Stefan Luitz
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"Skifahrerherz schlägt noch" - Luitz geht einen besonderen Weg

"Skifahrerherz schlägt noch" - Luitz geht einen besonderen Weg

Stefan Luitz zählte im Riesenslalom lange zur Weltspitze. Doch viele Verletzungen warfen ihn zurück. Anstatt aufzugeben, schloss er sich dem Team Global Racing an - ein Auffangbecken für Athleten kleiner Ski-Nationen, für Kaderlose und Kämpfer.

Über dieses Thema berichtet: BR24Sport am .

Stefan Luitz ist ein exzellenter Skifahrer. Jahrelang zählte er im Riesenslalom zur Weltspitze: zehn Podestplatzierungen, ein Weltcup-Sieg. Es gab Saisons, da schien er ein Abo auf die Top fünf zu haben. Stefan Luitz war konstant, sein Schwung schnell - sein Pech aber oft größer.

Verletzung – Comeback – Verletzung – Comeback. Stefan Luitz ist das Stehaufmännchen im Skirennsport, die SZ bezeichnete ihn mal als den "unglücklichsten Skifahrer der Welt". Wohl auch wegen Szenen wie dieser: Beim Riesenslalom bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi fädelte er im letzten Tor ein, rettete sich mit der zweitschnellsten Zeit ins Ziel, wurde dann jedoch disqualifiziert.

Ringen um Weltcupsieg in Beaver Creek

Selbst sein einziger Weltcup-Sieg war ein Kampf: Beaver Creek 2018. Der Allgäuer gewann das Rennen vor Marcel Hirscher und Thomas Tumler. Weil er am Start mit Sauerstoff versorgt worden war, wurde ihm der Sieg aber aberkannt und drei Monate später vom Internationalen Sportgerichtshof final zugesprochen. Da war Luitz aber wieder verletzt.

Als es aufgrund mehrerer Verletzungen dann nicht mehr für den Kader reichte, da musste er eine Alternative finden. Aufgeben wollte er - der sich schon von so vielen Rückschlägen zurückgekämpft hatte - nicht. "Das Skifahrerherz schlägt halt noch in mir", sagt Stefan Luitz in der BR24Sport-Story "Ski-Spitzen - Underdogs und Individualisten im Skirennsport". Er schloss sich dem Team Global Racing an, einem unabhängigen, nationenübergreifenden Skiteam.

Kaderlose finden bei Global Ski Racing Unterschlupf

Global ist wie ein Auffangbecken, ein Zuhause für Athleten kleinerer Ski-Nationen, für Aufgegebene, Underdogs und Kämpfer - so wie Luitz. Der Allgäuer trainiert in einer Gruppe von 13 Athleten aus zehn verschiedenen Nationen: Sam Maes aus Belgien, Tormis Laine aus Estland, Simon Maurberger aus Italien und einige andere.

"Ich fühle mich sehr wohl", sagt Stefan Luitz. Der 32-Jährige findet sich unter seinesgleichen wieder. Viele der Athleten mussten selbst Rückschläge einstecken, sind aus dem Kader gefallen, und versuchen sich im Weltcup-Zirkus wieder zu etablieren.

13 Athleten, 5 Servicemänner, 3 Athleten, 1 Physiotherapeutin

Gegründet hat das Team der US-Amerikaner Paul Epstein. Er ist der Mann für zweite Chancen. "Früher hatten Athleten, die aus dem Kader gefallen sind, kaum eine Möglichkeit, weiterzumachen, sie hatten keine Unterstützung, kein Team", erklärt Epstein. Seine Philosophie: "Glaub an die Athleten mehr, als sie jemals an sich geglaubt haben – dann öffnen sich den Athleten komplett neue Türen."

Außerhalb des Kaders zu trainieren, ohne Förderstatus, ist teuer, der Skirennsport aufwendig. Luitz zahlt pro Saison - für zehn Monate Training - rund 50.000 Euro. Um seine Sponsoren muss er sich selbst kümmern. Ein Aufwand, der sich laut Luitz auszahlt: "Wir trainieren auf sehr hohem Niveau, die Betreuung durch die Trainer ist unglaublich gut", so Luitz. Chefcoach Paul Epstein, Pirmin Kothgasser aus Österreich und Nick Cooper aus Kanada sowie fünf Servicemänner und die Physiotherapeutin Julia Haas betreuen die Mannschaft.

Junge Athleten zehren von Luitz' Erfahrung

Stefan Luitz ist einer der ältesten und der wohl erfahrenste Athlet bei Global. "Die Möglichkeit zu haben, einen Stefan Luitz zu fragen, wie sich gewisse Dinge anfühlen – das ist Gold wert", sagt der 24-jährige Este Tormis Laine in der BR24Sport-Story: "Ich quetsche ihn immer aus. Ich habe so viele Fragen an ihn."

Stefan Luitz sei eine Bereicherung für das Team. Global ist aber auch eine Bereicherung für Stefan Luitz: "Ich habe Freunde fürs Leben gefunden aus der ganzen Welt", sagt Stefan Luitz. "Und das Wichtigste: Ich hab wieder Spaß am Skifahren."

Pechsträhne hält weiter an - weitere Verletzungen

Auch wenn Stefan Luitz mit Global eine Gruppe gefunden hat, in der er sich wohlfühlt, seinen Traum weiterleben kann: Die Pechsträhne hielt weiter an. Vor der vergangenen Saison 2023/24 trainierte er erst wenige Monate mit Global, brach sich kurz vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden den Knöchel. Er musste wieder eine Saison pausieren. Und vor der aktuellen Saison verletzte sich Luitz an der Hand und musste das erste Rennen in Sölden auslassen, stieß erst in Beaver Creek dazu.

Zwei Mal gepunktet, für die WM reicht es nicht

Beaver Creek, Dezember 2024: sechs Jahre nach seinem Weltcup-Sieg, für den er so kämpfen musste, sollte er ein weiteres Comeback feiern. Er qualifizierte sich für den zweiten Durchgang, wurde 22.

Die bisherige Saison-Bilanz: 22. in Beaver Creek, in Val d’Isère und Alta Badia konnte er sich nicht für Lauf zwei qualifizieren, in Adelboden fiel er im ersten Durchgang aus, in Schladming punktete er erneut mit einem 29. Platz. Für eine Qualifizierung für die Ski-WM hat es nicht gereicht.

"Diese Saison ziehe ich noch durch"

Luitz aber weiß: "Es sind Kleinigkeiten, im Training fühle ich mich wohl, es gilt einfach, das Vertrauen in den Schwung reinzukriegen, und dass ich das dann auch durchziehe", sagt Stefan Luitz in der BR24Sport-Story "Ski-Spitzen - Underdogs und Individualisten im Skirennsport".

Auch für Stefan Luitz, den Meister der Comebacks und des Weiterkämpfens, haben sich die Prioritäten mittlerweile verschoben: "Ich habe eine Familie, zwei kleine Kinder daheim. Irgendwann muss man sich schon mal fragen, ob das noch Sinn macht", sagt Luitz. Noch schlägt aber das Skifahrerherz in ihm weiter: "Wir haben uns entschieden: Diese Saison ziehe ich noch durch."