Im Prozess um eine Schleuserfahrt mit sieben getöteten Geflüchteten hat das Landgericht Traunstein den Angeklagten zu 15 Jahren Haft verurteilt. Es verhängte die Strafe unter anderem wegen Einschleusens mit Todesfolge und fahrlässiger Tötung. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen Mordes gefordert.
Hochriskante Fahrmanöver auf der Flucht vor der Polizei
In dem Prozess ging es um insgesamt vier Fahrten zwischen Traiskirchen südlich von Wien, mit Startpunkt bei einer Erstaufnahme für Geflüchtete, bis nach Feldkirchen bei München. Im Mittelpunkt stand die Todesfahrt in der Nacht zum 13. Oktober 2023. Der Fahrer transportierte 22 Migranten über die deutsch-österreichische Grenze bei Burghausen.
Als er auf der Flucht vor der Polizei auf der A94 viel zu schnell auf die Ausfahrt der Ampfing abfuhr, kam es zum Unfall. Der mit einer halben Tonne überladene Kleinbus driftete nach links, touchierte die Leitplanke und überschlug sich danach mehrmals. Einige der Geflüchteten wurden aus dem Auto geschleudert, sieben kamen ums Leben, darunter ein sechsjähriges Kind. Weitere 15 Geflüchtete wurden teils schwerstverletzt, einer bleibt zeitlebens ein schwerster Pflegefall.
Der Fahrer des Vans überstand den Unfall mit leichten Verletzungen, außer ihm war keiner der 22 Passagiere aus der Türkei und aus Syrien angeschnallt. Wie im Prozess bekannt wurde, löschte der Fahrer kurz vor der Festnahme seinen WhatsApp-Messenger auf dem Smartphone, um Beweise zu vernichten.
Video belegt Verfolgung und Unfallhergang
Vor dem Unfall war eine zivile Streife der Bundespolizei auf der A94 auf den verdächtigen Kleinbus aufmerksam geworden. Als sie ihn kontrollieren wollte, beschleunigte der Fahrer auf 180 Km/h. Danach folgten mehrere extreme Fahrmanöver.
Zweimal täuschte er an, von der Autobahn abzufahren, um sich kontrollieren zu lassen, lenkte jedoch kurz vor der Ausfahrt wieder auf die Autobahn und beschleunigte. Bei Ampfing fuhr er dann mit knapp 150 km/h auf die Ausfahrtsspur, bremste stark und verlor die Kontrolle über das Fahrzeug. Die Handydaten des Fahrers sowie ein Video der Bundespolizei-Streife dokumentieren die Route sowie den Unfall genau.
Staatsanwaltschaft forderte lebenslange Haft wegen Mordes
Der Staatsanwalt forderte in seinem Plädoyer lebenslange Haft wegen Mordes, Einschleusens und verbotenem Straßenrennen mit Todesfolge. Für die Staatsanwaltschaft steht fest, dass sich der Verurteilte der Polizeikontrolle entziehen wollte und dadurch das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht zutrifft.
Der Verteidiger des gebürtigen Syrers ohne Vorstrafen plädierte auf zwölf Jahre Haft wegen Einschleusung mit Todesfolge und schwerer Körperverletzung.
Drei Scoutfahrer der Unfallnacht ebenfalls vor Gericht
In der Unfallnacht wurde der Verurteilte von drei Scoutfahrern begleitet, die ebenfalls vor Gericht in Traunstein stehen. Die drei jungen Syrer sollten ihn vor möglichen Polizeikontrollen warnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den mutmaßlichen Scoutfahrern Einschleusen mit Todesfolge vor. Der Prozess startet am 6. November.
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