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CSU contra Freie Wähler: Wer ist der härtere Cannabis-Gegner?

CSU contra Freie Wähler: Wer ist der härtere Cannabis-Gegner?

Kaum haben CSU und Freie Wähler im bayerischen Kabinett gemeinsam den Kampf gegen Cannabis besiegelt, attackieren sie sich gegenseitig: Sie stellen jeweils das Nein des Partners zum Kiffen infrage. Was hinter dem Streit steckt. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

"Legalisierungs-Irrsinn", "unverantwortlich", "politischer Sündenfall", "Gefährdung der Bevölkerung", "schädlich": Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach und Staatskanzleichef Florian Herrmann (beide CSU) reihten am Dienstag ein negatives Attribut an das andere, um ihre Kritik am Cannabis-Gesetz des Bundes zu betonen. Zuvor hatte das bayerische Kabinett beschlossen, Millionen für Kontrolleure auszugeben, um den Cannabis-Anbau maximal zu erschweren. Auch wenn an der Pressekonferenz kein Freie-Wähler-Minister teilnahm, ließen Herrmann und Gerlach keinen Zweifel am Unmut der gesamten schwarz-orangen Regierung über die Teillegalisierung.

Nur wenige Stunden später attackierte die CSU den Koalitionspartner in den sozialen Netzwerken und stellte die Glaubwürdigkeit der Freien Wähler beim Thema Cannabis infrage: "Die Freien Wähler haben bei Cannabis den gleichen Kurs wie die Ampel!", schrieb die CSU auf Instagram und im Kurznachrichtendienst X. In einer Zeit, in der CSU und Freie Wähler die Politik der Bundesregierung als Wurzel allen Übels in Deutschland geißeln, ist ein Ampel-Vergleich so etwas wie die Höchststrafe.

Entsprechend deutlich fällt auf BR24-Anfrage die Erwiderung der bayerischen FW-Generalsekretärin Susann Enders aus: "Es ist eine falsche und populistische Verkürzung durch die CSU und daher schade und eigentlich nicht ernst zu nehmen."

"Freie Wähler im Bund wollen Cannabis"

Die CSU kombinierte ihren Post in den sozialen Netzwerken mit einem Sharepic, auf dem in Großbuchstaben zu lesen ist: "Freie Wähler im Bund wollen Cannabis." Darunter steht ein Zitat aus dem FW-Bundestagswahlprogramm von 2021: "Die Einteilung in weiche und harte Drogen ist veraltet. Daher stehen wir der Legalisierung weiterer Drogen, wie z.B. Cannabis offen gegenüber (...)."

Im Gegensatz dazu präsentiert sich die CSU als die treibende Anti-Cannabis-Kraft: "Wir wollen das Gesetz im Bundesrat noch stoppen und – falls es doch kommt – es härtestmöglich vollziehen", heißt es in dem Post. "Wir" heißt in diesem Fall "CSU" – und nicht "Koalition".

FW-Generalsekretärin Enders, die als Gesundheitspolitikerin ihrer Fraktion im Landtag das Cannabis-Gesetz wiederholt scharf verurteilt hatte, reagiert verärgert auf die CSU-Attacke. "Der Tweet stimmt inhaltlich so nicht, das weiß auch die CSU", betont sie.

Was steht im FW-Wahlprogramm?

Enders verweist darauf, dass der zitierte Satz im Wahlprogramm länger ist. Komplett lautet er: "Daher stehen wir der Legalisierung weiterer Drogen, wie z.B. Cannabis, offen gegenüber, sofern es aus wissenschaftlicher Sicht vertretbar ist und die obigen Verbesserungen bei der Suchtprävention und -behandlung sowie weitere Zusatzmaßnahmen erfolgt sind." Die FW-Politikerin erläutert, den Freien Wählern sei es um den lizenzierten Verkauf an Menschen gegangen, die berechtigt seien, zum Beispiel bei Abhängigkeit oder aus medizinischen Gründen.

Ein Blick ins FW-Bundestagswahlprogramm zeigt, dass die Hauptforderung zur Drogenpolitik eine Entkriminalisierung von Suchtkranken ist: "Wir sehen Sucht nicht als Laster, sondern als Krankheit an." Ein offener, verantwortungsvoller Umgang mit Drogen sei besser als ein heimlicher, verantwortungsloser Umgang mit möglicherweise gepanschten Drogen. Nötig sei eine Mischung aus Aufklärung, Suchtprävention und Hilfsangeboten. In diesem Zusammenhang plädierten die FW sogar für höhere Hürden für den Verkauf und Kauf von Alkohol und Tabak. Im FW-Landtagswahlprogramm 2023 spielte Drogenpolitik keine Rolle.

