Blumen auf einem Friedhof (Symbolbild)
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Friedhöfe können wertvolle Rückzugsräume für Insekten sein - wenn sie richtig bepflanzt werden.

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Grüne Oasen in der Stadt: Friedhöfe als Orte des Lebens

Grüne Oasen in der Stadt: Friedhöfe als Orte des Lebens

Friedhöfe sind in zubetonierten Städten grüne Orte der Erholung – für Menschen, aber auch für Tiere. In Zeiten des Artensterbens sind sie wichtige ökologische Rückzugsräume. Vorausgesetzt, Menschen tun bei der Pflege von Gräbern das Ihre dazu.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Glauben Zweifeln Leben am .

Schachbrettartig und doch leicht windschief sind die Gräber angeordnet: Zwischen Arkaden und der Kapelle entfaltet sie sich, die Totenstadt. Viele Grabsteine von St. Georg, einem katholischen Friedhof in München-Freising, sind glattpoliert, in den Gassen zwischen ihnen ragen Grasbüschel aus dem Kies.

Ein architektonisch eindrucksvoller Ort, das gibt auch Johannes Kollmann zu, Professor für Renaturierungsökologie an der Technischen Universität München. Doch ökologisch betrachtet sei der Friedhof eigentlich eine "ziemlich öde Brachfläche". "Das ist schade", sagt der Wissenschaftler, "einfach eine vertane Chance."

Zu viel Kies schafft ein pflanzen-unfreundliches Klima

Besonders stört ihn der viele Kies. Bei einem der Gräber ist die Grabfläche von einer flachen Steinmauer umschlossen, darin zwei Blumenkörbe auf einem Kiesbett. Kollmann meint, die Gräber seien oft ein Abbild dessen, was die Menschen zu Hause schön finden – zum Beispiel einen Kiesgarten.

Das Pflegeleichte komme vielen entgegen, sagt er: "Die Natur ganz stark domestiziert, eigentlich untergeordnet, indem man sie mit Kies belegt und das so einrichtet, dass eigentlich nichts von unten hochwachsen kann." Der Kies erhitze sich im Sommer – der Friedhof werde heiß und trocken. Kein pflanzen-freundliches Klima.

"Dieser Friedhof ist sehr stark eben auf Ordnung und Unvergänglichkeit gerichtet, und ich hätte gerne ein bisschen mehr Unordnung und ein bisschen, ja, lebende Vergänglichkeit", erklärt Ökologe Kollmann das Grundproblem.

Rund 6.000 Friedhöfe in Bayern: wichtig für die Artenvielfalt

6.170 Friedhöfe gibt es in Bayern. Johannes Kollmann wünscht sich von ihren Trägern – also meist Kommunen oder Kirchen – und von den Friedhofsgärtnereien mehr Engagement. Zum Beispiel würden immer weniger Menschen die Erdbestattung wählen; dadurch würden Flächen frei, auf denen man Bäume, Stauden oder Blühwiesen anpflanzen könnte.

Verbesserungsbedarf bei der Bepflanzung von Bayerns Friedhöfen sieht auch die Diplom-Biologin Barbara Füchtbauer vom Verein "Schöpfung bewahren konkret". Sie berät evangelische Kirchengemeinden, wie diese ihre Friedhöfe nachhaltiger gestalten können. Schon 60 Friedhöfe, meist in Mittelfranken, hat sie sich angeschaut.

Biologin rät: weniger mähen, mehr Totholz

Ein paar Punkte seien für ökologische Friedhofsgestaltung essenziell, sagt Füchtbauer: "Dass Wiesen nicht so oft gemäht werden. In Friedhöfen gibt es oft Rasenflächen, die, nicht gedüngt und gespritzt, wirklich viel Potenzial haben, wo viel zum Blühen kommen könnte." Doch allzu oft würden diese Flächen gemäht. Dabei sei es so wichtig, sie wachsen zu lassen, mahnt die Biologin: "Weil Wiesen über 50 Prozent unserer Insekten-Flora beheimaten."

Kaum Widerstand gebe es gegen den Rat, Trockenmauern nicht zu verputzen, auf denen sich Flechten ausbreiten. Auch gut: Grüne Mustergräber als Inspiration anlegen – oder: Alte Bäume mit Totholz nicht gleich fällen, sondern nur die Krone verkleinern oder den Torso stehen lassen.

"Das ist sehr wichtig, weil alte einheimische Bäume eben auch sehr wichtig für Insekten sind", erklärt Füchtbauer. In alten Eichen beispielsweise lebten über 1.500 verschiedene Insekten und andere Tierarten. "Nichts kann einen alten Baum ersetzen."

Bistümer: Einfluss auf ökologische Friedhofsgestaltung

Barbara Füchtbauer will in Zukunft nicht nur Träger evangelischer, sondern auch katholischer Friedhöfe beraten. Erste Kontakte in die Erzdiözese München und Freising gibt es bereits. Die Bistümer wiederum können über Mustersatzungen auch den Gemeinden Regeln empfehlen. So enthält die Mustersatzung des Bistums Augsburg etwa ein Verbot, Grabstätten mit Kies zu bestreuen. Und das Erzbistum Bamberg teilt mit, man unterstütze Maßnahmen auf Friedhöfen seit diesem Jahr finanziell mit einem Biodiversitätsfonds.

Auf dem Waldfriedhof am Freisinger Stadtrand findet Johannes Kollmann, der Renaturierungsökologe von der Technischen Universität München, ein überaus positives Beispiel: gleich am Eingang eine Wildblumenwiese, aus der Kugellauchpflanzen ihre tennisballgroßen blauen Blüten zum Himmel strecken. Ein gemähter Rasenstreifen umrahmt die Wiese.

Ästhetik und Ökologie – auf Friedhöfen ist beides möglich

Ökologie und Ästhetik sind auf Friedhöfen kein Widerspruch, im Gegenteil. Kollmann empfiehlt, die Grabfläche ganz mit Pflanzen zu bedecken. Gut seien zum Beispiel heimische Blumen und Stauden, die sich selbst reproduzieren und daher nicht pflegeintensiv sind. Im Baumarkt könnte man insektenfreundliche Pflanzen suchen, die im Frühjahr Nektar und Pollen anbieten – Krokusse zum Beispiel.

Auf andere Pflanzen würde er dagegen ganz verzichten, da sie keinen Nutzwert für Insekten haben. "Narzissen sind meist weniger interessant, auch Tulpen sind meist nicht so super", sagt der Ökologe, "Eisbegonien sind ganz schlimm, das ist absolutes ein No-Go. Das hat gar keinen Wert für die Tiere." Salbei hingegen sei aus Insektensicht eine gute Sache, ebenso wie Minzsorten.

Wenn man dann noch darauf achtet, Plastikmüll etwa durch Grablichter zu vermeiden, leistet man einen Beitrag dazu, dass Friedhöfe nicht nur Orte der Trauer sind, sondern lebendige Ökosysteme werden.

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