Am ersten Tag seiner ersten Präsidentschaft 2017 unterzeichnete Donald Trump ein Dekret. Er wollte die unter Barack Obama eingeführte Gesundheitsreform zurückdrehen. Am ersten Tag seiner zweiten Präsidentschaft unterzeichnete Trump 26 Dekrete. Mittlerweile sind es 38.
Der neue und alte US-Präsident legt ein bemerkenswertes Tempo zu Beginn seiner zweiten Amtszeit vor. Selbst oppositionelle Demokraten bescheinigen ihm und seinem Team, dass sie ihre Hausaufgaben erledigt hätten. Was hat Trump bisher beschlossen? Und kommen seine Pläne durch?
Was hat Trump beschlossen?
Ein großes Politikfeld seiner Dekrete ist Migration. An der Grenze zu Mexiko hat er den nationalen Notstand ausgerufen. Damit werden Gelder frei, um unter anderem den Grenzzaun auszubauen und mehr Soldaten in die Region zu schicken, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. Auch bei Abschiebungen sollen die Behörden stärker durchgreifen.
Zudem hat er per Dekret entschieden, das Staatsbürgerschaftsrecht für Kinder von undokumentierten Einwanderern aufzuheben. Allerdings verstößt das gegen den 14. Verfassungszusatz, weswegen ein Gericht das Dekret aufhob.
Seine Entscheidung, rund 1.200 Gefangene, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten, zu begnadigen, sorgte teilweise auch in den eigenen Reihen für Kritik.
Zölle in Sicht oder nur ein Druckmittel?
Auf internationaler Ebene sind die USA erneut aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten. Das hatte Trump bereits in seiner ersten Zeit getan, Biden hatte es rückgängig gemacht. Beim ersten Austritt hatte es wegen einer Frist gedauert, bis die USA faktisch draußen waren. Dieses Mal wird das bereits nach einem Jahr der Fall sein.
Bei Zöllen war Trump immer wieder durch Drohungen aufgefallen. Bisher hat er aber lediglich Untersuchungen angeordnet, die die Handelssituation beleuchten und gegebenenfalls mit Zoll-Vorschlägen enden sollen. Ob Trump wirklich hohe Zölle einführen will – er sprach teilweise von 25 Prozent für bestimmte Länder – oder ob er blufft und mit der Drohung lediglich gute Verhandlungsergebnisse erzielen will, wird sich vermutlich in den nächsten Wochen zeigen.
Golf von Mexiko wird zum Golf von Amerika
Zudem verordnete Trump den Ausstieg aus der Weltgesundheitsorganisation, für die ohne die USA ein großer Teil der Einnahmen wegbricht. Hinzu kamen skurril anmutende Entscheidungen, wie die Umbenennung des "Golf von Mexiko" in "Golf von Amerika" – Google Maps kam dieser Entscheidung bereits nach. Das Verbot der chinesischen Social-Media-Plattform TikTok setzte Trump vorerst aus.
Des Weiteren unterzeichnete er Dekrete, die Umweltschutzmaßnahmen der Biden-Regierung außer Kraft setzen: Offshore-Ölbohrungen sollen verstärkt möglich sein, Regulierungen zugunsten umweltfreundlicher Technik abgeschafft und die Nutzung fossiler Brennstoffe gestärkt werden.
Angriff auf den Staatsapparat
Auf gesellschaftlicher Ebene soll ein Dekret festlegen, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Außerdem sollen Programme auf Bundesebene, die Diversität und Inklusion fördern, beendet werden. Im Militär sollen keine Transgender-Personen mehr arbeiten dürfen.
Ein weiteres wichtiges Feld für Trump sind Bundesangestellte: Er hat nicht nur einen Einstellungsstopp verfügt und eine Präsenz-Pflicht für sie eingeführt, sondern rund zwei Millionen Mitarbeitern in Ministerien und Bundesbehörden ein Angebot per E-Mail unterbreitet: Wenn sie jetzt freiwillig kündigen, würden sie noch bis Ende September weiter bezahlt werden.
Ziel sei es, nicht nur die Zahl der Staatsangestellten deutlich zu senken, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Beamten, die bleiben, "verlässlich, loyal und vertrauenswürdig" seien, heißt es in der E-Mail. Die Demokraten halten das Vorgehen für einen Trick und eine Art Gesinnungstest. Die Angeschriebenen sollen nicht auf das Angebot reagieren.
Was sagen die Gerichte zu Trumps Dekreten?
Das Dekret, das das Staatsbürgerschaftsrecht bei Geburt in den USA beendet hatte, wurde von einem Gericht bereits einkassiert. Auch andere Dekrete wie das Blockieren von milliardenschweren Bundeszuschüssen zur Gesundheitsversorgung sind bereits Gegenstand von Gerichten. Aber viele seiner Dekrete dürften in Kraft bleiben.
Trump hatte im Wahlkampf viel angekündigt – und nun liefert er. Damit will er nicht nur seine Versprechen wahr machen, sondern auch den Diskurs in den USA bestimmen. Die Demokraten kommen gar nicht dazu, sich an bestimmten Dekreten lange abzuarbeiten, eine Empörungsspirale loszutreten, weil Trump dann schon wieder das nächste Thema auf die Agenda gesetzt hat.
Ex-Trump-Berater: "Flutet den Diskurs"
Er folgt damit dem Credo seines ehemaligen Beraters Steve Bannon. Der sehr rechte Vordenker in den USA fordert stets: "Flood the zone", "flutet den Diskurs" - und er lobte Trump für seine Aktionen jüngst überschwänglich. Bisher scheint die Taktik aufzugehen. Auch wenn es sich bei manchen Maßnahmen um reine Symbolpolitik handelt, wird Trump von Anhängern für seinen Tatendrang gefeiert, während die Demokraten in ihrem Aufruhr hilflos wirken.
Interessant dürfte es werden, wenn Trumps Attacken auf den Staatsapparat dazu führen, dass bestimmte Leistungen nicht mehr verfügbar sind, Menschen monatelang auf einen neuen Pass warten oder nicht mehr Zugang zu Leistungen des Gesundheitssystems haben. Denn das würde auch viele Trump-Wähler betreffen.
💡 Was sind präsidiale Dekrete?
Präsidiale Dekrete ("Executive Orders") sind verbindliche Anordnungen, die ein Präsident an seine Mitarbeiter der Exekutive geben kann. Auch einen nationalen Notstand kann ein Präsident darüber ausrufen. Er selbst oder auch ein Nachfolger kann die Dekrete jederzeit aufheben.
Präsidiale Dekrete sind in der Verfassung festgehalten; sie laufen aber am Gesetzgebungsverfahren im Kongress vorbei, weswegen ihre übermäßige Nutzung umstritten ist. Wenn Dekrete gegen die Verfassung verstoßen, können Gerichte sie einkassieren.
Allerdings könnte der Kongress Dekrete durch ein Gesetz stoppen oder ihre Finanzierung behindern. Der Präsident könnte dagegen sein Veto einlegen, das der Kongress wiederum mit einer Zweidrittel-Mehrheit überstimmen könnte. Da die Republikaner allerdings beide Kammern des Kongresses kontrollieren, hat Trump aktuell keinen Widerspruch zu befürchten.
In seiner ersten Amtszeit unterzeichnete Trump insgesamt 220 Dekrete – mehr als sein Nachfolger Joe Biden (163), aber beispielsweise weniger als Obama (276). Mit seinen 26 Dekreten an Tag 1 hat Trump einen neuen Rekord aufgestellt.
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