Andreas Steinhauser war viele Jahre Jugendseelsorger in Landshut und hat so seine Erfahrungen damit, auf sozialen Netzwerken Bilder von den großen Blumenteppichen zu posten, die er mit Ministranten und Kommunionkindern zu Fronleichnam gelegt hat.
Meistens bekommt man deswegen kritische Briefe, erzählt der Seelsorger: "Dass man den Bienen die Blüten wegnimmt, dass es so schnell vergänglich ist und man das nur für diesen kurzen Zeitraum nutzt."
Im alten Rom, wo der Brauch der Blumenteppiche seinen Ursprung hatte, machte man sich um die Auswirkungen auf Tier und Umwelt tatsächlich noch keine Sorgen. So lange schon gibt es den Brauch, zu festlichen Anlässen Blumen zu streuen.
Blütenteppiche zu Fronleichnam Symbol für die Himmelswiese
In der christlichen Tradition hat der Brauch eine andere Dimension, wie der Theologe Manfred Becker-Huberti erklärt. An Fronleichnam feiern Katholiken die Gegenwart Gottes unter den Menschen in der Eucharistie. Im Zentrum feierlicher Prozessionen steht deswegen die Monstranz, das Gefäß für die Hostien. Die Blumen stehen symbolisch für die "Himmelswiese". "Das ist der Bereich, auf dem Gott schreitet", erklärt der Forscher.
"Und wenn ich das hier auf der Erde nachvollziehe, dann hole ich zwar meinen Gott in diese Welt, aber er berührt nicht die normale Erde, sondern er hat so einen Quasi-Himmel, über den er schreiten kann, der ihn von den Banalitäten dieser Welt abtrennt." Über die Blumenteppiche geht an Fronleichnam teilweise auch der Priester, der die Monstranz mit der Hostie trägt.
Nicht fürs Brauchtum in der Natur "abräumen"
Gott auf diese Weise zu ehren und trotzdem nachhaltig zu agieren, das ist heute vielen Pfarrgemeinden ein Bedürfnis. So gibt es etwa im Erzbistum Freiburg einen eigenen Leitfaden für bienenfreundliche Blumenteppiche.
Die lassen sich durchaus umweltverträglich herstellen, sagt Bernhard Nägele, Agraringenieur und Leiter der Landvolkshochschule im baden-württembergischen Bollschweil: "Unproblematisch sind immer Blüten, zum Beispiel aus dem Hausgarten, die eh nicht von Bienen angeflogen werden, weil sie gefüllt sind oder weil sie gar keinen Nektar haben. Oder manche Rosensorten, die von Bienen nicht angeflogen werden."
Problematisch werde es, wenn Menschen für die Blumenteppiche in der freien Natur "komplett abräumen". Das gefährde die Existenz von Wildpflanzen, sagt Nägele. Zu den Blüten, die ohne Bedenken gesammelt werden können, gehören laut dem Leitfaden Pfingstrosen, Stiefmütterchen, Gartentulpen, Flieder und Geranien.
Ministranten aus Freising: gefärbtes Sägemehl statt Blumen
Aber es gibt noch ganz andere Möglichkeiten, farbenfrohe Fronleichnamsteppiche zu gestalten. Laura Zubek von den Ministranten St. Georg in München-Freising erzählt, wie sie sich zu Fronleichnam behelfen: mit einem Teppich aus Sägemehl. "Was auch einfach nachhaltiger ist, da wir vom Sägewerk die Reste nehmen."
Das Sägemehl, das ansonsten verfeuert wird, bekommen sie dabei kostenlos und färben es bunt. "Wir haben drei alte Badewannen und da wird jeweils ein Sack eingefüllt. Und da muss dann erst mit Farbpulver das Ganze durchmischt werden. Anschließend kommt Wasser hinzu, und dann muss das Ganze noch mal ordentlich mit den Händen vermischt werden", erklärt Laura Zubek. Bei 24 Säcken sei das ein ganz schöner Aufwand.
Landshut: Ministranten pflanzen extra Fronleichnamsbeet
Andreas Steinhauser hat in Landshut ebenfalls Wege gefunden, Fronleichnamsteppiche möglichst im Einklang mit der Natur zu gestalten – auch wenn es immer noch Blüten sind, die dort verwendet werden. Seine Ministranten pflanzen die Blumen dafür einfach extra an.
"Wir haben die das Jahr über auch gepflegt und gehegt. Und das waren dann die Blumen, die wir geerntet haben für den Fronleichnamstag", erzählt der Jugendseelsorger. Dazu bekommen die Jugendlichen überschüssiges Schnittgut von Gärtnereien.
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