Das finanziell angeschlagene Energieunternehmen Uniper, Deutschlands größter Gasimporteur, dürfte verstaatlicht werden: Uniper befinde sich in "abschließenden Gesprächen" mit dem Bund und dem finnischen Mutterkonzern Fortum über eine "Änderung" des im Juli vereinbarten Stabilisierungspakets, teilte das Unternehmen am Dienstag in Düsseldorf mit. Im Ergebnis dieser Änderungen sei vorgesehen, dass der Bund eine "signifikante Mehrheitsbeteiligung" an Uniper erhalte.
Uniper: Bund soll Fortum-Anteile übernehmen
Es sei unter anderem eine Kapitalerhöhung in Höhe von acht Milliarden Euro geplant, die ausschließlich durch den Bund gezeichnet werden solle. Darüber hinaus solle der deutsche Staat die derzeit von Fortum gehaltenen Uniper-Aktien erwerben. "Die finale Vereinbarung ist noch nicht abgeschlossen", hieß es. Fortum hält derzeit noch knapp 78 Prozent an Uniper.
Auch Fortum bestätigte den Stand der Gespräche. Teil der Verhandlungen sei auch, dass Fortum die Gelder zurückbekommt, mit denen die Muttergesellschaft das Düsseldorfer Unternehmen unterstützt hat. Der Handel mit den Fortum-Aktien an der Börse in Helsinki wurde demnach ausgesetzt. Sobald eine Einigung stehe, werde Fortum wieder kommunizieren, hieß es.
Uniper ist von den russischen Gaslieferkürzungen besonders stark betroffen. Der Konzern muss als Ersatz Gas am teuren Spotmarkt kaufen und macht dabei hohe Verluste. Allein im ersten Halbjahr fuhr Uniper einen Verlust von über zwölf Milliarden Euro ein. Der Bund war bereits im Juli mit einem Anteil von 30 Prozent bei dem Unternehmen eingestiegen.
Gasumlage auf dem Prüfstand
Zuletzt war bekannt geworden, dass angesichts einer möglichen Verstaatlichung Unipers die umstrittene Gasumlage zur Stützung großer Gasimporteure womöglich auf dem Prüfstand steht. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat nach Informationen mehrerer Nachrichtenagenturen und der ARD "finanzverfassungsrechtliche Zweifel".
Habeck betonte nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios bei einer internen Grünen-Sitzung vergangene Woche, dass der Finanzierungsbedarf für Uniper deutlich höher liege als bei der Aushandlung des ersten Rettungspakets.
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Grafik: Gasspeicher in Deutschland von 2011 bis 2021
Europäische Perspektiven
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Gasexpertin begrüßt geplante Uniper-Verstaatlichung
Die geplante Verstaatlichung von Uniper ist nach Ansicht der Gasmarktexpertin Franziska Holz vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ein geeignetes Mittel, um die Versorgung im Winter sicherzustellen. Allerdings, so Holz im Interview mit BR24 TV, müsse diese Maßnahme zeitlich befristet sein.
Die deutschen Gasspeicher sind derzeit zu gut 90 Prozent gefüllt. Das reicht laut Holz für zwei "normale" Wintermonate. Für die übrige Zeit oder wenn der Winter überdurchschnittlich streng werden sollte, sei es wichtig, dass der Gasmarkt gut funktioniere. Um das zu gewährleisten, will der deutsche Staat jetzt Holz zufolge auch Uniper im Markt halten. Das trage zum Funktionieren der Lieferketten bei, so Gasexpertin Holz.
Mit Material von AFP, dpa und Reuters.