03.10.2024, Beirut: Menschen räumen Trümmer weg, nach einem Luftangriff auf ein Wohnhaus.
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03.10.2024, Beirut: Menschen räumen Trümmer weg, nach einem Luftangriff auf ein Wohnhaus.

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Israel greift erneut Beirut an – katastrophale humanitäre Lage

Israel greift erneut Beirut an – katastrophale humanitäre Lage

Das israelische Militär greift weiter Ziele im Libanon an. Einwohner sollen mehr als 20 Städte in Süden des Landes verlassen. UN-Generalsekretär Guterres, inzwischen von Israel zur "unerwünschten Person" erklärt, fordert erneut eine Waffenruhe.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die israelische Armee hat am Donnerstag nach libanesischen Angaben das Zentrum von Beirut aus der Luft angegriffen. Sechs Menschen seien getötet worden, erklärte das libanesische Gesundheitsministerium.

Zuvor hatte die israelische Armee mitgeteilt, die ersten Todesopfer in den eigenen Reihen seit Beginn ihrer Bodenoffensive im Libanon verzeichnet zu haben. Aus Hisbollah-Kreisen hieß es, Israel habe am Mittwochabend drei Angriffe auf südliche Vororte der libanesischen Hauptstadt geflogen.

Israelische Armee ruft zu Evakuierung auf

Zudem traf das israelische Militär eigenen Angaben in der Stadt Bint Jbeil im Südlibanon ein Verwaltungsgebäude. Dabei seien mindestens 15 Hisbollah-Mitglieder getötet worden. Das israelische Militär forderte inzwischen die Einwohner von mehr als zwanzig Städten im Süden des Libanons auf, ihre Häuser zu verlassen. Das gelte ab sofort, hieß es auf X.

Beschuss aus dem Libanon auf Israel

Auch aus dem Libanon flogen wieder Geschosse auf Israel: Laut israelischer Armee wurden am Morgen rund 25 Geschosse aus dem Libanon registriert. Vielerorts gab es in Nordisrael wieder Raketenalarm. Die libanesische Hisbollah-Miliz teilte zudem mit, die nordisraelische Stadt Tiberias mit Raketen beschossen zu haben.

Caritas beklagt katastrophale humanitäre Lage

Unterdessen bezeichnen Hilfsorganisationen wie Caritas die humanitäre Lage im Libanon als "Katastrophe". Rund eine Million Menschen sind den Behörden zufolge auf der Flucht. "Am allerdringendsten werden aktuell Lebensmittel, Wasser und Medikamente benötigt", sagte Caritas-Mitarbeiterin Christin Mothsche dem Evangelischen Pressedienst. Viele Menschen campierten auf den Straßen.

Die Europäische Union stockt ihre humanitäre Hilfe für den Libanon auf. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte weitere 30 Millionen Euro an. Das Geld sei für Lebensmittel, Medikamente und Notunterkünfte vorgesehen, hieß es. Der Direktor des UN-Welternährungsprogramms (WFP) in Deutschland, Martin Frick, warnte vor einer neuen, möglichen Fluchtbewegung. "Wenn wir da keine Stabilität reinbringen, dann kann durchaus eine neue Fluchtbewegung auch über die Grenzen von Libanon und Syrien hinaus entstehen", sagte Frick den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

Israel geht mit massiven Luftangriffen gegen die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon vor. Die Hisbollah hatte nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit Raketenangriffen aus dem Libanon eine zweite Front gegen Israel eröffnet. In den vergangenen Tagen nahm der Hisbollah-Beschuss weiter zu, insbesondere nach der Tötung des Anführers der Miliz, Hassan Nasrallah, in der vergangenen Woche.

Israelische Reaktion nach Raketenbeschuss aus dem Iran?

In der Nacht zu Dienstag hatte Israel nach eigenen Angaben einen "begrenzten" Bodeneinsatz im Süden des Libanon begonnen. Am Dienstagabend griff der Iran dann Israel mit rund 200 Raketen an. Der israelischen Armee zufolge wurde ein großer Teil der Raketen abgefangen. Nach Angaben Teherans handelte es sich um eine Vergeltungsaktion.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu kündigte kurz nach den Angriffen an, das Regime in Teheran werde dafür bezahlen.

Biden gegen Attacke auf iranische Atomanlagen

Unklar ist noch, wie die israelische Reaktion ausfallen wird. Derweil sprach sich US-Präsident Joe Biden gegen eine Attacke auf Atomanlagen der Islamischen Republik aus. "Die Antwort ist nein", sagte Biden auf die Frage eines Reporters. Israel habe aber ein Recht, auf Irans Angriff zu reagieren.

Huthi-Miliz meldet Drohnenangriff auf Tel Aviv

Die jemenitische Huthi-Miliz verübte nach eigenen Angaben einen Drohnenangriff auf die israelische Stadt Tel Aviv. Die Huthis erklärten, sie hätten ein "wichtiges Ziel" mit mehreren Drohnen angegriffen. Laut israelischer Armee wurde vor der zentralisraelischen Küste in der Nacht "ein verdächtiges Luftziel" abgefangen.

Auch im Gazastreifen gehen die Kämpfe weiter. Das israelische Militär tötete nach eigenen Angaben Rawhi Muschtaha, den Chef der von der Hamas geführten Regierung im Gazastreifen (Externer Link). Auch die führenden Hamas-Mitglieder Sameh al-Siradsch und Sami Udeh seien getötet worden. Seit dem Hamas-Angriff und der darauffolgenden israelischen Militäroffensive vor fast einem Jahr wurden im Gazastreifen nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde mindestens 41.788 Menschen getötet.

Guterres drängt weiter auf Waffenruhe

UN-Generalsekretär António Guterres forderte die Konfliktparteien erneut zu einer Waffenruhe auf. "Die wütenden Brände im Nahen Osten entwickeln sich rasch zu einem Inferno", sagte er bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. 

Guterres ging nicht darauf ein, dass Israel ihn zuvor zur "unerwünschten Person" erklärt und das unter anderem damit begründet hatte, dass er den iranischen Raketenangriff aus ihrer Sicht nicht eindeutig verurteilt habe.

Israelischer Botschafter fordert klares Bekanntnis zu Israel

Knapp ein Jahr nach dem Hamas-Überfall betonte der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, dass er von der Bundesregierung auch international ein klares Bekenntnis zu Israels Selbstverteidigungsrecht erwarte. "Jetzt ist die Zeit, um wahren Freunden zu zeigen, dass man in Zeiten von Dämonisierung und Delegitimierung an ihrer Seite steht", sagte Prosor der Nachrichtenagentur AFP.

Alternativer Nobelpreis für palästinensische Organisation

Inmitten der Eskalation wurde die palästinensische Organisation "Jugend gegen Siedlungen" (YAS) mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Die Organisation und ihr Gründer Issa Amro wurden "für ihren unerschütterlichen gewaltlosen Widerstand gegen die illegale israelische Besatzung" sowie die "Förderung palästinensischer Bürgerinitiativen mit friedlichen Mitteln" ausgezeichnet, wie die in Stockholm ansässige Right-Livelihood-Stiftung mitteilte.

Mit Informationen von AFP, epd und dpa. Zum Teil lassen sich die Angaben nicht unabhängig überprüfen.

Zum Video: Israel greift erneut Beirut an

Das israelische Militär greift weiter Ziele im Libanon an.
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Das israelische Militär greift weiter Ziele im Libanon an.

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