Ronja Endres (SPD), Landesvorsitzende und Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz
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"Höcke und seine braunen Spießgesellen": Gillamoos-Highlights

"Höcke und seine braunen Spießgesellen": Gillamoos-Highlights

Hessens CDU-Ministerpräsident Rhein schmeichelt seinem bayerischen Gastgeber. Söder und Aiwanger schimpfen auf die Ampel, Grünen-Politiker Hofreiter schimpft zurück. Die AfD ist nach den Ostwahlen selbstbewusst.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Düster begann der politische Frühschoppen beim Gillamoos – mit Regen, Blitz und Donner. Zwar griffen die Festrednerinnen und -redner tief in die Kiste der Wettermetaphern und beteuerten unisono, dass man sich die Volksfeststimmung davon nicht vermiesen lassen wolle. Doch das Grollen am Himmel passte durchaus zu den Wahlergebnissen vom Vortag in Sachsen und Thüringen, die vor allem bei den etablierten Parteien einen Kater hinterlassen haben dürften.

Versöhnliche Töne sind beim Gillamoos ohnehin rar gesät – und der Ausgang der Landtagswahlen im Osten trug kaum zu mehr Harmonie zwischen den politischen Lagern bei. Und so fuhren die Parteien in Abensberg eine verbale Attacke nach der anderen.

Rhein fordert "Aufnahmestopp aus Terrorregionen"

Im vergangenen Jahr sprach CDU-Chef Friedrich Merz als Gastredner im CSU-Zelt. Diesmal erhielt Hessens Ministerpräsident Boris Rhein eine Einladung der bayerischen Schwesterpartei – und Rhein präsentierte sich als höflicher Besuch. "Deutschland braucht mehr Bayern. Deutschland braucht mehr Gillamoos", sagte Hessens Regierungschef.

Rhein lobte die Staatsregierung für ihr beschlossenes Genderverbot ("Bei uns gilt die deutsche Rechtschreibung und sonst nichts"), für ihre Grenzpolitik ("Brauchen Binnengrenzkontrollen, so wie ihr das in Bayern macht mit der Grenzpolizei") und für die klare Ablehnung der Grünen, mit denen er in Hessen seine Koalition nach der Landtagswahl im Januar nicht fortgesetzt hatte. "Es ging mit den Grünen nicht mehr", sagte Rhein.

Der Bundesregierung attestierte Rhein "grottenschlechte Arbeit", die Ostwahlen seien der Anfang vom Ende der Ampel. Mit Blick auf das Attentat in Solingen sagte der Ministerpräsident: "Wir haben bei der Migration ein ernsthaftes Terrorproblem." Es brauche einen "Aufnahmestopp aus Terrorregionen". Für seinen Amtskollegen Markus Söder fand Rhein warme Worte, er schätze ihn für seine klare Haltung: "Södern statt zögern – das muss das Motto für Deutschland sein."

Söder zur Kanzlerfrage: "Würde mich nicht drücken"

Bayerns Ministerpräsident erwiderte in Richtung Rhein: "Wer hier von der CDU spricht, hat Kanzlerkandidatenformat." Nachdem Söder zu seiner eigenen Gesangseinlage in der Sendung "Inas Nacht" auf die Bühne gelaufen war, sprach er dem Festzelt und der eigenen Partei Mut zu: "Die CSU ist der Platzhirsch, die anderen sind Kleinvieh." Die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen bezeichnete er als "Erdbeben" und "Zäsur". Mögliche Koalitionen mit der Linken oder dem BSW gebe einem "schon ein komisches Gefühl im Bauch". Die aktuelle Lage erinnere ihn ein bisschen an Weimar: "Die Nazis sind auch nicht über Nacht an die Macht gekommen."

