Ein paar Euro aus der Hosentasche kramen und ein Straßenkreuzer-Heft kaufen: Das ist nicht mehr ganz so alltäglich wie noch vor ein paar Jahren. Die Straßenkreuzer-Verkäufer Barbara Berner und Horst Späth erleben in Nürnberg immer häufiger, dass Passanten gar kein Bargeld mehr einstecken haben. Das erschwert den Verkauf von Straßenzeitungen natürlich sehr. Deshalb ist beispielsweise in London, Wien, Hamburg und anderen Großstädten bereits das bargeldlose Zahlen der Sozialmagazine möglich. Die Käufer können einen QR-Code auf dem Ausweis der Verkäufer scannen und darüber die Zahlung anweisen.
Bargeldloses Bezahlen und Digital-Ausgaben
In Nürnberg hat sich der Verein Straßenkreuzer noch nicht endgültig für eine bestimmte Bezahl-App entschieden. Aber das bargeldlose Zahlen wird auch hier kommen. Die Digitalisierung bietet gleichzeitig die Möglichkeit neue Interessenten für das Sozialmagazin zu finden. So postet der Straßenkreuzer-Verein gute Geschichten auf seinen Social Media Kanälen wie Instagram. Darüber hinaus bevorzugen zunehmend mehr Kunden die Digitalausgabe eines Sozialmagazins auf ihrem Handy oder Tablet statt der Printausgabe. Auch das ist in einigen Städten schon möglich: Über QR-Code-Karten, mit denen die Verkäufer die Magazine digital vertreiben, oder über Codes für den Online-Zugang.
Persönlicher Kontakt besonders wichtig
"Was uns in der Zukunft von anderen Medien unterscheiden wird: Wir werden einen guten Online-Auftritt haben, aber die Inhalte soll es weiterhin im persönlichen Kontakt mit Menschen auf der Straße geben. Denn das ist ja der Ansatz eines Sozialmagazins", sagt Straßenkreuzer-Chefredakteurin Alisa Müller. Doch einiges Kopfzerbrechen bereiten ihr die leerer werdenden Innenstädte. Denn für die Straßenkreuzer-Verkäufer stellt sich zunehmend die Frage, an welchen Plätzen sie ihre Kunden treffen können. Die Verkaufsplätze verlagern sich mehr und mehr vor Supermärkte, denn dort sind immer Menschen unterwegs.
Ein bisschen dazu verdienen
Rund 90 Verkäuferinnen und Verkäufer bieten das Sozialmagazin auf den Straßen von Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach an. Damit stocken sie ihre kleine Rente oder das Bürgergeld auf. Für manche ist es die einzige Einnahmequelle. Gleichzeitig übernehmen die Straßenverkäufer eine sinnvolle Tätigkeit und erhalten viel Wertschätzung von ihren Stammkunden. Barbara Berner, die den Straßenkreuzer fast täglich am Leipziger Platz verkauft, hat dadurch auch neue Freundschaften geschlossen.
Idee kam in den 90er Jahren aus den USA
In Nürnberg war der Straßenkreuzer ursprünglich 1994 von Journalisten, Sozialpädagogen und Enthusiasten als einmalige Ausgabe in der Vorweihnachtszeit geplant worden. "Doch das Sozialmagazin kam so gut an, dass daraus mittlerweile eine Erfolgsgeschichte über drei Jahrzehnten geworden ist", sagt Chefredakteurin Alisa Müller. Die Idee eines "Sprachrohrs" für arme und obdachlose Menschen fand Anfang der 1990er Jahre ihren Weg aus den USA nach Europa. So wurden auch in Deutschland zahlreiche Vereine gegründet, die mit einer Straßenzeitung eine Hilfe zur Selbsthilfe für Menschen in sozialer Not bieten wollten.
Straßenkreuzer vor neuen Herausforderungen
"Seit 1994 greifen wir gesellschaftskritische Themen auf, die zeigen, woran es liegt, dass Menschen in Armut leben müssen. Und es kommen Betroffene zu Wort, die sonst nicht so gehört werden", sagt Alisa Müller. Darüber hinaus bietet der Verein mit der Straßenkreuzer-Uni auch ein schwellenfreies Bildungsprogramm an, beteiligt sich an einem Wohnprojekt für obdachlose Menschen und hat ein Pfandflaschen-Sammelsystem etabliert. Es sind im Laufe der dreißig Jahre ständig neue Aufgaben hinzugekommen und auch die Zukunft stellt den Straßenkreuzer Verein vor Herausforderungen.
Jubiläumsausgabe und Ausstellung
Im November feiert der Verein das 30- jährige Bestehen mit einer Jubiläumsausgabe und einer Fotografie-Ausstellung in der Galerie Bernsteinzimmer in Nürnberg. Unter dem Titel „Offene Blende“ zeigen Fotografinnen und Fotografen des Magazins eigene Projekte über soziale Realitäten und Perspektiven. Der Straßenkreuzer erscheint elfmal im Jahr mit jeweils 12.000 bis 18.000 Exemplaren. Die Arbeit wird über Spenden finanziert und überwiegend durch Ehrenamtliche getragen.
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