Wie kann man Menschen besser vor Hitze schützen? Mit dieser Frage beschäftigte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Freitag (24.5.) auf einer Konferenz mit Experten und Verbänden. "Tausende Menschen sterben jedes Jahr am Hitzetod in einer Zeit, wo wir eigentlich Freude und Urlaub genießen sollten", so Lauterbach. Die sei etwas, woran man sich nicht gewöhnen dürfe. Ziel sei es, die Anzahl der Hitzetoten langfristig zu senken, auch wenn das schwierig sei.
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Westeuropa am stärksten gefährdete Region
Bei Hitze denke man zuerst an Afrika oder Asien, so Lauterbach, aber Westeuropa sei die am stärksten durch Hitzetod gefährdete Region weltweit – weil es hier immer mehr Hitzetage gibt, die Bevölkerung verhältnismäßig alt ist und viele Menschen in Städten leben. "Es hat in den vergangenen zehn Jahren 45 Prozent mehr Hitzetage als im Jahrzehnt davor gegeben", so der Minister. Betroffen seien vor allem Alte, Kranke, Kinder, Schwangere und Menschen, dir ihr eigenes Risiko nicht richtig einschätzten.
Zahl der Hitzetoten jedoch gesunken
Auch deswegen legte der SPD-Politiker vergangenes Jahr einen Hitzeaktionsplan vor. Der setzt vor allem auf öffentliche Hitzewarnungen, Kooperationen mit Hausarztpraxen und Plakat-Kampagnen. Zukünftig soll auch per SMS oder Warn-App vor Hitze gewarnt werden.
Nun wurde ein erstes positives Fazit gezogen: Die Maßnahmen hätten aus Sicht des Gesundheitsministers "schon gewirkt". Lauterbach verwies auf die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI): "Wir haben im letzten Jahr insgesamt 3.200 Hitzetote gehabt, im Jahr davor waren es noch 4.500."
Das RKI weist in seinen Berichten allerdings darauf hin, dass die Werte auch auf die "unterschiedlich ausgeprägten Hitzeepisoden" in den jeweiligen Jahren zurückzuführen seien.
Hitzeschutzplan: Lauterbach sieht "tatsächlichen Effekt"
Lauterbach betont dennoch den positiven Trend. Welche Maßnahmen wie genau wirken, lasse sich zwar nicht zuordnen, so der Minister, einen "tatsächlichen Effekt" sehe er aufgrund der rückläufigen Zahlen aber dennoch: "Was klar gewirkt hat, sind die Plakate, die Warnhinweise, die Schulungen durch die Hausärzte, aber auch die Ansprache in den Pflegeeinrichtungen", sagte der Gesundheitsminister. Diese Maßnahmen beschrieb er als "niedrig hängende Früchte". Eine kausale Analyse wolle man erstellen, wenn zwei Jahre nach Start des Plans vergangen sind.
Zugleich warnte Lauterbach, dass 2024 ein "gefährlicher Sommer" werden könnte, in dem die Europameisterschaft ansteht. Er kündigte an, dass man besonders auf das Thema Hitzeschutz aufmerksam machen und Fußballfans Hilfe anbieten wolle. Entsprechende Kampagnen und Maßnahmen bereite man derzeit vor. Die Europameisterschaft sei auch eine Möglichkeit, verstärkt auf das Thema hinzuweisen.
Wie sich Kliniken und Pflegeeinrichtungen schützen können
Zusätzlich zum bereits bestehenden Hitzeaktionsplan legte Lauterbach gemeinsam mit der Bundesärztekammer und dem "Qualitätsausschuss Pflege" Empfehlungen und Hinweise für Kliniken und Pflegeeinrichtungen vor. Krankenhäuser sollten beispielsweise eine verantwortliche Person für den Hitzeschutz benennen, es brauche mehr Aufklärung für Patienten und bei Neubauten solle der Hitzeschutz mehr in den Fokus rücken. Das Bundesgesundheitsministerium will den Kliniken zudem einen Muster-Hitzeschutzplan zur Verfügung stellen.
Auch in Pflegeeinrichtungen soll es demnach eine verantwortliche Person geben. Zudem sollen pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen mehr für das Thema sensibilisiert werden. Für den Fall einer Hitzewelle wird beispielsweise empfohlen, Kühl-Zonen zu schaffen und Räume abzudunkeln.
Jede vierte Kommune in Bayern hat Maßnahmen unternommen
Das Thema Hitzeschutz beschäftigt derzeit auch die bayerische Landesregierung. Wie das Gesundheitsministerium Bayerns am Freitag mitteilte, gebe es Fortschritte auf kommunaler Ebene. "Jede vierte Kommune in Bayern hat bereits erste Schritte und Ideen für Hitzeanpassungsmaßnahmen unternommen – im Jahr 2023 waren es nur knapp 15 Prozent", erklärte die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU).
Das Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) stelle den Städten und Gemeinden deswegen Informationen zur Verfügung, beispielsweise über eine Toolbox zur Erarbeitung von Hitzeaktionsplänen. Zudem gebe es Workshops zur Vernetzung und eine zentrale Anlaufstelle.
LGL-Präsident: "Rennen offene Türen ein"
Von den Gemeinden in Bayern, die bereits jetzt Pläne für den Hitzeschutz haben, sind die häufigsten Maßnahmen Begrünungen (46 Prozent), der Erhalt von unbebauten Flächen für besseren Luftdurchzug (41 Prozent) sowie das Aufstellen von Trinkwasserspendern (26 Prozent). Das geht aus einer Befragung der Kommunen durch die "Bayerische Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheitsschutz im Klimawandel" am LGL hervor. Bei der Umfrage, die die Kommunen anonym beantworteten, gaben sechs an, bereits über einen eigenen Hitzeaktionsplan zu verfügen oder kurz vor der Fertigstellung zu sein.
LGL-Präsident Christian Weidner erklärte, dass man im stetigen Austausch mit den Kommunen sei. "Dabei rennen wir erfreulicherweise offene Türen ein", so Weidner. "Rund jede dritte Kommune, die an unserer Umfrage teilnahm, gab an, mindestens eine Stelle zu haben, die sich um das Thema Hitzeanpassung kümmert."
Im Audio: Erstes Fazit zum Hitzeaktionsplan
Dieser Artikel ist erstmals am 24. Mai 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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