Die Ampel habe nicht nur verloren, sie sei eine "rauchende Ruine". Söder forderte einen deutlichen Politikwechsel. Beispiel Länderfinanzausgleich: "Wir sind solidarisch, aber nicht die Deppen der Nation." Beispiel Erbschaftssteuer: Er sei nicht bereit hinzunehmen, dass für eine große Villa in Mecklenburg-Vorpommern weniger Steuern anfielen als für "eine Hundehütte am Tegernsee". Beispiel Asyl: "Wir müssen dieses Asylrecht ändern. Nicht die Gerichte sollen entscheiden, sondern die Politik." Wer für ein Kalifat eintrete, dem müssen die doppelte Staatsbürgerschaft entzogen werden.

Mit Blick auf die Kanzlerkandidatur 2021 fuhr Söder einen Angriff auf den damaligen CDU-Chef Armin Laschet: "Damals war es schlichtweg der falsche Kandidat." Für die nächste Bundestagswahl werde es anders laufen: "Wir werden aus diesen zwei Vorsitzenden einen Kandidaten machen", sagte Söder und meinte sich selbst und CDU-Chef Merz. Dann fügte er hinzu: "Ich würde mich nicht drücken, Verantwortung zu übernehmen."

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Gewohnt angriffslustig - besonders wenn es um die Grünen geht: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger.

Freie Wähler wollen in die nächste Bundesregierung

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger bezeichnete seine Partei als Rezept gegen Extremismus von links und rechts: "Deswegen müssen wir nächstes Jahr in die Bundesregierung und die Roten und die Grünen müssen raus." An der Ampelregierung ließ Aiwanger kein gutes Haar. Die Zuwanderungspolitik der Grünen sei eine "politische Abrissbirne". Die Freien Wähler stünden zum Asylrecht, allerdings nicht dafür "dass ganze Jahrgänge aus Syrien in unsere Dörfer geschleust werden, wo sie uns anlügen, wo sie herkommen, wie sie heißen, wie alt sie sind". Es sei ein Skandal, "dass Bäuerinnen, die 40 Jahre Kühe gemolken haben, weniger Altersgeld kriegt als ein syrischer Asylbewerber".

Beim Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sei "Hopfen und Malz verloren", sagte Aiwanger. Aus Frustration über die Grünen würden viele Menschen AfD wählen. Die Ampelpolitiker seien "die größten Entwicklungshelfer" für radikale Parteien: "Dieses Gruselkabinett Ampel muss auf den Mond geschossen werden", sagte Aiwanger und unterstrich seine bundespolitischen Ambitionen: "Ich glaube längst, dass in Berlin wieder mehr bayerisch gesprochen werden muss, dass wir dort das Land vom Kopf auf die Beine stellen".

AfD sagt "volle Zustimmung zur millionenfachen Remigration"

Bei der AfD herrschte nach den Ergebnissen in Sachsen und Thüringen Euphorie. Die Fraktionschefin im bayerischen Landtag Katrin Ebner-Steiner sagte zum Wetter in Abensberg: "Von dem Regen lassen wir uns nicht abschrecken, das sind nur die Tränen der Altparteien." Die Ampel sei "ausgeschaltet" worden, jetzt gelte wieder "rechts vor links". Die Landtagswahlen hätten "die Uhren auf null gestellt", es sei "der Beginn einer neuen Epoche" gewesen, mit der AfD als Volkspartei. Mit Blick auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr sagte Ebner-Steiner: "Hier in Niederbayern wird die Jagd auf die CSU-Direktmandate eröffnet."

Einen Schulterschluss mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) suchte die AfD-Fraktionschefin nicht. Die neue Partei sei "nur ein Steigbügelhalter der Altparteien." Mit Blick auf die Asyl- und Migrationspolitik sagte Ebner-Steiner: "Wir wollen diese Vielfalt nicht in diesem Land, wir sagen Stopp, wir sagen volle Zustimmung zur millionenfachen Remigration."

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AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner will in Niederbayern "die Jagd auf die CSU-Direktmandate" eröffnen.

