Das Jahr 2024 markiert einen beunruhigenden Meilenstein in der Klimageschichte: Es ist das erste Jahr, in dem eine globale Erwärmung von über 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau erreicht wurde. Doch was bedeutet diese Nachricht für die Ziele des Pariser Klimaabkommens? Haben wir die kritische 1,5-Grad-Grenze bereits dauerhaft überschritten?
Eine neue Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (externer Link) untersucht die Bedeutung dieses Phänomens. Während Klimaforscher üblicherweise Zeiträume von 20 Jahren betrachten, haben die Forscher Emanuele Bevacqua, Carl-Friedrich Schleussner und Jakob Zscheischler nun analysiert, welche Schlüsse sich aus diesem einzelnen warmen Jahr 2024 ziehen lassen. Jakob Zscheischler erklärt den Forschungsansatz: "Es wurde lange immer gesagt, wenn ein Jahr über 1,5 Grad ist, bedeutet das noch nicht, dass das Pariser Abkommen damit gescheitert ist, weil das eben über einen längeren Zeitraum definiert ist. Wir wollten uns diese Frage genauer anschauen." Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler Daten der weltweiten Wetterstationen.
Historische Entwicklung zeigt klaren Trend
In den 1980er-Jahren lag die Jahresdurchschnittstemperatur erstmals um 0,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Im Verlauf der darauffolgenden Jahrzehnte blieb der Durchschnittswert entweder konstant oder stieg weiter an. Dies galt auch für alle späteren Temperaturrekorde. Die Ergebnisse sind eindeutig, wie Jakob Zscheischler betont: "Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass wenn wir ein bestimmtes Temperaturziel überschreiten, dann wird sie auch im längeren Mittel überschritten und wir kommen da nicht mehr darunter. Und in den Klimamodellen konnten wir sehen, dass das auch für 1,5 Grad gilt."
Bei ihren Berechnungen berücksichtigten die Wissenschaftler auch natürliche Schwankungen wie Vulkanausbrüche oder die sogenannte El-Niño-Zirkulation.
Diese würden sich über die 20 Jahre des Berechnungszeitraums ausgleichen, so der Klimaforscher Jakob Zscheischler. Ihm zufolge ist das heiße Jahr 2024 somit kein Ausreißer, sondern ein deutliches Zeichen dafür, dass das 1,5-Grad-Ziel langfristig überschritten wird und es keinen Weg zurück gibt.
Deutschland ist bereits wärmer als der globale Durchschnitt
Besonders alarmierend ist die Situation in Deutschland, wo die Temperaturen nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes bereits um etwa 1,7 Grad gestiegen sind, denn Landflächen erwärmen sich schneller als der globale Durchschnitt.
Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie warnt vor den Konsequenzen. Man werde sich darauf einstellen müssen, dass das Klima härter werde und massive Gefahren von der Erderwärmung ausgehen. "Zum Beispiel werden Hitzewellen häufiger, intensiver, länger anhaltend werden, starke Niederschläge werden zunehmen, genauso wird das Risiko von Dürren und Überschwemmungen zunehmen", so der Klimaforscher.
Trotz dieser ernüchternden Erkenntnisse gebe es aber noch Hoffnung: Die Studie zeige, dass bei schnellem Handeln eine Stabilisierung bei 1,5 Grad oder zumindest eine Begrenzung auf zwei Grad möglich ist - ein weiteres wichtiges Ziel des Pariser Klimaabkommens. Das baldige deutliche Verfehlen des 1,5-Grad-Ziels, so kritisiert Marotzke, werde von der Politik ignoriert, fast ungeachtet der politischen Ausrichtung. "Wir müssen uns nicht nur auf ein härteres Klima einstellen, sondern auch jetzt entschlossen handeln, um eine weitere Verschärfung der Situation zu verhindern."
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