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Nächtliche Einigung im Kanzleramt: Berichten zufolge steht der Entwurf für den Haushaltsetat ebenso wie das Wachstumspaket

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Ampel einigt sich im Haushaltsstreit

Nach langen Verhandlungen haben sich die Spitzen der Ampel-Koalition offenbar auf einen Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 geeinigt. Das hat das ARD-Hauptstadtstudio aus Regierungskreisen erfahren. Die Schuldenbremse soll demnach eingehalten werden.

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Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat sich in der Nacht zu Freitag wohl endlich auf einen Haushaltsentwurf für 2025 geeinigt. So verlautet es am Morgen aus Koalitionskreisen, wie das ARD-Hauptstadtstudio erfuhr. Auch beim Wachstumspaket wurde demnach eine Einigung erzielt.

Details wurden zunächst nicht bekannt. Am Morgen wurden erst einmal die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP informiert. Am späten Vormittag will dann Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor die Presse treten.

Bundestag soll nach Sommerpause über Etat beraten

Scholz, Lindner und Habeck hatten in den vergangenen Wochen häufig zusammengesessen und verhandelt, so auch seit Donnerstagnachmittag wieder. Eigentlich hatten sie bis zum vergangenen Mittwoch schon eine Verständigung erreichen wollen.

Jetzt ist der 17. Juli für den Kabinettsbeschluss im Gespräch. Ab Mitte September befasst sich dann der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf, der dann im November oder Dezember beschlossen werden könnte.

Schuldenbremse soll offenbar eingehalten werden

Die Haushaltsverhandlungen gestalteten sich vor allem deshalb schwierig, weil eine zweistellige Milliardensumme einzusparen ist. Daher hatte das Bundesfinanzministerium Sparvorgaben gemacht. Einzelne Ressorts wie das Auswärtige Amt oder das Entwicklungsministerium wollten diese mit Blick auf internationale Verpflichtungen zunächst nicht akzeptieren. Strittig war auch der Sozialetat. Daneben bestand immer noch eine Lücke von rund 10 Milliarden Euro, die geschlossen werden musste.

Vor allem die SPD forderte daher, die Schuldenbremse erneut auszusetzen, um mehr Spielraum für Investitionen zu haben. Für Lindner und seine FDP kam das nicht infrage. Wie aus Regierungskreisen verlautete, sieht die Einigung zum Bundeshaushalt 2025 vor, dass die Schuldenbremse eingehalten wird. Eine Notlage wurde demnach nicht festgestellt. Auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2028 soll die Schuldenbremse den Plänen zufolge eingehalten werden.

Einigung sieht unter anderem höheres Kindergeld vor

Die Einzelheiten sollen zwar erst in der Pressekonferenz bekannt gegeben werden - aber erste Inhalte sickern bereits durch: So soll das Kindergeld im kommenden Jahr erhöht werden. Das sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich nach der morgendlichen Sondersitzung seiner Fraktion.

Auch der Kindersofortzuschlag für bedürftige Familien im Bürgergeld soll Berichten zufolge steigen. Zudem sind Investitionen des Bundes von jeweils zwei Milliarden Euro im Jahr 2025 und 2026 in die Kita-Qualität geplant. Die Mittel für Freiwilligendienste sollen auf dem Niveau bleiben, wie sie bis Ende 2023 von den Trägern abgerufen wurden.

Wehretat wird erhöht - aber weniger als gefordert

Der Verteidigungsetat soll derweil nicht so stark wachsen wie sich das der zuständige Minister Boris Pistorius gewünscht hat. Von einer Milliarde Euro zusätzlich ist die Rede, der SPD-Politiker wollte deutlich mehr. Allerdings: Im sogenannten Sondervermögen für die Bundeswehr steht für nächstes Jahr auch Geld zur Verfügung.

Insgesamt sollen die Gesamtausgaben im Haushalt 2025 nach Informationen des "Handelsblatt" bei 470 Milliarden Euro liegen. Damit würde die Regierung gegenüber dem laufenden Jahr Einsparungen vornehmen.

Wachstumspaket soll Wirtschaftsstandort Deutschland stärken

Die nächtliche Einigung umfasst auch ein Paket mit Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft. Denn: In diesem Jahr wird in Deutschland nur ein Mini-Wachstum erwartet. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, auch der private Konsum kommt nicht in Schwung. Wirtschaftsverbände beklagen seit langem Standortnachteile wie eine hohe Steuer- und Abgabenlast, einen Mangel an Fachkräften und zu viel Bürokratie.

Hier will die Regierung mit dem "Wachstumsturbo" ansetzen. Scholz hatte bereits gesagt, die Bundesregierung wolle private Investitionen fördern. Er stellte verbesserte steuerlichen Abschreibungen für Firmen in Aussicht. Außerdem sollten die Erwerbstätigkeit von Eltern erleichtert und Arbeitsanreize erhöht werden, auch steuerlich. 

Ampel-Politiker begrüßen Einigung

Schon vor der offiziellen Unterrichtung in den Fraktionen gab es erste Reaktionen auf die Einigung. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese etwa sprach von einem "guten Signal". "Es zeigt, dass diese Koalition handlungsfähig ist und sich der Verantwortung für das Land stellt", sagte er. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte, das lange Verhandeln habe sich gelohnt: "Der Haushalt steht und die Wirtschaftswende kommt: Mit Einhaltung der Schuldenbremse, Entlastung der hart arbeitenden Mitte und deutlichen Impulsen für mehr Wachstum."

Auch Grünen-Co-Parteichefin Ricarda Lang begrüßte die Einigung. "Ich glaube, es ist gut, dass wir in der geopolitischen Lage jetzt Handlungsfähigkeit beweisen", sagte sie vor der Fraktionssitzung der Grünen. Ihr Parteikollege Anton Hofreiter zeigte sich erleichtert. "Angesichts der Weltlage wäre es unverantwortlich, die Koalition platzen zu lassen", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestages. "Natürlich muss man sich die Einigung genau anschauen."

Söder kritisiert Kompromiss als mangelhaft

CSU-Chef Markus Söder sieht den Ampel-Durchbruch beim Haushalt 2025 als nicht ausreichend für eine grundlegende Wende in Deutschland. Die Ampel habe sich "noch mal zusammen gerappelt, um eine Einigung zu finden", sagte der bayerische Ministerpräsident in Berlin. Er glaube aber nicht, dass das reichen wird. "Der K.O. ist nur verschoben worden."

Es fehle der Ampel-Regierung eine langfristige Perspektive, die sich nicht nur in Teilmaßnahmen zeige, "sondern durch eine gemeinsam getragene Philosophie", sagte Söder. Für eine grundlegende Wende brauche es eben mehr. Die Union werde sich nun die Verhandlungsergebnisse im Detail genau ansehen.

Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters.

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