Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei einem gemeinsamen Termin Mitte April.
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Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei einem gemeinsamen Termin Mitte April.

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Warum es zwischen Söder und Aiwanger wieder krachen könnte

Warum es zwischen Söder und Aiwanger wieder krachen könnte

Rund 40 Prozent holt die CSU bei der Europawahl in Bayern, wie 2019. Parteichef Söder lenkt den Blick schnell auf die Freien Wähler und seinen Konkurrenten Aiwanger. Der dürfte für seinen Bundestags-Traum bald wieder lauter werden. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Kurz nach den ersten Zahlen zur Europawahl beantwortet Markus Söder in der ARD sicherheitshalber eine Frage, die ihm gar nicht gestellt wurde. Der CSU-Chef hat gerade das Ergebnis seiner Partei in Bayern, rund 40 Prozent, als "sehr gut" bezeichnet, als Votum gegen die Ampel-Bundesregierung. Die Christsozialen seien "der stabile demokratische Anker" angesichts deutlicher Verluste anderer demokratischer Parteien.

Dann sagt Söder: "Man kann natürlich die Landtagswahl nicht mit der Europawahl vergleichen." Das sehe man an den Freien Wählern, deren "nationale, überregionale Träume relativ geplatzt sind".

Söder lenkt den Fokus auf die Freien Wähler

Söder will sich also nicht lange aufhalten mit der Frage, wie viele Abgeordnete die CSU im nächsten Europäischen Parlament genau vertreten werden. Er lenkt den Fokus auf den bayerischen Hauptgegner im bürgerlich-konservativen Milieu: Hubert Aiwangers Freie Wähler (FW), Koalitionspartner der Christsozialen im Freistaat. Bundesweit liegen die FW bei der Europawahl erneut unter drei Prozent.

Lauscht man Söders selbstbewusster Erleichterung am Abend der Europawahl, ist schnell klar: Die CSU sieht durch die Ergebnisse der Europawahl die Machtverhältnisse im Freistaat in ihrem Sinne stabilisiert.

Weber zeigt: Es gibt eine Alternative zur Methode Söder

Bei der Europawahl ging es in der CSU auch um ein innerparteiliches Kräftemessen. Ministerpräsident Söder hat vor acht Monaten mit 37 Prozent die Landtagswahl gewonnen – mit minimalen Verlusten. Auch Europawahl-Spitzenkandidat Manfred Weber hat jetzt im Vergleich zu 2019 leicht verloren. Damals hatte er jedoch realistische Chancen, EU-Kommissionschef zu werden. Dass Weber jetzt auch ohne diese Aussicht rund 40 Prozent für die CSU holt, ist bemerkenswert.

Söder und Weber betreiben Politik und Wahlkampf auf sehr unterschiedlichem Temperaturniveaus. Söder versteht es routiniert, Bayerns Bierzelte zum Kochen zu bringen und liefert sich in dieser Disziplin gerne einen Wettstreit mit FW-Chef Aiwanger. Weber hat es auf diesem Terrain schwerer. Applaus gibt’s für ihn vom CSU-Publikum schon, die Herzen fliegen ihm zwischen Schweinshaxen und Maßkrügen aber nur selten zu.

Söder hat schon recht: Landtags- und Europawahlen sind schwer zu vergleichen. Dennoch hat Weber gezeigt: Zumindest bei überregionalen Wahlen braucht es für CSU-Erfolg nicht zwingend die Methode Söder. Akut dürfte sich an der innerparteilichen Machtverteilung wenig verändern. Die Musik spielt für die CSU zuallererst in Bayern. Und dort bleibt Söder bis auf Weiteres die dominante Figur. Sollte sich das ändern, ist Weber nach wie vor im Kreis möglicher Nachfolger.

Freie Wähler legen zu – aber spürbar nur in Bayern

Ausruhen wird sich der bayerische Ministerpräsident auf dem Europawahlergebnis ohnehin nicht können. Schließlich könnte sein Koalitionspartner bald für ordentlich Trubel im Freistaat sorgen. Die Freien Wähler gewinnen in Bayern bei der Europawahl im Vergleich zu 2019 zwar leicht hinzu und dürfen sich über einen weiteren Abgeordneten in Brüssel freuen. Allerdings liegt die Aiwanger-Partei im Freistaat mit 6,8 Prozent meilenweit hinter ihrem Landtagswahlergebnis im Oktober (15,8 Prozent).

Auch hier gilt: Landtagswahlen sind keine Europawahlen. Allerdings muss Aiwanger das bundesweite Ergebnis von diesem Sonntag Sorgen machen: 2,7 Prozent sind mit Blick auf einen möglichen Einzug in den Bundestag deutlich zu wenig. Doch genau das ist Aiwangers Mission – die Freien Wähler ab Herbst 2025 im deutschen Parlament.

Aiwangers Berlin-Ambitionen: Neuer Ärger in Bayern?

