ARCHIV - 06.06.2024, Berlin: Christian Lindner (l-r, FDP), Bundesminister der Finanzen, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nehmen an einer Sitzung des Bundestags teil. (zu dpa: «Nicht das erste Mal: Wenn Koalitionen scheitern») Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Nach dem Ampel-Aus in Berlin: So reagieren fränkische Bundestagsabgeordnete.

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Ampel-Aus in Berlin: So reagieren fränkische Politiker

Ampel-Aus in Berlin: So reagieren fränkische Politiker

Die Ampel-Koalition in Berlin ist am Ende, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz seinen Finanzminister entlassen hat. Außerdem will Scholz im Januar die Vertrauensfrage stellen und den Weg für Neuwahlen freimachen. So reagieren fränkische Politiker.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Von Respektbekundungen bis Vorwürfen ist bei den Reaktionen der fränkischen Abgeordneten auf die Ereignisse in Berlin alles dabei: Carsten Träger, der SPD-Bundesabgeordnete aus Fürth, lobte die Entscheidung des Bundeskanzlers Olaf Scholz. "Wir haben verhandelt, Kompromisse angeboten und dabei bis zuletzt im Interesse des Landes an Lösungen gearbeitet. Christian Linder wollte aber offenbar keine Lösung", schreibt Träger in einer Mitteilung. Wichtig sei jetzt ein geordneter Übergang zu den vorgezogenen Neuwahlen im Frühjahr 2025.

SPD-Politiker stellen sich hinter Entscheidung des Kanzlers

Unterstützung und Zuspruch für seine Entscheidung bekommt Scholz auch von weiteren Partei-Kollegen. "Ein Finanzminister, der sich vorrangig als Lobbyist der Reichen versteht, bringt uns in der aktuellen Lage nicht weiter. Vielmehr müssen wir die Menschen in den Mittelpunkt stellen, die hart arbeiten und die Leistung erbringen, um dieses Land am Laufen zu halten. […] Es gilt: Das Land geht immer vor Partei!", schreibt der Bamberger SPD-Abgeordnete Andreas Schwarz.

Sein unterfränkischer Parteikollege Bernd Rützel, selbst Mitglied des Bundestags, bescheinigt Scholz eine "Engelsgeduld" mit FDP-Chef Lindner. Im Haushaltsstreit sei nun das "Fass übergelaufen". Trotz des anhaltenden Streits habe es Rützel überrascht, dass es noch gestern Abend zum Bruch kam. Sein Schweinfurter Parteikollege Markus Hümpfer findet es bedauerlich, "dass es so weit kommen musste". Gleichzeitig hofft er, dass es der Minderheitsregierung gelingt, "zeitkritische" Gesetze zu verabschieden, ehe der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellt.

Renate Schmidt fordert mehr Kompromissbereitschaft

Auch Renate Schmidt, Urgestein der bayerischen SPD und frühere Bundestags-Vizepräsidentin, begrüßte die Entscheidung von Olaf Scholz: "Es bedeutet erstens einmal Klarheit und das ist gut. Weil es war in den letzten Wochen und Monaten kaum mehr zu ertragen", sagte sie im Interview mit BR24. Dabei zog sie Parallelen zum Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt im Jahr 1982. Auch damals habe es ein Papier gegeben – wie das, das Christian Lindner verfasst hatte. Aus Renate Schmidts Ansicht sei es nun gegeben, "die wichtigsten Dinge noch unter Dach und Fach zu bringen" und dann den Weg für Neuwahlen freizumachen. Sie forderte die Politik auf, mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen – gerade weil wir in einer "Umbruchphase" leben. "Es werden die alten Kämpfe gekämpft und diese alten Kämpfe sind im Moment eigentlich obsolet", sagte sie.

Grüne: Lindner handelte im Parteiinteresse

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Badum aus Bamberg versucht, die Entscheidung als Chance für einen Neuanfang zu sehen, und wirft FDP-Chef Christian Lindner Parteitaktik vor. "Dass Christian Lindner am Tag, an dem Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wird, bereit ist, für seine eigene Profilierung die Koalition zu sprengen, ist extrem verantwortungslos." Er habe Parteitaktik vor Verantwortung für das Land gestellt. "Wir Grüne sind nicht bereit, unsere äußere Sicherheit, die auch in der Ukraine verteidigt wird, gegen sozialen Zusammenhalt und Klimaschutz auszuspielen, wie es die FDP wollte", so Badum.

Ihre unterfränkische Parteikollegin Manuela Rottmann vermisst ein Einlenken in den Haushaltsfragen. Von Seiten der Grünen habe es Kompromissangebote gegeben. Grünen-Politiker Niklas Wagener aus Aschaffenburg sieht die Entlassung Christian Lindners deshalb als "folgerichtigen Schritt". Auf regionaler Ebene habe er die Zusammenarbeit mit der FDP jedoch immer geschätzt, sagt Wagener.

Union fordert sofortige Vertrauensfrage

Für die CSU und ihre Schwesterpartei CDU ist der geplante Zeitpunkt für das Stellen der Vertrauensfrage, nämlich Mitte Januar, zu spät. Die Unions-Politiker fordern unisono, dass bereits jetzt in dieser Hinsicht gehandelt wird. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber aus der Nähe von Schweinfurt teilt die Haltung der Unionsfraktion, wonach sich Bundeskanzler Scholz mit der Vertrauensfrage nicht bis kommenden Januar Zeit lassen sollte. Im Gespräch mit BR24 sagte sie: "Ich bin im Moment nicht der Ansicht, dass wir mit der SPD und mit den Grünen zu den Entscheidungen kommen, die unser Land jetzt braucht."

Ähnlich äußerte sich der Nürnberger CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Frieser: "Scholz, der mit seinem kleinkarierten Einschlagen und seinen ziellosen Ausführungen wieder gezeigt hat, dass er nicht das Format zum Kanzler hat, denkt er könne die Vertrauensfrage bis Januar hinauszögern und unser Land derweil tiefer in die Krise lenken. Die Vertrauensfrage muss nächste Woche gestellt werden, um Wahlen im Januar zu ermöglichen. Vorher sind wir nicht zu Gesprächen bereit!"

FDP: Weiter für Verantwortung bereit

Der Bayreuther FDP-Abgeordnete und medienpolitische Sprecher der Partei, Thomas Hacker, schrieb auf X: "Wir haben Vorschläge für eine Wirtschaftswende vorgelegt, um unser Land wieder auf Erfolgskurs zu bringen. […] Unsere Vorschläge wurden von SPD und Grünen nicht einmal als Beratungsgrundlage akzeptiert. Die Freien Demokraten sind unverändert bereit, Verantwortung für dieses Land zu tragen. Und wir werden dafür kämpfen, dies in einer anderen Regierung im nächsten Jahr auch zu tun".

Der Aschaffenburger Karsten Klein, der Landesgruppenchef der FDP im Bundestag, spricht von einer "sehr entscheidenden Situation" für seine Partei. Die FDP stehe weiterhin zu den wirtschaftspolitischen Vorschlägen ihres Parteichefs. Auch er spricht sich für zügige Neuwahlen aus. Auf X bekräftigte Klein noch einmal die Haltung seiner Partei: "Deutschland braucht eine Wirtschaftswende. Wir müssen die wirtschaftliche Dynamik jetzt entfachen. Schade, dass Scholz + Habeck wieder nicht die Kraft dafür hatten".

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