Einen gelungeneren Start hat es wohl selten gegeben für ein Oktoberfest. Laut Polizeiangaben strömten am ersten Wiesn-Wochenende rund eine Million Menschen aufs Festgelände – auch, weil das Wetter schöner hätte nicht sein können: Die einzige bemerkenswerte Wolke stammte von einem Kunstflieger, der am Samstag ein Herz in den ansonsten blauen Himmel zauberte. Ein Überblick über das erste Wiesn-Wochenende.
Der Auftakt: Rennen oder Warten?
Das Oktoberfest lebt auch davon, dass gerne jedes Jahr etwas Neues stattfinden darf - aber entscheidende Dinge sollen bittschön so bleiben, wie sie (angeblich) immer schon waren. Der traditionelle "Run" zum Beispiel am Eröffnungstag: Freunde des Neun-Uhr-Galopps aufs Festgelände hatten die Sorge gehabt, die angekündigten strengeren Kontrollen könnten den Wettlauf ausbremsen. Doch kontrolliert wurde einfach vorher in der Schlange und der erste Traditionsbruch war vermieden: Die Leute konnten rennen wie eh und je.
Der Anstich: Routine und Überraschung
Auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte nicht vor, an den entscheidenden Dingen etwas zu ändern. Er versenkte den Zapfhahn beim Anstich wie zuletzt immer mit nur zwei Schlägen im ersten Fass Wiesn-Bier. Für den ersten Traditionsbruch hatte da schon der bayerische Ministerpräsident Markus Söder gesorgt, der überraschenderweise zum ersten Mal in kurzer Lederhose im Schottenhamel-Festzelt erschienen war. Beim Trachten- und Schützenzug am Sonntag setzte er im wahrsten Sinne des Wortes noch eins drauf und trug sogar einen Trachtenhut.
Der Trachten- und Schützenzug: Geballte Tradition
9.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, zwei Stunden, sieben Kilometer: Der Trachten- und Schützenzug am Sonntag war wie jedes Jahr ein Fest für alle Freunde von Tracht und Tradition. Das "Münchner Kindl" ritt hoch zu Ross, gefolgt von Trachten- und Blasmusikvereinen, Schützen- und Tanzgruppen, Jagd- und Fischereiverbänden und den Festgespannen der Münchner Brauereien - sogar ein Steinadler war dabei. Und weil die Wiesn zwar ein Fest für die Welt, aber auch für die Münchner ist, platzierten Anwohner Biertische auf der Strecke und genossen das Spektakel bei einer Brotzeit.
Die Stimmung: Geht nicht besser
Wo man auch hinhörte auf der Wiesn: Die Leute waren glücklich. "Megageil", brüllte ein begeisterter Besucher im Schottenhamel-Festzelt. "Die Wiesn, die 5. Jahreszeit! Das ist wie ein zweites Mal Geburtstag! Ich freue mich jedes Jahr, wieder hier zu sein." Ivonne Heckl, Sprecherin der Wiesn-Wirte, schloss sich dem an: "Wir sind genauso begeistert", sagte sie dem BR. "Traumhaftes Wetter, wahnsinnig nette Gäste, eine wahnsinnig schöne Stimmung." Und Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner, beseelt vom "locker-leichtem Gefühl" im Festzelt, fügte hinzu: "Besser hätte es nicht laufen können."
Polizei und Sanitäter: Viel zu tun, aber nicht zu viel
Die Polizeibilanz ist ähnlich erfreulich, wie der stellvertretende Wiesn-Wachleiter Artur Mitterer sagte: "Wunderbar, bisher alles ruhig, alles im Griff, und wir freuen uns auf die nächsten 15 Tage."
Für Polizei und die Besatzung der Sanitätsstation ist die Wiesn vermutlich schon "ruhig", wenn sich zu den üblichen vielen kleineren Problemen nicht noch zu viele große gesellen. 650 Menschen mussten allein am Samstag medizinisch versorgt werden; ein Drittel von ihnen wegen zu viel Alkohol. Immerhin: Das erste "Bieropfer" gab es erst zweieinhalb Stunden nach dem Anstich. Und nicht, wie auch schon passiert, bereits davor.
Die Sicherheit: Wie viel ist möglich?
Jedes Jahr kommt die Frage auf: Wie sicher ist es auf der Wiesn? Polizei und die Stadt München haben ihr Sicherheitskonzept überarbeitet: Strengere Einlasskontrollen auch mit Hand-Detektoren sollen Messer, Waffen, Glasflaschen oder Cannabis auf dem Gelände verhindern. Die Menschen nehmen es gelassen und positiv. "Die Stadt hat das ganz gut gemacht in Zusammenarbeit mit der Polizei, da fühlt man sich schon sicher", sagt ein Besucher, und ein anderer ergänzt: "Ich finde auch richtig, dass mehr kontrolliert wird. Umso sicherer sind wir hier auf der Wiesn."
Jugendlicher mit mehreren Plomben Kokain am Eingang gefasst
Tatsächlich haben die Einlasskontrollen am ersten Wiesn-Wochenende zu einigen Anzeigen geführt. Wie die Polizei mitteilte, schlug etwa bei einem 32-jährigen Besucher der Metalldetektor an. Der US-Amerikaner hatte ein verbotenes Einhandmesser in der Hosentasche. Er wurde ebenso angezeigt wie ein 16-Jähriger aus dem Landkreis München. Die Kontrolle hatte bei dem Jugendlichen mehrere Plomben mit Kokain und eine Feinwaage zu Tage gefördert. Gegen ihn wird jetzt wegen Verdachts des Drogenhandels ermittelt. Aber auch abseits der Eingänge kam es zu Delikten: In einem Festzelt wurde ein mutmaßlicher Taschendieb geschnappt, in einem anderen Zelt ein Mann, der mit seinem Handy Frauen unter deren Dirndlrock gefilmt haben soll. Die betroffene 32-Jährige und ihre Freundin wandten sich an die Ordner, die wiederum die Polizei riefen. Der Mann wurde festgenommen, angezeigt und schlussendlich gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von mehreren tausend Euro entlassen.
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