In der CSU war das in der jüngeren Vergangenheit ein durchaus kursierendes Horrorszenario: Die bundesweit antretenden Freien Wähler mit Aiwanger an der Spitze holen bei der Bundestagswahl mehr als fünf Prozent – und die nur in Bayern antretende CSU landet umgerechnet auf Deutschland unter dieser entscheidenden Hürde. Aiwanger als Abgeordneter eines Bundestags, in dem wegen des verschärften Wahlrechts kein einziger CSU-Abgeordneter sitzt? Es wäre eine gewaltige Schmach für die stolzen Christsozialen.

Die Europawahlergebnisse liefern wenig Futter für ein solches Szenario – an Aiwangers Ambitionen dürfte das aber nicht ändern. "Wir werden natürlich einen Bundestagswahlkampf ganz anders führen als diesen Europawahlkampf", kündigt der FW-Chef am Sonntagabend sofort an. Bei der CSU könnte man das als Drohung verstehen. Nachdem die schwarz-orange Koalition in Bayern die neue Legislatur mit mehreren öffentlichen Scharmützeln gestartet hatte, verliefen die vergangenen Monate recht geräuscharm.

Klar ist in jedem Fall: Die Frage, ob die Freien Wähler der Fünf-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl 2025 nahe kommen können, wird maßgeblich in Bayern entschieden. Aiwanger braucht Profil, gerade im Vergleich mit der CSU. Gut möglich also, dass die Dezibel-Messgeräte innerhalb der Koalition bald wieder stärker ausschlagen.

Europawahl 2024: So hat Bayern gewählt

Grüne verlieren selbst in München, SPD unter zehn Prozent

Für die bayerischen Landesverbände der drei Ampel-Parteien sind die Ergebnisse im Freistaat unterdessen ernüchternd, genau wie bundesweit. Die Grünen verlieren rund sieben Prozentpunkte im Vergleich zu 2019, landen am Ende bei rund 12 Prozent. Selbst in der Stadt München, wo die Grünen bei der Landtagswahl noch drei Stimmkreise direkt gewinnen konnten, liegen sie laut dem vorläufigen Ergebnis hinter der CSU (23,7 zu 27,1 Prozent). "Eine ganz andere gesellschaftliche Lage" gebe es heute im Vergleich zu 2019, sagt Katharina Schulze, bayerische Grünen-Fraktionschefin im Landtag. Was aus dem Ergebnis für die Partei folgt, werde man "aufarbeiten und nacharbeiten".

Bayerns SPD hat sich offenbar unter zehn Prozent eingerichtet. "Ich weiß genau, dass unser Weg der richtige ist", erklärt Spitzenkandidatin Maria Noichl trotzdem. Die SPD verteidige seit 160 Jahren Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Sie wisse genau, "dass wir nichts an den Themen ändern müssen", sondern sie höchstens besser erklären. Anders klingt das bei FDP-Spitzenkandidat Phil Hackemann, der mit den Liberalen in Bayern rund vier Prozent holt: Die Ampel, sagt Hackemann, habe "keinen Rückenwind gegeben für diesen Europawahlkampf".

Die AfD hat auch im Freistaat inzwischen offenkundig eine Stammwählerschaft. Mit rund 12 Prozent liegt sie zwar deutlich unter ihrem bundesweiten Ergebnis, legt im Vergleicht zu 2019 aber trotzdem um mehr als drei Prozentpunkte zu. Und das, obwohl mit Spitzenkandidat Petr Bystron der frühere bayerische AfD-Landeschef mit mehreren Skandalen konfrontiert ist. CSU-Chef Söder beklagt am Wahlabend, das nationale AfD-Ergebnis sei zu hoch – das bleibe ein "harter Arbeitsauftrag".

Kanzlerkandidat der Union: Merz – oder doch Söder?

Schließlich noch ein Punkt, um den es bei dieser Europawahl um ein paar Ecken gedacht auch geht: Wer wird eigentlich Kanzlerkandidat der Union bei der nächsten Bundestagswahl? Noch immer ist offen, ob CDU-Chef Friedrich Merz als Favorit auch am Ende durchsetzt – oder ob nicht doch Söder seine Außenseiterchance nutzt.

Den Europawahl-Abend können beide in ihrem Sinne deuten: Söder betont, dass die CSU das beste Einzelergebnis geholt habe. Merz betont, dass die Union mit großem Abstand auf Platz eins unter den deutschen Parteien sei. Weit wichtiger für die K-Frage der Union dürften die Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September bleiben. Dass die AfD bei der Europawahl in den Ost-Bundesländern deutlich stärkste Kraft geworden ist, macht es für Merz und die CDU-Landesverbände dort nicht leichter. Söder wird das aus sicherer Entfernung beobachten.

Im Video: BR-Wahlexperte Andreas Bachmann stellt bei BR24 das vorläufige Endergebnis vor und analysiert dieses

BR-Wahlexperte Andreas Bachmann stellt bei BR24 das vorläufige Endergebnis vor und analysiert dieses.
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BR-Wahlexperte Andreas Bachmann stellt bei BR24 das vorläufige Endergebnis vor und analysiert dieses.

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