Der Fall landete sogar vor Gericht und sorgte bundesweit für Aufsehen. Die TU München lehnte einen Bewerber ab, weil er im Auswahlverfahren seinen Essay mithilfe von Künstlicher Intelligenz erstellt haben könnte – der Aufsatz war zu gut. Das Bayerische Verwaltungsgericht wies den Eilantrag des Bewerbers zurück. Immer wieder sehen sich Studierende an bayerischen Hochschulen dem Verdacht ausgesetzt, bei Abschlussarbeiten oder Klausuren KI-Sprachmodelle wie ChatGPT verwendet zu haben.
Um solche Streitfälle in Zukunft zu vermeiden, will der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) den Einsatz von KI bei Prüfungen im Zuge einer Änderung des Hochschulinnovationsgesetzes regeln. "Künstliche Intelligenz wird nie mehr verschwinden", betont Blume im BR-Interview. "Und deswegen ist klar: Ein Verbot von künstlicher Intelligenz würde nie funktionieren." Daher brauche es an Hochschulen einen "aufgeklärten Umgang" mit KI. Geht es nach Blume, könnte die Verwendung von ChatGPT, Claude, Perplexity und Co. bei Hausarbeiten und auch Klausuren in Zukunft also zum Normalfall werden.
Blume: "Wo der Mensch den Unterschied macht"
In seinem Gesetzentwurf, der in den nächsten Wochen im Kabinett beraten werden soll, will Blume ein grundsätzliches "Verbot verbieten". Es solle deutlich gemacht werden: "Ein generelles Verbot von künstlicher Intelligenz in Prüfungsordnungen macht gar keinen Sinn." Sinnvoller sei es, Prüfungen so zu gestalten, "dass die Dinge abgeprüft und gefragt werden, wo der Mensch den Unterschied macht".
In Zukunft werde auch bei Prüfungen "Kompetenzorientierung" viel wichtiger als die Abfrage von Fakten – also Dingen, "die heute mir jede Suchmaschine oder eben auch jede künstliche Intelligenz im Zweifel genauso gut oder vielleicht sogar besser beantworten kann", sagt Blume dem BR.
TU München: Prüfungsaufgaben anpassen
Die TU München zeigt sich für diesen Weg offen. "Wir wollen die Chancen von KI aktiv nutzen und gleichzeitig die Risiken und Unsicherheiten, die durch KI entstehen können, reduzieren", sagt der Sprecher der TU München, Ulrich Meyer, auf BR-Anfrage. "Unser Ziel ist es, allen Studierenden wesentliche KI-Kompetenzen zu vermitteln. Auch bei Prüfungen kann es zum Teil sinnvoll sein, KI gezielt zur Lösungsfindung einzusetzen."
Wichtig sei, dass die Prüfungsaufgaben entsprechend angepasst werden. "Die Nutzung von KI muss aber jeweils angegeben werden, um hier Transparenz zu gewährleisten." Die TU sei zudem bereits dabei, intelligente Assistenzsysteme und KI-basierte Lern- und Prüfungsumgebungen zu entwickeln. "In vielen Fächern und Forschungsprojekten ist KI bereits jetzt unverzichtbar", betont Meyer. "Und die Bedeutung wird in Zukunft sicherlich noch steigen."
100 Millionen für neue Prozessoren
Die Staatsregierung will Bayern im Zuge ihrer Hightech-Agenda zu einem führenden KI-Standort in Europa machen: 134 neue KI-Professuren wurden geschaffen. "Heute sucht jeder die Experten für Künstliche Intelligenz. Wir in Bayern haben sie schon", betont Blume.
Um die technischen Voraussetzungen zu schaffen, kündigt er an, 100 Millionen Euro aus der Hightech-Agenda in neue Prozessoren und Grafikchips für KI-Modelle zu investieren.
"Wettrennen der Supermächte"
Zugleich räumt Blume ein: Auf dem Feld der KI sei ein "Wettrennen der Supermächte im Gange", mit Investitionen von Hunderten Milliarden, bei dem ein Land wie Bayern nicht mithalten könne. Nötig sei daher eine bundes- und europaweite Investitionsoffensive. "Wir müssen uns mit anderen in Europa vernetzen", fordert Blume. Der CSU-Politiker erinnert an die Erfolgsgeschichte von Airbus: Zweifel am Anfang, jetzt erfolgreichster Flugzeugbauer. Einen solchen "Airbus-Moment" brauche Europa "gerade jetzt so dringend wie nie".
Europa könne es sich nicht leisten, auf KI-Modelle angewiesen zu sein, "die in anderen Teilen der Welt entwickelt wurden und mit Daten gespeist wurden, wo keiner weiß, wo sie herkommen". Für Blume ist es auch eine Frage der europäischen Autonomie, KI-Modelle zu entwickeln, die "unseren Wertvorstellungen" entsprechen.
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