Nach dem Messerangriff von Aschaffenburg mit zwei Toten kommen immer mehr Details zu den Hintergründen an die Öffentlichkeit. Bekannt ist schon, dass es das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) versäumt hatte, den tatverdächtigen 28-jährigen Afghane rechtzeitig wieder nach Bulgarien abzuschieben. Nun zeigt sich, dass es offenbar auch in Bayern Verzögerungen bei der zuständigen Behörde gab – mit fatalen Folgen.
So soll sich die für den Mann zuständige bayerische Flüchtlingseinrichtung erst rund zwei Monate nach der Ankunft des Mannes darum gekümmert haben, dass er einen Asylantrag stellt. Dies geht aus entsprechenden Unterlagen des Bamf hervor, über die zuerst der "Spiegel" berichtet hatte.
Bayerische Behörde soll Asylantrag zu lange ignoriert haben
Was ist passiert? Die Ereignisse der Reihe nach: Der Afghane kam am 6. Dezember 2022 im Ankerzentrum Unterfranken in Schweinfurt an. Nach Auskunft der Bundesbehörde wäre das Ankerzentrum und damit der Freistaat Bayern verantwortlich dafür gewesen, dass er beim Bamf einen Asylantrag stellt. Üblich ist, dass dies innerhalb von zwei Wochen geschieht. Im Fall des Tatverdächtigen des tödlichen Messerangriffs vereinbarte das Ankerzentrum aber erstmals für den 7. Februar 2023 einen Termin für den Mann beim Bamf – also rund zwei Monate nach seiner Ankunft im Ankerzentrum.
Zu diesem Termin erschien der spätere mutmaßliche Messerangreifer aber nicht. Daraufhin nahm das Bamf die Sache demnach selbst in die Hand und vereinbarte einen Termin für den 9. März 2023, den der Mann auch wahrnahm. Erst dann – und damit mehr als drei Monate nach seiner Ankunft im Ankerzentrum – wurde der Asylantrag offiziell gestellt.
Verzögerung hatte Folgen für Rückführung nach Bulgarien
Diese Verzögerung bei der Antragstellung hatte später Folgen. Denn das Bamf hatte bereits Ende Januar 2023 ein sogenanntes Übernahmeersuchen an Bulgarien gestellt. Am 3. Februar 2023 hatten bulgarische Behörden diesem zugestimmt. Ab diesem Tag lief daraufhin die Sechs-Monats-Frist mit der Möglichkeit zur Überstellung des Mannes.
In der Folge kam es zu den bereits bekannten Verzögerungen aufseiten des Bamf. Obwohl die Ablehnung des Asylantrags des Mannes bereits am 4. Juli 2023 rechtskräftig geworden war, teilte das Bamf dies der Ausländerbehörde in Schweinfurt erst am 26. Juli 2023 mit. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) war das zu spät, um den Mann noch nach Bulgarien abschieben zu können. Er wisse daher nicht, was die bayerischen Behörden in dem Fall hätten anders machen können oder sollen, sagte Herrmann Ende Januar in einem Ausschuss des bayerischen Landtags.
Bayerisches Innenministerium sieht kein Verschulden in den eigenen Reihen
Auch jetzt weist das bayerische Innenministerium alle Vorwürfe klar zurück. Ein Sprecher erklärte, das Bamf versuche nun "durch haltlose Anschuldigungen von den eigenen massiven Versäumnissen abzulenken". Ein Verschulden der Aufnahmeeinrichtung liege nicht vor.
Das Bamf habe seit dem 7. Dezember 2022 gewusst, dass der Betroffene da sei und hätte ihm jederzeit einen Termin geben können. "Warum das Bamf den ersten Termin erst für den 7.02.2023 vergeben hat und warum es, nachdem dieser nicht wahrgenommen wurde, erst einen weiteren Termin für den 9.03.2023 zuteilte, muss das Bamf beantworten."
Asylbewerber tötete Anfang Januar zwei Menschen
Es scheint, als ob sich in der Frage nach der Zuständigkeit ein verwaltungsjuristisches Tauziehen anbahnt. Bezahlt haben diese Uneindeutigkeit zwei Menschen mit dem Leben: Am 22. Januar 2025 soll der 28-jährige Afghane in einem Park Aschaffenburg einen zweijährigen Jungen und einen 41-jährigen Mann mit einem Messer getötet haben. Drei Menschen wurden schwer verletzt.
Laut den Ermittlern soll der Mann psychisch krank und bereits mehrfach gewalttätig aufgefallen sein. Nach dem tödlichen Messerangriff wurde er zunächst in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.
Mit Informationen der dpa
Im Video: Psychische Belastung für Rettungskräfte nach Messerangriff in Aschaffenburg
Psychische Belastung für Rettungskräfte
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