Gespräche zwischen den Parteien nach einer Bundestagswahl waren schon mal einfacher. Die Schockwellen nach dem Eklat im Weißen Haus, wo US-Präsident Donald Trump und sein Vize J. D. Vance den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Vorwürfen überzogen hatten, machen auch Druck auf die Sondierenden in Berlin. Auch am Rosenmontag und Faschingsdienstag wollen sie weiter verhandeln.
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Söder spricht von "Weckruf"
Das ist auch im Sinne von CSU-Chef Markus Söder. Er bekräftigte auf der Plattform X: "Wir werden alles dafür tun, um bald eine neue und stabile Bundesregierung zu haben". Jeder werde "über seinen Schatten springen müssen, aber am Ende kann daraus eine neue Stärke für unser Land und ganz Europa erwachsen. Vielleicht ist das der Weckruf, den wir alle brauchen, um in Deutschland über uns hinauszuwachsen", so der bayerische Ministerpräsident.
Weit oben auf der Agenda steht, deutlich mehr Geld für Sicherheit und Verteidigung zusammenzubringen – für die Bundeswehr, aber auch für ein eigenständigeres, von den USA weniger abhängiges Europa und eine womöglich noch stärkere Unterstützung der Ukraine. "Deutschland und Europa müssen aufrüsten: militärisch, wirtschaftlich und technologisch", verlangt Söder. Auch SPD-Außenpolitiker Michael Roth mahnte Tempo bei der Koalitionsbildung an: "Wir können nicht bis Mai warten, bis eine Regierung steht", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Baerbock verlangt schnelles Handeln
Schnelles Handeln fordert auch Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen, die nicht an der Regierungsbildung beteiligt sind – aber trotzdem bei kurzfristigen überparteilichen Lösungen mit ins Spiel kommen könnten. "Bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung können wir damit nicht warten, denn die Lage ist ernst", mahnte Baerbock am Samstag. Sie rief dazu auf, dass alle demokratischen Parteien sowie die amtierende und die zukünftige Bundesregierung nun "engste Abstimmung" an den Tag legen.
Milliardenschwere Sondervermögen im Gespräch
Union und SPD wollen offenbar zwei milliardenschwere Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur einrichten. Die Rede ist von 400 Milliarden Euro für Rüstung und 500 Milliarden Euro für Infrastruktur.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters und "Bild Online" aus Verhandlungskreisen berichten, soll der aktuelle Bundestag noch im März über das Thema Sondervermögen abstimmen. Da dafür zusätzliche Schulden aufgenommen werden müssten, bräuchte es dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament und auch im Bundesrat. Im neuen Bundestag kommen AfD und Linke zusammen aber auf mehr als ein Drittel der Stimmen und haben damit eine Sperrminorität. Die Linkspartei hatte in den vergangenen Tagen angekündigt, zusätzlichen Schulden für Militärausgaben nicht zuzustimmen. Eine Zustimmung der AfD gilt ebenfalls als unwahrscheinlich.
Baerbock nannte die Aufstellung der beiden Sondervermögen aber die schlechtere Variante. "Sie hilft der Ukraine nicht, und wir können sie nicht für alle Bereiche einsetzen, die für unsere Verteidigung wichtig sind." Das betreffe etwa Maßnahmen gegen Bedrohungen im Cyberraum. Baerbock warb dafür, vielmehr über eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse zu sprechen.
Merz will zügig Trump treffen
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte kurz nach der Wahl bereits deutlich gemacht, dass er eine solche große Reform noch vor Zusammentritt des neuen Bundestags ablehne. Zu klären ist überhaupt, ob noch einmal das alte Parlament aktiviert werden sollte, das bis dahin mit allen Kompetenzen weiter besteht.
Neben den Sondierungsgesprächen hat Merz auch ein baldiges Treffen mit Trump auf seiner To-do-Liste. "Merz wird Trump so schnell wie möglich treffen und dann hoffentlich schon höhere Verteidigungsausgaben im Gepäck haben", sagte Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul dem "Tagesspiegel". Dies könne in den angespannten Beziehungen helfen, "auch wenn wir wissen, dass es alle Europäer gerade schwer haben in Washington".
Mit Informationen von dpa und Reuters
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