Ostern ist das Ziel, das hat CDU-Chef Friedrich Merz klargemacht. Bis dahin sollte die nächste Regierung stehen. Alle Zeichen stehen auf Schwarz-Rot. Union und SPD starten jetzt mit ihren Koalitionsverhandlungen in Berlin. Die Ansage: Einen Koalitionsvertrag im Rekordtempo ausarbeiten. "Wir haben keine Zeit zu verlieren", betont CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann vorab. Das Motto: "Dampf machen." Wie wird verhandelt, welche Bayern sitzen mit am Tisch und wie laufen die Gespräche ab? Ein Überblick.
Schwarz-Rot: 16 Arbeitsgruppen, 256 Verhandler
Fachpolitikerinnen und -politiker von CDU/CSU und SPD kommen in verschiedenen Arbeitsgruppen zusammen. Insgesamt soll es 16 AGs geben, wie zum Beispiel "Innen, Recht, Migration und Integration", "Wirtschaft, Industrie, Tourismus", oder "Digitales". Jede AG besteht aus 16 Teilnehmern: sieben SPD-Politiker, sechs CDU- und drei CSU-Politiker. Das sind insgesamt 256 Verhandler.
Ihr Zeitplan ist vorgegeben: Merz will, dass die AGs bereits bis spätestens 24. März ihre Ergebnisse vorlegen.
Diese Bayern verhandeln in Berlin mit
Aus Bayern sitzen einige Bundestagsabgeordnete und andere Fachpolitiker in den AGs: Von der Bayern-SPD verhandeln neun Politiker, unter anderem die Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge (Innen) und Michael Schrodi (Haushalt/Finanzen), aber auch die Chefin der Bayern-SPD, Ronja Endres (Digitales). 48 Politiker sitzen von der CSU an den Verhandlungstischen, wie die Bundestagsabgeordneten Andrea Lindholz (Innen), Florian Hahn (Außen und Verteidigung) oder Florian Oßner (Haushalt und Finanzen).
Auffällig: Alle bayerischen CSU-Ministerinnen und Minister sind in den Arbeitsgruppen dabei – bis auf Justizminister Georg Eisenreich. So etwa Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (AG Innen), die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (AG Wirtschaft/Tourismus) oder auch Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (AG Verkehr und Bauen). Sie alle dürften sich für ihren jeweiligen Bereich und Bayern stark machen.
Ein weiterer Name fällt auf: Schon im Wahlkampf hatte CSU-Chef Markus Söder für den bayerischen Bauernpräsidenten, Günther Felßner, als Bundeslandwirtschaftsminister Partei ergriffen. In der AG "Ländliche Räume/Landwirtschaft" verhandelt Felßner schon mal mit. Doch: Das Personaltableau der AGs sagt nichts über spätere Ministerposten oder Zuschnitte der Ministerien aus. Auch ist noch nicht entschieden, welche Partei welches Ressort erhält.
Arbeitsgruppen: Schnittmengen und Kompromisse finden
Die Arbeitsgruppen arbeiten auf Basis des bereits beschlossenen Sondierungspapiers von Union und SPD. Damit sind die Leitplanken vorgegeben, die größten Brocken zumindest zwischen schwarz-rot geeint: Finanzen und Migration. Jetzt geht es darum, konkrete Details auszuarbeiten, Kompromisse zu finden und diese in Papieren festzuhalten. Knackpunkte müssen gelöst, Schnittmengen gefunden werden.
Die AGs dürften die erste Zeit geräuschlos und vertraulich hinter verschlossenen Türen arbeiten – Pressestatements oder Selfies sind nach BR-Informationen untersagt. Wo und wann sich die AGs treffen, ist ihnen überlassen. Als Orte kommen die jeweiligen Parteizentralen in Berlin – Konrad-Adenauer- oder Willy-Brandt-Haus – oder der Bundestag infrage.
Wie lange CDU/CSU und SPD für den Koalitionsvertrag brauchen, ist offen. Gesetzlich ist nichts vorgeschrieben. Ein Blick zurück aber lohnt: Die Ampel-Regierung aus SPD, FDP und Grünen brauchte für ihre Koalitionsverhandlungen 47 Tage – und ging damit in die Geschichte als die Koalition ein, die am längsten verhandelt hatte.
Erinnerungen an "Jamaika": "Seehofer über Söder sprechen zu hören war saulustig"
Doch was passiert bei derartigen Gesprächen? Einer, der dieses Mal nicht mehr bei den Verhandlungen mit am Tisch sitzt und daher aus dem Nähkästchen plaudern kann, ist Anton Hofreiter von den Grünen. Im BR24-Gespräch erinnert er sich an 2017, als er eine mögliche "Jamaika-Koalition" aus Union, FDP und Grünen mitverhandelt hatte: "Entscheidend ist, dass man Platz und Zeit hat. Denn es wird – wenn es in die Details geht – in mehreren Gruppen parallel getagt und manchmal durchaus auch sieben bis acht Stunden verhandelt. Das Längste im Jahr 2017 waren neun Stunden am Stück."
Es komme auf die Umgebung und das Zwischenmenschliche an, was die Gespräche prägt. Hofreiter bleiben auch die Pausen im Gedächtnis, "da erfährt man vieles, was einfach auch lustig ist." So wurde damals schon deutlich, dass Horst Seehofer und Markus Söder "nicht die engsten Freunde waren (…) Seehofer über Söder sprechen zu hören – wenn er gut gelaunt war – war einfach auch saulustig", so Hofreiter.
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