Nach der gestrigen Sondierungspause gehen die Gespräche in Berlin seit heute Nachmittag weiter. Worum es nun geht, was die weiteren Knackpunkte nach den ersten Kompromissen sind - und welche besondere Rolle die Grünen, aber auch die CSU spielen.
Was ist bisher geklärt?
Der größte Brocken auf dem Weg zu einer Regierung scheint aus dem Weg geräumt zu sein: die Finanzierung. Die Teilnehmer der Sondierungsgespräche haben sich auf ein riesiges Finanzpaket geeinigt. Es sieht vor, Verteidigungsausgaben zum Teil von der Schuldenbremse auszunehmen. Auch ein kreditfinanziertes 500 Milliarden schweres Sondervermögen für Infrastrukturmaßnahmen ist geplant, um zum Beispiel Straßen schneller zu sanieren, Kita-Plätze auszubauen und Krankenhäuser finanziell zu unterstützen.
Da die Finanzierungsfrage in einer Regierung über allem steht, haben CDU, CSU und SPD damit vermutlich die wichtigste Einigung schon erzielt. Allerdings: Für das Finanzpaket ist eine Änderung im Grundgesetz nötig und dafür braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag. Union und SPD könnten zusammen mit den Grünen oder der FDP im alten, noch amtierenden Bundestag diese Mehrheit erzielen. Die Liberalen haben sich beim Punkt Verteidigung gesprächsbereit gezeigt, nicht aber beim Sondertopf zur Infrastruktur. Die Grünen lassen bisher offen, wie sie sich verhalten.
Was fordern die Grünen?
Die Grünen sind sauer. Sie fordern schon lange Milliardeninvestitionen in Verteidigung und Infrastruktur – doch die Union blockierte vor der Bundestagswahl entsprechende Vorstöße. Sie sind auch verärgert über den Umgang der Union mit ihnen. Für Empörung sorgen vor allem Attacken, die von der CSU kommen. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte mit Blick auf den gestrigen politischen Aschermittwoch: "Das, was wir gerade an Tönen aus der CSU hören, insbesondere von Markus Söder, widert an."
CSU-Chef Söder hatte es in Passau als zentralen Erfolg seiner Partei verkauft, dass die Grünen nicht an einer neuen Bundesregierung beteiligt werden. Dem scheidenden Wirtschaftsminister Robert Habeck rief er zu: "Goodbye, gute Reise, auf Nimmerwiedersehen." Die Grünen beklagen auch, dass der Klimaschutz in dem Finanzpaket "überhaupt keine Rolle" spiele.
Was ist noch nicht geklärt?
Alles, was nicht die Finanzierung betrifft, ist bei den Sondierungsgesprächen zwischen Union und SPD noch offen. SPD-Chef Klingbeil sagte in der ARD-Sendung "Maischberger": "Die eigentlichen Gespräche fangen jetzt erst an." In den nächsten Tagen werde es beispielsweise um diese Fragen gehen: Wie sieht die Rentenpolitik aus, wie können Familien gestärkt werden, wie kann das Leben von hart arbeitenden Menschen verbessert werden? "Da liegen noch harte Brocken vor uns", so Klingbeil.
Was sind die Streitpunkte?
Vor allem in der Migrationspolitik liegen die Sondierungspartner weit auseinander. CDU und CSU fordern eine deutliche Verschärfung. CDU-Chef Friedrich Merz kündigte vor der Wahl an: Er werde am ersten Tag seiner Amtszeit, "das Bundesinnenministerium im Wege der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen".
Die SPD lehnt das ab. Parteichef Klingbeil bekräftigte in der ARD: "Ich kann Ihnen sehr klar sagen: Die SPD wird keine faktischen Grenzschließungen mitmachen." Die SPD hält die Unionsforderungen weder mit dem Grundgesetz noch mit EU-Recht vereinbar.
Welche Rolle spielt die CSU?
Die CSU ist durch Parteichef Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an den Verhandlungen mit der SPD beteiligt. In Berlin gaben sich die Christsozialen in den vergangenen Tagen zurückhaltend. Neben den offiziellen Statements äußerten sie sich kaum und verwiesen auf die Vertraulichkeit der Gespräche.
Bei den Sondierungen sei allerdings "noch nichts ganz in trockenen Tüchern", sagte Söder beim politischen Aschermittwoch. Er fordert eine grundlegende Wende in der Asylpolitik, sonst werde es kein Ja der CSU zu einer schwarz-roten Koalition geben. Söder machte kurz nach der Wahl eine Koalition mit der SPD auch davon abhängig, dass die Wahlrechtsreform der Ampelkoalition wieder gekippt wird. Unklar, ob er sich damit durchsetzen kann.
Wie sieht der Zeitplan aus?
Noch diese Woche soll nach dem Willen mancher Verhandler klar sein, ob Union und SPD die Sondierung erfolgreich abschließen und dann in Koalitionsverhandlungen gehen. Der womöglich neue Kanzler und CDU-Chef Merz hofft, dass bis Ostern die neue Regierung steht.
Doch davor wird über das Finanzpaket von Union und SPD entschieden. Der alte Bundestag soll am nächsten Donnerstag sowie am 18. März zusammenkommen. Die Abgeordneten werden dann über die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und ein "Sondervermögen" für Infrastrukturmaßnahmen beraten und abstimmen.
Im Video: Sondierungen von Union und SPD über Migration
Schwarz und Rot versuchen weiterhin, ein Fundament für eine künftige Koalition zu bauen. Heute ging es um das Thema Migration.
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