Hubert Aiwanger (Freie Wähler) spricht im BR24 Wahl-Talk über Familien und Kinderbetreuung.
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Hubert Aiwanger (Freie Wähler) spricht im BR24 Wahl-Talk über Familien und Kinderbetreuung.

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#Faktenfuchs: Aiwangers Aussagen zum Kitaplatz-Bedarf im Check

Aiwanger behauptet, dass Eltern sich freiwillig für Kinderbetreuung zuhause entscheiden. Die Zahlen sprechen dagegen. Ein #Faktenfuchs.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Wahlarena am .

Dieser Text ist Teil des Faktenchecks dem BR24-Wahl-Talk vom 06.09.2023 mit Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und erstmals am 07.09.2023 erschienen. Den Artikel finden Sie hier.

Die Behauptung:

Hubert Aiwanger, Freie Wähler: "Also nochmal zum Thema der Kitabetreuung: Wenn Sie sagen, in Bayern sei die Betreuungsquote der Ein- bis Dreijährigen sehr niedrig: Ja, weil wir eben in Bayern noch häufig Drei-Generationen-Familien haben, wo die Omi noch sagt: Ich geb das Kind mit einem Jahr noch nicht in die Kita, sondern das bleibt noch zu Hause. Das heißt ja nicht automatisch, dass jedes Kind mit zwölf oder 13 Monaten an eine Kita gegeben würde, wenn sie eine Kita hätten. Die sagen gezielt: Das soll noch zu Hause bleiben."

Der Kontext:

Aiwanger spricht, nachdem sich bereits mehrere andere Kandidaten zum selben Thema geäußert hatten. Katharina Schulze von den Grünen hatte argumentiert, dass mehr Frauen in Bayern arbeiten könnten und würden – wenn es mehr Kitaplätze gäbe. Als Aiwanger an die Reihe kommt, antwortet er mit dem oben genannten Zitat.

Richtig oder falsch?

Die Behauptung ist überwiegend falsch. Richtig ist, dass nicht "jedes" Kind in eine Kita kommen würde, wenn es einen Platz hätte. Aber: Drei-Generationen-Haushalte machen in Bayern nur einen sehr kleinen Teil der Lebensformen aus. Und Auswertungen zeigen eindeutig, dass sich mehr Eltern einen Kitaplatz wünschen, als ihn derzeit bekommen.

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Die Fakten:

Nicht ganz klar ist, wie hoch die Betreuungsquote in Bayern ist. Laut dem Statistischen Bundesamt lag sie in Bayern im Jahr 2022 bei den Unter-Dreijährigen bei 30,5 Prozent (Seite 110). Das Bayerische Sozialministerium geht hingegen von 35,6 Prozent aus. Letzteres ist auch in etwa die Zahl, die in der Diskussion immer wieder genannt wird (35 Prozent).

Mehr Eltern suchen einen Kitaplatz, als Plätze verfügbar sind

Gegen Aiwangers Behauptung, die Betreuungsquote würde auch mit mehr verfügbaren Plätzen nicht steigen, weil die Familien die Kinder lieber zu Hause betreuten, sprechen die Auskünfte von Eltern selbst. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums gaben 2022 42,4 Prozent der Eltern von Unter-Dreijährigen an, dass sie einen Kitaplatz suchen. Je nachdem, welche Betreuungsquote man heranzieht, beträgt die Lücke also knapp sieben oder knapp zwölf Prozentpunkte.

Bei der Betreuung der Über-Dreijährigen liegt die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage 2022 bei sechs Prozentpunkten. Im selben Jahr lag die Betreuungsquote der Über-Dreijährigen bei 91,7 Prozent (Quelle: Bundesamt für Statistik), der Betreuungsbedarf hingegen bei 97,7 Prozent. Aber: 2021 waren es noch knapp drei Prozentpunkte. Auch hier ist die Lücke also größer geworden.

Anteil der Drei-Generationen-Haushalte in Bayern sinkt

Dass die niedrige Betreuungsquote - wie Aiwanger behauptet - vor allem mit dem vermeintlich hohen Anteil der Drei-Generationen-Haushalte in Bayern zusammenhängt, ist sehr unwahrscheinlich. Denn der ist in Bayern - wie überall in Deutschland - seit den 1970er-Jahren kontinuierlich gesunken. Im Jahr 2019 (dem letzten Jahr, für das Daten verfügbar sind) lebten in Bayern in nicht mehr als 0,5 Prozent aller Haushalte drei Generationen zusammen. Eine häufige Lebensform ist das also auch in Bayern nicht.

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