Steinach in Thüringen liegt nur rund zehn Kilometer von der ehemaligen innerdeutschen Grenze entfernt. Auf dem Marktplatz der Stadt hat die Sprachwissenschaftlerin Jasmin Pfeifer in den vergangenen Tagen Menschen aus Steinach über ihre Sprachgewohnheiten befragt. In einem hochmodernen Sprachmobil konnten die Steinacher anschließend Texte vorlesen, die jetzt ausgewertet werden sollen.
"Wir fühlen uns mehr als Franken"
Der Andrang auf dem Marktplatz von Steinach ist groß. Viele Bürgerinnen und Bürger wollen an der Studie teilnehmen. Auch Holger Greiner, der in Steinach geboren und aufgewachsen ist, füllt den Fragebogen aus und erzählt über seine Sprachgewohnheiten. Er wisse, dass der "Stänichä Dialekt" eher dem Itzgründischen zugewandt ist, als dem Thüringer Dialekt. Itzgründisch, eine Form der fränkischen Sprache, habe man früher vorwiegend im Bereich des ehemaligen innerdeutschen Grenzbereichs gesprochen. "Wir fühlen uns mehr als Franken, das war schon immer so", sagt Holger Greiner, der in Steinach eine kleine Brauerei betreibt.
Rund 3.000 Menschen leben derzeit noch in Steinach, früher waren es fast doppelt so viele, erzählt Bürgermeister Ulrich Kurtz (parteilos). Gerade die älteren Einwohner würden noch sehr starken Dialekt sprechen. Sprachwissenschaftlerin Jasmin Pfeifer berichtet aber auch davon, dass viele junge Menschen an der Studie teilgenommen hätten. "Hier wird deutlich, dass die Jugend auch 'Stänichä Dialekt' spricht, aber eben schon wieder in einer anderen Form." Sprache verändert sich, sagt Jasmin Pfeifer und das merke man gerade bei den Jugendlichen. Die junge Generation spreche mehr hochdeutsch: "Sie können aber umswitchen und 'Stänichä' sprechen."
Hochmodernes Sprachlabor aus den Niederlanden
Die Bäckerin Brigitte Luthardt war nach der Grenzöffnung mit ihrem Verkaufswagen oft in Coburg auf dem Wochenmarkt. Sie habe sofort gemerkt, dass man sich mit den Coburgern gut im Dialekt unterhalten könne. Noch heute spricht sie mit ihren Enkeln, die in Frankreich leben und mehrsprachig aufwachsen, oft "Stänichä Dialekt". Das sei ihr wichtig, erzählt die Rentnerin, denn es gehe darum, den Dialekt auch zu erhalten. Oftmals müsse sie aber auch übersetzen, denn was ein "Wichskästla" ist, wissen dann wohl nur die eingefleischten Steinacher. Ein Kästchen, in dem sich Dinge zum Schuhe putzen befinden, erklärt sie der Sprachforscherin. Klar, Schuhe werden gewichst, also mit Schuhcreme gepflegt.
Neben dem Ausfüllen von Fragebögen können die Teilnehmer der Studie auch Texte in einem Sprachlabor vorlesen, das in einem Bus integriert ist, der von einer Universität aus den Niederlanden angefordert wurde. Ausgestattet mit hochmoderner Studiotechnik ist es hier möglich, gelesene Texte in guter Sprachqualität aufzuzeichnen, um sie später auswerten zu können. So setzt sich auch Bäckerin Brigitte Luthardt in das Sprachmobil und liest einen Text, der vor ihr auf dem Monitor angezeigt wird. "Im Winder fliegn die druggna Blädder in der Lüft rum." Gekonnt und authentisch liest Brigitte Luthardt in "Stänichä Dialekt" vor.
Auswertung mit Studierenden der Uni Düsseldorf
Sprachwissenschaftlerin Jasmin Pfeifer hat familiäre Beziehungen nach Steinach in Thüringen. So kam das Projekt zustande und wird in den kommenden Wochen und Monaten auch Studierende der Universität Düsseldorf beschäftigen. Sie werden die Fragebögen und Sprachaufnahmen auswerten, die dann in die Studie einfließen. Schon heute steht für die Sprachwissenschaftlerin fest: Der "Stänichä Dialekt" ist eine Variante des Fränkischen.
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