Die Gustav-Adolf-Gedächtniskirche in Nürnberg ist eine von fünf bayerischen Gotteshäusern, die sich im Winter in eine Vesperkirche verwandeln.
Bildrechte: BR
Audiobeitrag

Die Gustav-Adolf-Gedächtniskirche in Nürnberg ist eine von fünf bayerischen Gotteshäusern, die sich im Winter in eine Vesperkirche verwandeln.

Audiobeitrag
> Kultur >

Vesperkirchen: Sozialer Lichtblick im trüben Winter

Vesperkirchen: Sozialer Lichtblick im trüben Winter

Für wenig Geld eine warme Mahlzeit, die man gemeinsam mit anderen Menschen in schönem Ambiente zu sich nimmt: Möglich ist das in sogenannten Vesperkirchen, die im Winter ihre Pforten öffnen. An fünf Orten in Bayern gibt es dieses Angebot derzeit.

Menschen, die mit anderen gemeinsam am Tisch sitzen, sich unterhalten, lachen, austauschen. Eine lange Schlange an der Essensausgabe. Und das mitten in der Nürnberger Gustav-Adolf-Gedächtniskirche. "Jesus hat selbst Abendmahl gefeiert. Er hat andere zum Essen eingeladen, genau so soll Kirche eigentlich sein", sagt Matthias Helbig. Bis 9. März lädt der evangelische Pfarrer hier täglich zu einer sogenannten Vesperkirche ein.

Soziales Miteinander und soziale Essenspreise

Ein ähnliches Angebot gab es zuletzt auch in Schweinfurt. Dort freut sich Pfarrerin Marianne Renger, dass das ungewöhnliche kulinarische Aufgebot in der Johanniskirche einen Nerv trifft. "Ich war jetzt selber beim Essen vor zwei Tagen mit jemandem am Tisch gesessen, die hat dann gesagt: 'Ich bin allein, ich koche mir nie was Warmes.'"

Um dieses soziale Miteinander geht es den Veranstaltern der Vesperkirchen – genauso wie um ein günstiges Essen für Menschen, die weniger im Geldbeutel haben. Ein Angebot, das auch dem Sozialdienst der evangelischen Kirche, der Diakonie Bayern, wichtig ist: "Bei den Vesperkirchen begegnen sich Menschen unterschiedlicher Herkunft, auch unterschiedlicher sozialen Schichten und kommen in Austausch miteinander", sagt Carsten Fürstenberg von der Diakonie. Das sei umso wichtiger in einer Gesellschaft, in der zwar viel übereinander, aber immer weniger miteinander rede.

Run auf Vesperkirchen nimmt zu – aus Bedürftigkeit

Der Zulauf zu den Vesperkirchen sei in den vergangenen Jahren immer größer geworden, sagt Fürstenberg. Weil die Bedürftigkeit zunehme und auch, weil immer mehr Gemeinden zur Vesperkirche einlüden: In Nürnberg, Schweinfurt und Augsburg laufen sie gerade; in Coburg und Memmingen gibt's das Angebot im März. Jede Kirche hat dabei ihr eigenes Konzept, erklärt Fürstenberg: "In manchen Vesperkirchen hat es eher Mensa-Charakter – ich stelle mich an, bekomme ein Tablett – und in anderen, zum Beispiel in Schweinfurt, hat es mehr Bewirtungscharakter: Man wird zu seinem Platz geleitet und bedient wie im Restaurant."

Hinzu kommen Zusatzangebote, zum Beispiel Friseure, Apotheker, Tierärzte oder Bewerbungs-Trainer, die ihre Dienste anbieten, den Rahmen bildet häufig auch ein Kulturprogramm mit Konzerten oder Lesungen. Finanziert wird das Ganze von den Kirchen und aus Spenden – und von Ehrenamtlichen gestemmt: Allein in Augsburg stehen zum Beginn der Vesperkirche 300 Ehrenamtliche bereit, die bis zu 450 Essen am Tag ausgeben.

Augsburg ist übrigens die jüngste der bayerischen Vesperkirchen – seit vergangenem Jahr. Sie läuft in ökumenischer Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche.

Im Video: Tafeln in Bayern brauchen Hilfe

Ein Mann wählt bei der Nürnberger Tafel Obst aus.
Bildrechte: BR24/Julia Demel
Videobeitrag

Die Tafeln in Bayern brauchen dringend Unterstützung. Geld- und Sachspenden sind eingebrochen und machen vielen Tafeln Sorgen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.