Freie Wähler stellen Söders Glaubwürdigkeit infrage

Von den Cannabis-Plänen der Bundesregierung distanziert sich Enders erneut. "Keinesfalls ist das, was die Ampel macht, daher unterstützenswert", betont die FW-Gesundheitsexpertin und macht deutlich, dass ihre Partei das Nein zu Cannabis nicht der CSU überlässt. Zugleich stellt sie ihrerseits die Glaubwürdigkeit von CSU-Chef Markus Söder bei diesem Thema infrage: Sie verweist auf ein älteres Welt-TV-Interview, in dem Söder sich offen für eine Freigabe gezeigt haben soll. Enders betont dazu: "Die eigentliche Frage ist doch, welches Spiel die CSU jetzt spielt und wie sprunghaft Markus Söder in seiner Meinung ist."

Der FW-Landesverband Bayern verbreitete das Söder-Video auf seinen Social-Media-Kanälen und stellte dazu den Satz: "2018: CSU in einem Boot mit Grünen und für Cannabis-Freigabe." Auf den Ampel-Vergleich folgt also der Konter mit Grünen-Parallele – Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Söder: Kiffer-Fans "nach Berlin und nicht nach Bayern"

In dem Interview aus dem Landtagswahlkampf 2018 warf Söder den Grünen vor, nur für Verbote zu sein – für Fahrverbote, Polizeiverbot, Abschiebeverbot. Es gebe nur "einen Punkt, wo sie positiv argumentieren: Das ist die Freigabe von Cannabis. Das ist das Einzige", sagt der CSU-Chef und nuschelt noch: "Was ich auch nicht ablehne."

Söder selbst versicherte schon vor zehn Tagen in der ARD-Sendung "Caren Miosga", dass es sich dabei "klar" um einen Versprecher gehandelt habe: "Ich wollte nur einen Widerspruch aufdröseln, dass die Grünen immer gegen alles sind – und da sind sie für was." Die Sorge, dass er wegen des Videos als Cannabis-Befürworter gelten könne, zeigte Söder nicht: "Da, glaube ich, ist meine Position zu klar." Einmal mehr kritisierte er das Cannabis-Gesetz. "Wir werden es richtig restriktiv anwenden. Deswegen meine Empfehlung: Wer ein totaler Kiffer-Fan ist – nach Berlin und nicht nach Bayern."

Europawahlkampf: Ähnliche Klientel

Dass es im aktuellen Disput weniger um das Thema Cannabis gehen dürfte – bei dem CSU und FW in Bayern doch an einem Strang ziehen –, zeigt ein weiterer Blick in die Social-Media-Kanäle beider Parteien. Ein paar Stunden nach dem Video mit der missverständlichen Cannabis-Aussage Söders posteten die bayerischen FW auf X ein warnendes Sharepic zur Europawahl: "Wer CSU wählt, bekommt von der Leyen! Darum Freie Wähler." Später folgte dann ein Zitat, in dem Parteichef Hubert Aiwanger einen Stopp der "unkontrollierten Migration" fordert.

Es vergingen keine zwei Stunden, bis auch die CSU ihr "Nein zu Überforderung und unkontrollierter Zuwanderung" verbreitete. Und CSU-Generalsekretär Martin Huber reagierte dann auch noch auf den FW-Post zur Europawahl: "Eine Stimme für die Freien Wähler ist eine verschenkte Stimme für Bayern. Einfluss für Bayern in Europa hat nur die CSU."

Beide Parteien werben im Europawahlkampf um eine ähnliche Wählerklientel, beide bemühen sich um einen dezidiert bürgerlich-konservativen Kurs - auch um der AfD weniger Raum zu lassen. In diesem Wettstreit setzen die bayerischen Bündnispartner seit Monaten auch auf Reizthemen wie Warnungen vor einem angeblichen "Genderzwang" oder "Fleischverbot". Themen, bei denen CSU und Freie Wähler allerdings genauso einer Meinung sind wie bei ihrem Nein zur Cannabis-Legalisierung. Um sich trotzdem im Kampf um Wählerstimmen voneinander abgrenzen zu können, suchen beide offenbar einen Ausweg im gezielten Missverständnis.

Zum Audio: Staatsregierung will Cannabis-Anbau strikt kontrollieren

Symbolbild: Cannabispflanzen wachsen in einem Blüteraum
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Symbolbild: Cannabispflanzen wachsen in einem Blüteraum

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