Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat die Notwendigkeit strengerer Grenzkontrollen bekräftigt, um auch auf diesem Weg die Zuwanderung effektiver zu steuern. Die Menschen würden die Überforderung Deutschlands spüren, deshalb müsste der Flüchtlingszugang deutlich begrenzt werden. Auch andere europäische Länder würden mit strengeren Grenzkontrollen agieren. "Und das ist richtig so", sagte Hermann am Mittwochabend in der Münchner Runde im BR Fernsehen.
Gegenüber der AfD grenzte sich der CSU-Politiker jedoch deutlich ab. "Die Brandmauer steht zu 100 Prozent", so der Innenminister. Im Bayerischen Landtag sei eine Zusammenarbeit darüber hinaus ohnehin noch nie vorgekommen. Dennoch betonte Herrmann: "Wenn ich sage: 'Zwei und zwei ist vier', und die AfD sagt überraschend, das sieht sie auch so, dann kann ich nicht sagen: 'Da muss ich mir nochmal überlegen, ob zwei und zwei vier ist'."
Kritik an Grenzschließungen von SPD und Grünen
Die Forderung nach härteren Maßnahmen an den Grenzen stieß in der Münchner Runde auf Widerspruch. Ronja Endres, Vorsitzende der SPD in Bayern, erklärte, dass Grenzschließungen der komplexen Realität der Migration nicht gerecht würden. Laut Endres ist erfolgreiche Migrationspolitik nicht "nur Abschieben" und "nur Grenzen dichtmachen". Für eine funktionierende Migrationspolitik brauche es auch Integration.
Die Fraktionsvorsitzende der bayerischen Grünen, Katharina Schulze, verwies darauf, dass mit dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) bereits Maßnahmen zur Steuerung der Migration existieren. Laut Katharina Schulze sei es richtig, die Thematik wie bisher europäisch zu lösen. Und mit der Einigung auf das GEAS habe man gleich zwei Neuerungen: "Zum einen einen besseren Schutz der Außengrenzen und zum anderen eine gerechtere Verteilung über die Mitgliedsstaaten."
Reaktion auf Messerangriff von Aschaffenburg
Zudem wies Schulze darauf hin, dass dringende Fragen, die sich nach dem Messerangriff von Aschaffenburg stellen würden, vor allem sicherheitspolitische Themen seien. Man müsse sich die Frage stellen, wie die Polizei gewaltbereite und instabile Personen besser im Blick behalten könne. Schulze: "Wo müssen wir die Behördenkooperation stärken? Wie können wir Geflüchtete screenen, wenn sie zu uns kommen?"
AfD nennt Brandmauer "Gefängnismauer"
Unterstützung für die Forderung des Innenministers nach restriktiveren Maßnahmen kam aus der AfD. Die Haltung von SPD und Grünen sei nicht zielführend, sagte der AfD-Landtagsabgeordnete Richard Graupner. Zur Debatte um die politische Abgrenzung gegen die AfD sagte Graupner: "Diese Brandmauer ist eine Gefängnismauer. Ein Gefängnis für die Union. Es ist für die SPD und die Grünen natürlich bequem zu sagen: 'Mit der AfD dürft ihr nicht und deswegen müsst ihr das Gesetz so umsetzen, wie wir uns das vorstellen.'"
Soziologe Nassehi sieht Chancen in Migration
Im Grunde würden die demokratischen Parteien bei der Migrationspolitik nicht weit auseinanderliegen, sagte der Soziologe Armin Nassehi von der LMU München. Nassehi, der auch Mitglied des deutschen Ethikrates ist, appellierte, wieder sachlicher zu diskutieren. "Ich würde das gar nicht einem Spieler zurechnen", sagte Nassehi. Das Grundproblem, so der Soziologe: "Es ist in der Tat so, dass sich die demokratischen Parteien nicht einigen konnten, obwohl sie es im Moment müssen." In Sachen Migration gehe es neben Debatten um Begrenzungen schließlich auch um Chancen. Man wisse aus der internationalen Forschung genau, dass Länder, denen es gelinge, Migration in Arbeitsmärkte und Bildungsmärkte zu integrieren, "ökonomisch, kulturell und politisch davon profitieren", sagte Nassehi.
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