Archivbild: CSU-Chef Markus Söder und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz
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Kanzlerkandidatur: Spricht das Alter gegen Merz und für Söder?

CDU-Chef Merz stellt sich selbst die Frage: Könnte er bis 75 oder 80 Kanzler sein? Bis Herbst werde er das prüfen, sagt er im ARD-Interview. CSU-Chef Söder hält sich für "stark und stabil" und betont seine lange Regierungserfahrung - die Merz fehlt.

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Die K-Frage verfolgt Friedrich Merz auch ins ARD-Sommerinterview. Die spannenderen Antworten dazu gibt es am Sonntag aber nicht im Fernsehen, sondern auf dem YouTube-Kanal der "Tagesschau" und auf dem Twitch-Kanal der ARD. Denn im eigentlichen Interview erzählt der CDU-Chef dazu nur Altbekanntes: Gemeinsam mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder werde er im Spätsommer "hinter verschlossenen Türen" eine einvernehmliche Entscheidung treffen. Als er aber beim Online-Format "Frag selbst!" auf User-Fragen aus den sozialen Netzwerken antwortet, lässt sich Merz mehr entlocken.

Ein Nutzer beispielsweise weist auf das Alter des CDU-Vorsitzenden hin: 69 wird er bei der Bundestagswahl sein, bei einem möglichen Einzug ins Kanzleramt wohl schon 70. "Wenn ich es mache", sagt Merz, "dann muss ich auch das gute Gewissen dabei haben, dass ich das physisch und auch geistig kann und durchhalte - und das sollte dann auch nicht nur für kurze Zeit sein." Auf Nachfrage des ARD-Journalisten Markus Preiß ergänzt der CDU-Chef noch, dass er einen Zeitraum von "sechs bis zehn Jahren" im Blick habe.

Kanzler bis 80?

Merz - der als CDU-Chef klarer Favorit auf die Unions-Kanzlerkandidatur ist - muss demnach für sich klären, ob er bis 76 oder gar bis 80 die Kraft haben könnte, als Bundeskanzler die deutsche Politik zu lenken. "Gehen Sie mal davon aus, dass ich darüber sorgfältig nachdenke", versichert der CDU-Politiker.

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder müsste im Fall der Fälle über diese Frage wohl nicht allzu lange nachdenken: Er ist elf Jahre jünger als Merz. Im Kneipentalk "Inas Nacht" bekannte er kürzlich zwar, dass er hypochondrisch veranlagt sei, betonte aber zugleich mit Blick auf eine mögliche Kanzlerkandidatur: "Ich bin ja auch sehr stark und sehr stabil."

Söder: "Ich habe 17 Jahre Regierungserfahrung"

Söder ist am Sonntag ebenfalls in einem TV-Sommerinterview zu sehen, im ZDF. Nach der K-Frage wird der bayerische Ministerpräsident dort ausnahmsweise nicht gefragt, Eigenwerbung betreibt er trotzdem. Bemerkenswert ist vor allem Söders Hinweis: "Ich habe jetzt 17 Jahre Regierungserfahrung mittlerweile. Ich habe dieser Tage nachgeguckt: etliche Jahre als Ministerpräsident, als Finanzminister, vieles andere."

Dass CDU-Chef Merz gar keine Regierungserfahrung hat, gilt als eine seiner Schwachstellen - neben der Tatsache, dass er in Umfragen zuweilen schlechter abschneidet als Söder oder auch als NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, der übrigens immerhin sieben Jahre Regierungserfahrung aufzuweisen hat.

Merz verweist auf Lebenserfahrung

Merz betont im Frag-selbst-Stream der ARD, dass er in Umfragen gemeinsam mit anderen Unions-Politikern "oben in der Spitzengruppe" dabei sei. Die K-Frage werde "auch" nach Umfragen entschieden, aber nicht nur. Kriterien seien "die persönlichen Fähigkeiten, auch die Lebenserfahrung, die Führungserfahrung und ein Bild von Deutschland".