Grüne: Kritik an der AfD, an Söder – und an sich selbst

Bei den Ampel-Parteien, die bei den Landtagswahlen im Osten teils dramatische Verluste hinnehmen mussten, war die Gillamoos-Stimmung entsprechend ernst. Johannes Becher, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, forderte bei seiner Rede "Kopf hoch statt Kopf in den Sand". Er betonte: "Wir überlassen kein deutsches Bundesland rechtsradikalen Verfassungsfeinden wie Höcke und Konsorten." Becher hatte auch eine Spitze in Richtung Markus Söder parat: Ihn als Kanzlerkandidat könne man "dem Land nicht antun".

Die bayerische Grünen-Landesvorsitzende Eva Lettenbauer forderte, die AfD zu verbieten. Auch Grünen-Hauptredner Anton Hofreiter ging auf das Abschneiden der AfD in Sachsen und Thüringen ein. Es handle sich um Landesverräter und Faschisten, die sich Russland und China andienten. "Wir müssen uns an die eigene Nase fassen", sagte Hofreiter. Im Kampf für die Demokratie "brauchen wir die anständigen Konservativen. Deswegen sollen wir nicht höhnisch über sie sprechen. Progressive sollten nicht lästern über den alten weißen Mann."

CSU-Chef Söder wiederum erzähle die Unwahrheit über die Grünen, sagte Hofreiter. Die Grünen wollten niemanden zwingen, "Insekten zu fressen", betonte er. "Mit Lügen reibst du die Substanz unserer Demokratie auf, aber wir brauchen auch Markus Söder für die Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaat."

SPD beschwört Tradition: "Haben den Freistaat ausgerufen"

Die bayerische SPD-Landeschefin Ronja Endres sagte zu den Landtagswahl-Ergebnissen und dem Regenwetter am Gillamoos: "Ich glaube, dass der Herrgott selber diesen Himmel geschickt hat." Mit Blick auf den Streit in der Ampelregierung forderte Endres: "Leut, kemma mal zam!" Und sie erinnerte an die Bedeutung der Sozialdemokraten für Bayern: "Wir haben den Freistaat ausgerufen, die Verfassung geschrieben haben wir – und wir regieren hier in über 200 Städten hervorragend."

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer kritisierte den Umgang mit der SPD-geführten Bundesregierung. Sein Gefühl für Gerechtigkeit sei "wahnsinnig gestört", wenn er die Kritik von CDU und CSU an der Ampel höre – dafür, "dass sie in drei Jahren noch nicht geschafft hat, alles wegzuräumen, was die Union ihr hinterlassen hat." Schweitzer forderte für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt, Arbeit sei "die beste Integrationsmaschine". Auch der SPD-Politiker richtete den Fokus auf die AfD: Niemand könne seinen Kindern und Enkeln wünschen, in einem Land zu leben, "das von Höcke und seinen braunen Spießgesellen definiert wird".

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Noch ein Regierungschef in Abensberg: SPD-Ministerpräsident Alexander Schweitzer aus Rheinland-Pfalz.

FDP: Hagen fordert schärfere Migrationspolitik

Die FDP verpasste am Sonntag sowohl in Thüringen als auch in Sachsen den Einzug in den Landtag. Bayerns FDP-Landesvorsitzende Martin Hagen kündigte in seiner Gillamoos-Rede an, seine Partei werde "sehr schonungslos darüber sprechen, wie wir aus diesem Loch wieder rauskommen. Hagen forderte einen anderen Umgang mit der AfD, besonders eine schärfere Migrationspolitik nach dem Terroranschlag von Solingen. "Wir haben offenbar ein Problem mit Menschen, die in Deutschland sind, obwohl sie nicht in Deutschland sein dürften. Und das sind viele." Gleichzeitig wolle er weiter in einem weltoffenen Land leben, betonte Hagen: "Gerade deshalb müssen wir die Migration ordnen."

Christian Dürr, FDP-Fraktionschef im Bundestag, forderte ebenfalls eine "echte Wende in unserer Migrationspolitik". Zum Attentäter von Solingen sagte er: Es könne nicht sein, dass die Landesbehörden in Nordrhein-Westfalen einfach die Hände in den Schoß legen, wenn jemand ausreisepflichtig sei. Die Behörden hätten versagt, betonte Dürr.

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