Weltweit wird darüber diskutiert, ob und wie Inhalte in den sozialen Medien moderiert werden sollen. Die Plattformen von Meta und X haben mit Verweis auf die Meinungsfreiheit zuletzt Regeln gelockert, unter anderem was möglicherweise diskriminierende Inhalte anbelangt.
So solle es etwa bei Facebook Reformen geben werden: Kleine Verstöße würden in Zukunft erst nach Beschwerden von Nutzern geprüft, Algorithmen sollen nur bei einer höheren Schwelle eingreifen. Die Technische Universität München (TUM) und die University of Oxford haben im Herbst eine Studie zum Thema Moderation in den sozialen Medien gestartet. Am Dienstag wurden die Ergebnisse veröffentlicht. (externer Link)
Studie: Mehrheit für Moderation von Social Media
Dabei zeigt sich: Die Mehrheit der Befragten – 79 Prozent – befürwortet, dass Anstiftungen zu Gewalt in den sozialen Medien gelöscht werden sollen. Nur 14 Prozent wollten hingegen, dass Gewaltandrohungen online bleiben, damit Nutzer etwa mit einer Gegenrede darauf reagieren könnten.
Befragt wurden im Rahmen der Studie im Herbst 2024, also vor Zuckerbergs Ankündigung zur Abschaffung von professionellen Faktenchecks, rund 13.500 Menschen in den USA, Brasilien, Südafrika, Australien und sechs europäischen Staaten wie Deutschland, Schweden oder der Slowakei.
Experte: Menschen wollen Plattformen, die gegen Hass vorgehen
"Die Studie zeigt, dass sich die Mehrheit der Menschen in Demokratien Plattformen wünscht, die gegen Hass und Gewalt vorgehen", so Studienleiter Yannis Theochais von der TUM. Das gelte sogar für die USA, wo eine weit ausgelegte Meinungsfreiheit als besonders hohes Gut zähle.
Einen globalen Konsens gibt es beim Thema Social Media jedoch nicht. "Die Vorstellungen der Menschen hängen stark von kulturellen Normen, politischen Erfahrungen und rechtlichen Traditionen in den jeweiligen Ländern ab", erklärt Spyros Kosmidis, Professor für Politics an der University of Oxford. In jedem Land seien die Voraussetzungen andere. So habe zum Beispiel Australien den Social-Media-Zugang für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren verboten.
Intoleranz und Hass in den sozialen Medien "unvermeidlich"?
Was Intoleranz und Hass anbelangt, hätten viele Menschen resigniert. Sie "haben offenbar den Eindruck, dass sich trotz aller Versprechen, gegen verletzende Inhalte vorzugehen, nichts bessert", so Theocharis von der TUM. Dieser Gewöhnungseffekt sei ein enormes Problem, da so Hass und Gewalt normalisiert würden.
59 Prozent der Befragten denken, dass es unvermeidlich sei, in den sozialen Medien Intoleranz oder Hass ausgesetzt zu sein. 65 Prozent rechnen mit aggressiven Kommentaren, wenn sie ihre Meinung auf den Plattformen äußern. Neben den Plattform-Betreibern sehen die Menschen, etwa in Frankreich und Deutschland, auch die Regierung in der Pflicht, eine sichere Umgebung in den sozialen Medien zu schaffen.
Desinformation als weltweites Phänomen
Ein weiteres Problem in den sozialen Medien ist die Desinformation. Laut der Bundesregierung (externer Link) handele es sich dabei inzwischen um ein weltweites Phänomen, das seit Jahren zunehme. Häufig würden Desinformation und Verschwörungsmythen über die sozialen Medien und Messenger-Dienste geteilt.
Fast die Hälfte der Befragten – rund 44 Prozent – sind der Meinung, dass Menschen in den sozialen Medien Inhalte teilen können sollen, die von der Regierung als falsch angesehen werden. In Deutschland waren sogar 51 Prozent der Befragten dafür, höher ist der Wert nur in Griechenland (59 Prozent), Schweden (56 Prozent) und der Slowakei (54 Prozent). In Großbritannien oder Brasilien liegen die Werte bei rund 30 Prozent.
"Netiquette" und "Dein Argument" bei BR24
Plattform-Betreiber gehen bei der Moderation von Inhalten und Kommentaren verschiedene Wege. Bei BR24 etwa gehen täglich tausende Kommentare über die Website oder die App ein. Das Community-Management-Team liest diese und entscheidet auf Basis der Netiquette, ob sie freigegeben werden oder nicht. So werden etwa Beleidigungen, Beiträge in fremder Sprache oder unbelegte Behauptungen nicht freigeschaltet.
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