Bei Lebenserfahrung kann Merz (Geburtsjahr 1955) gut elf Jahre mehr ins Feld führen als Söder (Jahrgang 1967), Wüst ist noch jünger (geboren 1975). "Regierungserfahrung" führt Merz nicht als Kriterium an, sondern "Führungserfahrung". "Ich führe zum zweiten Mal die größte Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag, ich habe außerhalb der Politik auch Führungserfahrung", betont der CDU-Vorsitzende. "Also, wir haben unterschiedliche Erfahrung, und das ist ja auch eine gute Sache."

Ob Markus Söder ein guter Kanzlerkandidat wäre? Merz diplomatisch: "Markus Söder ist ein hervorragender Ministerpräsident in Bayern, und wir beide arbeiten eng und freundschaftlich zusammen."

Söder grenzt sich von der Berliner "Blase" ab

Während Merz sich in der ARD für seine Teilnahme an einem teuren Eurofighter-Flug verteidigt, rechtfertigt Söder im ZDF seine vielfältigen Aktivitäten auf Instagram, TikTok und Co - und nutzt das zu einem Seitenhieb auf das politische Berlin. "Ich mache das unter anderem auch, um tatsächlich etwas zu tun, was sehr vielen Politikern abgeht. Dieses Berlin ist doch häufig eine Blase." Mit der Realität der Menschen habe das nicht mehr viel zu tun. Insbesondere junge Menschen fühlten sich von der Politik überhaupt nicht mehr angesprochen. Deswegen sei es wichtig, zu kommunizieren.

Und: Ein bisschen Neid sei auch dabei, vermutet der CSU-Chef. Während andere für viel Geld Influencer einkaufen wollten, habe er selbst "viele Ideen" für die sozialen Medien. Zuletzt feierte Söder auf Instagram mit mehreren Videos, dass er 500.000 Follower habe, einige seiner TikTok-Videos erreichen Millionen Views. "Ich bin gerne in Kontakt mit den Menschen. Denn dieses abgehobene Berlin - da will ich tatsächlich ein Gegenstück zu leisten." Welche Unionspolitiker er konkret zur Berliner "Blase" dazuzählt, lässt Söder offen.

Merz, Söder und die Grünen

Inhaltlich - beispielsweise in der Migrationspolitik - herrscht zwischen Merz und Söder viel Übereinstimmung. Söder betonte zuletzt immer wieder, dass ihn mit Merz viel mehr verbinde als vor wenigen Jahren mit dem damaligen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet, mit dem sich der CSU-Politiker 2021 einen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur geliefert hatte.

Neben Umfragewerten, Regierungserfahrung und Alter könnten dennoch auch inhaltliche Fragen eine Rolle spielen bei der Entscheidung in der Union. Die Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl prognostizierte schon vor Monaten im Kurznachrichtendienst X: "Der Streit um die Kanzlerkandidatur wird in der Union entlang der Frage Schwarz-Grün (Merz) und Schwarz-Rot (Söder) geführt werden. Merz öffnet sich sukzessive Richtung Grüne und Söder baut aktuell seine Gegenstrategie auf."

Söder bekräftigt an diesem Wochenende sein Nein zu Schwarz-Grün. In der "Bild am Sonntag" betont er, nötig sei ein Politikwechsel - und den könne es nur ohne die Grünen geben. Er warnt: "Sollte sich die Union auf Schwarz-Grün festlegen, kommen wir am Ende nicht über 30 Prozent." Merz wiederum sagt im Sommerinterview mit Blick auf die Grünen: "Zwischen demokratischen Parteien muss Kooperation und wenn nötig auch eine Koalition möglich bleiben. Und das muss auch den persönlichen Stil der Auseinandersetzung prägen."

Im Audio: Söders Charmeoffensive

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, singt in der Hamburger Late-Night-Show "Inas Nacht"
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Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, singt in der Hamburger Late-Night-Show "Inas Nacht"

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