Das Lob für Markus Söder übernahm der CSU-Chef gleich selbst. "Ich habe ein Versprechen gegeben: dass 2021 sich nicht wiederholen wird. Ich halte Wort – jetzt im Wahlkampf und auch in der neuen Regierung", sagte Söder am Dienstag in Berlin. Gleich mehrfach sicherte er dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz am Nachbarpult – dem frisch ausgerufenem Unions-Kanzlerkandidaten – seine "Unterstützung" zu.
Einen öffentlichen Machtkampf wie zwischen Armin Laschet und Söder 2021 gab es dieses Mal in der Tat nicht. Spricht man mit CSU-Politikern, schwärmen sie von einer Geschlossenheit, die bis zur Bundestagswahl in einem Jahr halten werde. Kann die CDU dem Frieden dieses Mal trauen? Nach der K-Frage stellt sich die L-Frage – die Loyalitätsfrage. Auch wenn die Ausgangslage eine ganz andere ist als 2021: Dass es zwischen CDU und CSU erneut knirschen könnte, zeigt aktuell die Debatte über Schwarz-Grün.
Schwarz-Grün: CSU schlägt andere Töne an
Merz ist zwar skeptisch: Keine andere Partei im demokratischen Spektrum löse bei CDU-Wählern "eine solche Aversion" aus, sagte er in der ARD. Ganz zuschlagen will er die Tür nicht: Sollten die Grünen sich ändern, "können wir schauen". Dagegen sehen die CDU-Ministerpräsidenten von NRW und Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst und Daniel Günther, die mit den Grünen regieren, dies als Modell für den Bund. Wüst rief schon am Montag die Union dazu auf, diesen "Weg der Allianz der Mitte" zu beschreiten, Günther legte kurz darauf nach.
Die CSU will die Tür verbarrikadieren. Ein Bündnis mit den Grünen dürfe es "unter keinen Umständen" geben, bekräftigte Söder kurz nach dem Merz-Interview. "Schwarz-Grün ist ein No-Go, und die CSU wird das verhindern." CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte die CDU vor "Grünen-Koalitionsfantasien".
In Bayern dient diese Strategie der CSU wohl dazu, das Feld der Anti-Grünen-Rhetorik nicht Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu überlassen. Auf Bundesebene ist das Vorgehen aus Sicht des Berliner Politikwissenschaftlers Gero Neugebauer "Unsinn": Möglicherweise werde die Union 2025 um die Grünen nicht herumkommen, sagt er dem BR. Wenn sich für Merz dann die Machtfrage stelle, müsse er "über diese Hürde springen".
Merz "nicht der Hund an der Leine von Söder"
Zugleich zeigen die vergangenen Tage, dass auch Merz vor Belehrungen aus München nicht sicher ist. Als Söder das strikte Nein der CSU zu Schwarz-Grün bekräftigte, fügte er hinzu: "Ich freue mich, dass Friedrich Merz auf dem Weg ist."
Was soll das heißen? Gibt Söder dem Kanzlerkandidaten den Weg vor? Politikwissenschaftler Neugebauer sagt, Merz könne sich das nicht gefallen lassen. Nur noch dieses Wochenende müsse er stillhalten. Sobald ihn am Montag die Vorstände von CDU und CSU offiziell zum Kandidaten küren, gebe Merz die Richtung vor. "Und er muss deutlich machen, dass er nicht der Hund an der Leine von Söder ist."
Was versteht die CSU unter "Unterstützung"?
Auch dem Unions-Kanzlerkandidaten Laschet hatte Söder 2021 vor laufenden Kameras "volle Unterstützung" angeboten. Nur eine geschlossene Union könne erfolgreich sein. In den folgenden Wochen kamen aus München oft Sticheleien. Dies gilt als einer der Gründe dafür, dass in den vergangenen Wochen – anders als 2021 – Rufe prominenter CDU-Politiker nach einer Kandidatur Söders gänzlich ausblieben.
Spricht man mit CSU-Politikern, versichern sie, die Lage sei eine andere als 2021. CDU und CSU seien sich wieder einig. Söder selbst lobte am Dienstag Merz dafür, dass er die CDU beim Thema Migration grundlegend neu ausgerichtet und damit "eine Wunde" geheilt habe. Einen Tag später betonte er das Vertrauen zwischen beiden. "Deswegen ist das ganze Geschnabel drumherum nicht relevant. Am Ende zählt das Wort zwischen Merz und mir. Das ist die Basis. Das ist die Brücke. Und diese Brücke ist steinern und fest."
CSU verärgert über Wüst
Wackelig ist dagegen die Brücke von München zu Wüst nach NRW: Er war am Montagabend vorgeprescht, hatte als Chef des größten CDU-Landesverbands die Kandidatur von Merz gefordert. Wüst betont, sein Vorgehen mit Merz abgesprochen zu haben. Auch der CDU-Chef sagt, Wüst habe ihn vorab informiert.
Die CSU fühlte sich überrumpelt. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek machte seinem Unmut umgehend Luft. Landesgruppenchef Dobrindt spottete am Donnerstag mit Blick auf Wüsts "Verzicht" auf eine Kandidatur: "Der eine oder andere Kollege" beantworte Fragen, "die sich aus meiner Sicht so gar nicht gestellt haben". Es bleibt abzuwarten, wie fest das Fundament der Loyalität der Union ist.
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