Eine Frau im Rollstuhl ist neben einem stehenden Mann zu sehen. Vor ihnen steht ein Transporter, der über eine Rollstuhlrampe verfügt.
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Krankentransporte sind für Menschen mit Einschränkungen wichtig. Die Anbieter werden jedoch immer weniger (Archivbild).

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Krankentransporte immer knapper: Woran das liegt

Krankentransporte immer knapper: Woran das liegt

Menschen mit Einschränkungen sind immer wieder auf Krankentransporte angewiesen. Doch Anbieter reduzieren aus Kostengründen ihr Angebot. Betroffene müssten im Zweifel den Rettungswagen rufen. Es bestehe Handlungsbedarf, sagen Pflegedienste.

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In vielen Regionen ist die Lage im Krankentransportwesen angespannt. Während die Nachfrage steigt, wird das Angebot aus Kostengründen kleiner. Das ist nicht nur für Patienten ärgerlich. Auch Pflegedienste sind sich einig, dass es Änderungen brauche.

Krankenfahrten: Für Dialysepatienten oder Menschen mit Behinderung

Wer mobil eingeschränkt ist und einen medizinischen Termin wahrnehmen muss, ist häufig darauf angewiesen, gefahren zu werden. Angebote dafür gibt es viele, zum Beispiel vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK), von Hilfsdiensten oder privaten Anbietern. In Fachkreisen werden diese Fahrten als "unqualifizierte Krankentransporte", Krankenbeförderung oder Krankenfahrten bezeichnet. Sie sind etwa für Dialysepatienten, Menschen mit Behinderung oder Personen mit Mobilitätseinschränkungen gedacht. Der Patientenfahrdienst sei "ein wichtiges Element gesellschaftlicher Teilhabe", erklärt ein BRK-Sprecher auf BR24-Anfrage.

Im Normalfall werden die Fahrten nicht per Rettungswagen durchgeführt, denn diese werden für Notfälle oder in Situationen gebraucht, in denen Kranke oder Verletzte während der Fahrt medizinisch fachlich betreut werden müssen.

Kein Krankentransport: Rettungswagen als einzige Lösung?

In der Praxis ist es jedoch nicht immer leicht, eine solche Krankenfahrt zu bekommen. In der BR24-Kommentarspalte schildert der User "boxdorf", dass es beispielsweise in der Ferienzeit teils unmöglich sei, einen solchen Transport zu bekommen. Auch außerhalb der Ferien müsse man den Termin eine lange Zeit zuvor vereinbaren. Klappt das nicht, müsse man für den Termin einen Rettungswagen rufen. Das sei zwar nicht vorgesehen, oft aber laut dem User die einzige Lösung.

Am besten sollten Krankentransporte so früh wie möglich gebucht werden, heißt es von den Anbietern. Je nach Region könnte eine Buchung in Einzelfällen aber auch kurzfristig erfolgen, erklärt etwa eine Sprecherin der Johanniter. Sollte bei verschiedenen Anbietern kein Transport verfügbar sein, könne in vielen Fällen beispielsweise ein Taxi eine Alternative sein, sofern keine medizinische Betreuung notwendig ist. Bei planbaren und nicht zeitkritischen Terminen sei auch eine Terminverschiebung als Alternative denkbar. Andernfalls könnte in Einzelfällen auch ein Hausbesuch angefordert werden. Sollten diese Möglichkeiten nicht bestehen, bleibe als letzte Instanz der Transport mit dem Rettungswagen.

Situation in vielen Regionen angespannt

Die Gründe für die Knappheit von Angeboten sind vielfältig. Wie mehrere Hilfsdienste bestätigen, sei die Situation in vielen Regionen angespannt. Ein wesentlicher Grund sei die hohe und weiter steigende Nachfrage, insbesondere durch die alternde Bevölkerung, die zunehmend auf regelmäßige Fahrten zu Arztterminen, Dialysen oder Krankenhausaufenthalten angewiesen ist, erklärt etwa eine Sprecherin der Johanniter. Durch die Schließung von Krankenhäusern in ländlichen Regionen verschärfe sich die Lage, da dadurch die Fahrtzeiten häufig länger würden. Die angestrebten Krankenhausreformen würden voraussichtlich ebenfalls zu mehr Krankentransporten führen, erklärt ein Sprecher der Malteser.

Aus Kostengründen: Anbieter reduzieren Angebot

Ein weiteres großes Problem sei die Finanzierung. Laut BRK stehen die Fahrdienste wirtschaftlich unter einem immensen Druck, "da sie sich über 85 Prozent durch Tarife der Krankenkassen als Kostenträger finanzieren". Verhandlungen von "wirtschaftlich auskömmlichen Tarifen" mit den Krankenkassen seien eine Herausforderung und gelängen wegen der bei den Kassen ebenso angespannten finanziellen Situation nicht immer, so ein BRK-Sprecher zu BR24.

Die "unqualifizierten Krankentransporte" würden häufig nicht kostendeckend vergütet, erklärt etwa eine Sprecherin des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) BR24. Diese Einschätzung bestätigen auch Malteser und Johanniter. Laut der Johanniter-Sprecherin würden Sozialversicherungsträger für die Transporte dieselben Sätze wie für Mietwagen und Taxis vergüten, obwohl die Anforderungen und Kosten deutlich höher seien. Aus diesen Gründen hätten viele Anbieter ihr Angebot in einzelnen Regionen reduziert.

Was muss sich ändern?

An dieser Situation müsse sich etwas ändern – darin sind sich die Pflegedienste einig. Laut der ASB-Sprecherin müsste bei der notwendigen Reform der Notfallrettung nicht nur der Rettungsdienst, sondern eben auch Krankenfahrten berücksichtigt werden. Diese entlasteten das Gesundheitssystem und würden die Belastung des Rettungsdienstes reduzieren. Verbesserungen bei den Krankenbeförderungen würden dem ganzen Gesundheitssystem zugutekommen, denn die Fahrten sind günstiger als Fahrten im Rettungswagen, so der BRK-Sprecher.

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