zur Ukraine an. Der französische Präsident Emmanuel Macron trifft am Montag in Washington mit Trump zusammen.
Moskau kündigt Treffen mit US-Diplomaten "Ende der Woche" an
Die russische Regierung hat ein erneutes Treffen mit US-Vertretern in den kommenden Tagen angekündigt. Moskau erwarte sich davon "wirkliche Fortschritte" in den bilateralen Beziehungen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Tass den russischen Vize-Außenminister Sergej Riabkow.
Der russische Präsident Putin würdigte beim nationalen Feiertag des Vaterlandsverteidigers heute in Moskau den Kampfgeist und den Siegeswillen seiner Armee. Er zeichnete Soldaten als Kriegshelden aus und stieß im Kreml mit Champagner auf das Militär an. Russische Analysten unabhängiger Medien hatten zuletzt berichtet, dass allein in Putins Armee seit Kriegsbeginn mindestens 95.000 Soldaten gefallen seien.
Ukrainische Flugabwehr meldet Rekord an russischen Drohnen
Unterdessen geht der russische Angriffskrieg in der Ukraine unvermindert weiter. Die ukrainische Flugabwehr hat in der vergangenen Nacht nach eigenen Angaben fast 270 russische Drohnenangriffe verzeichnet. Seit Kriegsbeginn habe es noch nie so viele Drohnenattacken in einer Nacht gegeben. Rund die Hälfe der Flugkörper seien abgeschossen worden.
Betroffen waren mehrere Regionen. Schäden habe es unter anderem in den Gebieten Kiew, Odessa, Dnipropetrowsk und Saporischschja gegeben.
Am Montag jährt sich der Beginn des Ukraine-Kriegs zum dritten Mal. Aus diesem Anlass reist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit ihrer Kommission nach Kiew. Laut Selenskyj nehmen an dem Tag insgesamt 13 Staats- und Regierungschefs an einem Treffen in der ukrainischen Hauptstadt teil, weitere 24 würden per Video zugeschaltet. Er hoffe auf einen "Wendepunkt", sagte der ukrainische Staatschef.
Im Video: Selenskyj: Rücktritt gegen NATO-Beitritt
Selenskyj: Rücktritt gegen NATO-Beitritt
Mit Informationen von dpa, Reuters und AP
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