Drei Frauen stehen vor der Theke im Dillinger Caritas Zentrum. Eine ehrenamtliche Tafel-Mitarbeiterin bedient die Kundinnen.
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Ausgabe bei der Tafel im Dillinger Caritas Zentrum.

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"Armut hat keine Lobby": Dillinger Tafel mit großen Geldsorgen

"Armut hat keine Lobby": Dillinger Tafel mit großen Geldsorgen

Die Dillinger Tafel ist wie andere Tafeln in Bayern in Geldnöten. Der Einrichtung fehlen rund 70.000 Euro, erst ein Drittel der jährlichen Ausgaben sind gedeckt. Die Tafel ruft deshalb zu Spenden auf. Gleichzeitig steigt die Zahl der Bedürftigen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Schon eine halbe Stunde vor Öffnung hat sich eine lange Schlange vor der Ausgabestelle der Dillinger Tafel gebildet. Familien, Alleinstehende und viele ältere Menschen warten hier, alle eine Tüte in der Hand. Ja, das helfe ihm im Alltag ungemein, sagt ein Familienvater. Ein junger Mann nickt: Gerade jetzt am Ende des Monats, sei das eine extrem große Erleichterung. "Und um ehrlich zu sein, die Weihnachtszeit macht es nicht leichter. Da überlegt man dann, ob man was zum Essen kauft oder doch ein Geschenk für die Schwester", fährt er fort. Er sei sehr dankbar für die Tafel.

Viereinhalb Tonnen Lebensmittelspenden

Drinnen sind ehrenamtliche Helfer gerade dabei, den Eingangsbereich des Caritas-Zentrums in die Ausgabestelle der Tafel zu verwandeln. Sie schieben Regale herein und füllen diese mit Brot, Käse, Gemüse, Duschgel und vielem mehr. Schon am Tag zuvor haben sie die Lebensmittelspenden bei Discountern und Geschäften im Landkreis Dillingen abgeholt. Rund viereinhalb Tonnen kämen da jede Woche zusammen, sagt Koordinator Alois Kleebauer. Am Ausgabetag wird vormittags alles für die vier Ausgabestellen im Landkreis Dillingen aufgeteilt.

Caritas Dillingen auf Spenden angewiesen

Das Abholen, Verteilen und Ausgeben der Lebensmittel übernehmen Ehrenamtliche. Dennoch ist die Tafel auf Geldspenden angewiesen, sagt Caritas Geschäftsführer Alexander Böse. Die Räume kosten Geld, die Kühlzelle Strom, die Kühlfahrzeuge mussten angeschafft werden und brauchen Sprit. Insgesamt kommen so etwa 100.000 Euro im Jahr zusammen. Das wird aus Geldspenden finanziert. Heuer hat die Caritas Dillingen aber erst 30.000 Euro erhalten und deshalb einen Spendenaufruf gestartet.

In diesem Jahr hätten viele für die Opfer des Hochwassers gespendet. Auch das sei natürlich sehr wichtig gewesen, betont Böse. Ohne Spenden aber könnten die Tafeln im Landkreis Dillingen ihre Arbeit nicht aufrechterhalten. Doch Armut, so Böse, habe keine Lobby.

Tafeln vor großen Herausforderungen

Auch bei der Tafel in Nördlingen im Nachbarlandkreis Donau-Ries geht man davon aus, dass die bisher eingegangenen Spenden nicht reichen. Hier hofft man auf Spenden von Unternehmen oder Stiftungen. In Günzburg müssen wöchentlich zehn bis 20 Personen abgewiesen werden. Spenden von Einzelpersonen seien wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten zurückgegangen. Außerdem besteht ein weiteres Problem: Die Räume, in denen die Tafel untergebracht ist, wurden beim Hochwasser überflutet und müssten renoviert werden, so Mathias Abel vom Caritasverband Region Günzburg/Neu-Ulm.

Zahl der Tafelberechtigten steigt

Im Landkreis Dillingen haben rund 800 Menschen einen Ausweis für die Tafel. Weil es immer mehr wurden, hat die Caritas Dillingen, der Träger der Tafel, neue Kriterien aufgestellt, um die Bedürftigkeit festzustellen. Vorher hatte jeder, der Bürgergeld bezogen hat, automatisch auch einen Tafelausweis, darunter auch Geflüchtete aus der Ukraine. Die Zahl der Berechtigten stieg auf weit über 1.000, die Ehrenamtlichen stießen an ihre Grenzen. Nun überprüft eine hauptamtliche Kraft, wer wirklich berechtigt ist, zur Tafel zu kommen. Auch wenn so die Zahl der Berechtigten auf 800 zurückgegangen sei, liege die aktuelle Zahl höher als noch vor zwei Jahren.

Für ein paar Tage werden die Essenssorgen kleiner

In der Dillinger Tafel haben die Ehrenamtlichen inzwischen mit der Ausgabe begonnen. Jeder Erwachsene muss einen symbolischen Preis von zwei Euro zahlen. Eine ältere Dame steht in der Schlange. Sie sei noch ein "Neuling", geniere sich etwas, hier zu sein. Aber sie habe nur eine kleine Rente: "Wenn es das hier nicht gäbe, hätte ich ein Problem. Ich finde das echt gut". Jetzt ist der junge Mann dran, der seiner Schwester so gerne etwas zu Weihnachten kaufen würde. Vielleicht klappt das jetzt doch, hofft er. Mit den Lebensmitteln, die er gerade bekommen hat, kommt er ein paar Tage über die Runden.

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