Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat seine Kritik an den Bund-Länder-Beschlüssen zur Migrationspolitik bekräftig. Die Einigung habe zwar Licht, aber "auch viel Schatten", sagte der CSU-Vorsitzende im BR24-Interview. "Und sie kann nicht das letzte Wort gewesen sein." Für eine Begrenzung der Zuwanderung brauche es noch mehr. Neben einer "echten Integrationsgrenze" seien "Zurückweisungsmöglichkeiten an der Grenze" und "möglicherweise eine Änderung des Asyl-Grundrechts" nötig.
Bayern und Sachsen hatten bereits in einer Protokollerklärung zum Beschlusspapier der Ministerpräsidentenkonferenz deutlich schärfere Maßnahmen gefordert als die anderen Bundesländer. Unter anderem verlangten sie, "eine kluge Weiterentwicklung des Verfassungsrechts" zu prüfen. "Ziel muss es sein, dass an der deutschen Grenze jene wirksam zurückgewiesen werden können, die keinen Anspruch auf Schutz haben."
Im BR24-Interview ergänzte Söder, es müsse "noch mal alles auf den Tisch" gelegt werden. Um Zurückweisungen an den Grenzen dauerhaft zu ermöglichen, müsse wohl sowohl das deutsche Grundrecht auf Asyl "ergänzt" werden als auch europäische Regelungen. "Wir müssen eigentlich wieder handlungsfähig werden und sozusagen an den eigenen Grenzen entscheiden können, wer kommt ins Land und wer nicht." Der Ampel-Regierung warf Söder vor, die "extreme Lockerung der Zuwanderungsregeln" führe zu einer Überforderung der Kommunen und der demokratischen Stabilität.
Söder für Entzug der Staatsbürgerschaft in bestimmten Fällen
Zudem erneuerte der bayerische Ministerpräsident seine Forderung nach harten Sanktionsmöglichkeiten gegen Menschen mit Doppelpass, die sich beispielsweise auf Demonstrationen für verfassungsfeindliche Ideen stark machen: "Wer bei uns eine doppelte Staatsbürgerschaft hat und unsere Werte nicht mehr teilt, der sollte diese Staatsbürgerschaft wieder verlieren."
Als positiv wertete Söder, dass es mehr Geld für die Kommunen gebe, dass Asyl-Verfahren beschleunigt werden sollen und Asylbewerber volle Sozialleistungen künftig erst nach 36 und nicht nach 18 Monaten beziehen können. Die Ampel müsse dies nun so schnell wie möglich in den Bundestag einbringen. "Unser Einsatz hat sich gelohnt", sagte der CSU-Politiker, es seien aber "eben nur erste Schritte".
Kritik von Aiwanger - Landkreistag: Kein Durchbruch
Der Freie-Wähler-Vorsitzende und bayerische Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger zeigte sich unzufrieden mit dem Migrationsgipfel. Dieser werde keine deutliche Reduzierung der Zuwanderung bringen, schrieb er im Kurznachrichtendienst X, "vielleicht sogar das Gegenteil".
Auch dem Präsidenten des Bayerischen Landkreistages, Thomas Karmasin, gehen die Beschlüsse nicht weit genug. Es gebe einige "zaghafte Schritte in die richtige Richtung", aber der Durchbruch sei noch nicht geschafft. Um die Kommunen zu entlasten, helfe nur eine Begrenzung der Zuwanderungszahlen insgesamt, sagte er dem BR.
Es sei ein Punkt erreicht, bei dem Geld nicht mehr helfe, beklagte Karmasin, der auch Landrat von Fürstenfeldbruck ist. "Wir haben keine Möglichkeiten mehr, die Menschen unterzubringen, wir stellen Zelte auf und Ähnliches mehr - und in Berlin sieht man wenig Bewegung." Entscheidend sei, dass man schon an den Grenzen schon versuche, die Menschen "wenigstens einigermaßen zu filtern, die hier kein Bleiberecht haben werden". Letztlich ist laut Karmasin eine europäische Lösung nötig.
Ebner-Steiner sieht Erfolg der AfD
Die Fraktionschefin der AfD im Bayerischen Landtag, Katrin Ebner-Steiner, sieht die Ergebnisse des Migrationsgipfels als Ergebnis der Arbeit ihrer Partei. Die starke AfD und die wiederholten Forderungen nach einer Beschränkung der Migration hätten dazu geführt, dass sich Bund und Länder jetzt auf entsprechende Maßnahmen geeinigt hätten, sagte Ebner-Steiner dem BR.
Es sei klar, dass die AfD wirke. "Seit vielen Jahren setzten wir uns exklusiv für den Stopp der illegalen Masseneinwanderung ein. Wir waren immer für schnellere Asylverfahren, für konsequente Rückführungen, aber vor allem für effektiveren Grenzschutz."
Schulze und von Brunn sehen wichtiges Signal
Lob kommt von den Vertretern der Ampel-Parteien in Bayern. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze hält die Gipfel-Einigung für ein "überfälliges Signal der Geschlossenheit". Sie finde es gut, dass der Bund und die Länder diese Entscheidungen gemeinsam getroffen hätten, sagte Schulze dem BR. "Jetzt geht es darum, die Dinge auch umzusetzen und pragmatische Lösungen zu finden." Viele Kommunen seien am Rande der Belastungsgrenze oder darüber hinaus.
Laut Schulze fordern die Grünen seit Monaten von Bund und dem Freistaat Bayern finanzielle Entlastung für die Städte und Gemeinden. Sie sei sehr froh, dass der Bund eine verlässliche Grundfinanzierung zugesagt habe. Allerdings will sich die Grünen-Politikerin damit nicht zufriedengeben. Sie fordert, dass der Freistaat dieses Geld jetzt an die Kommunen weiterleite. So schaffe man den Kommunen den nötigen Spielraum, damit diese zusätzlichen Wohnraum anmieten könne.
Auch der Fraktionschef der SPD, Florian von Brunn, ist mit den Ergebnissen zufrieden. Für ihn "hat es jetzt wirklich Lösungen für dieses schwierige Problem gegeben". Es sei ein wichtiges Signal, dass sich die demokratischen Parteien zusammengefunden hätten. Nächster Schritt: Jetzt müssten die Menschen, die schon hier seien, möglichst bald arbeiten und für ihren Lebensunterhalt aufkommen können.
Flüchtlingsrat besorgt
Der Bayerische Flüchtlingsrat zeigte sich indessen besorgt über die geplanten Leistungskürzungen für Asylbewerber. "Die Asylbewerberleistungen sollen für drei Jahre jetzt gekürzt werden, das ist verfassungsrechtlich bedenklich, glaube ich", bemängelte Stefan Dünnwald vom Flüchtlingsrat.
Asylbewerberleistungen seien ohnehin unterhalb des Bürgergeldes. "Und das ist Existenzminimum. Da darf auch nicht dran geschraubt werden aus Abschreckungsgründen." Das habe das Bundesverfassungsgericht 2012 bereits festgestellt. Dünnwald fügte hinzu: "Das riecht alles von vorne bis hinten nach ziemlicher Willkür."
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