Die AfD verbieten oder nicht? Diese Frage wird in Deutschland heftig diskutiert. Jetzt ist klar: Noch vor der Neuwahl im Februar soll der Bundestag entscheiden, ob das Parlament einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht einbringt. So will es eine fraktionsübergreifende Gruppe von 113 Bundestagsabgeordneten um Marco Wanderwitz (CDU). Ihr Antrag liegt BR24 vor.
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner wollen ein Verbotsverfahren starten, an dessen Ende das Bundesverfassungsgericht die AfD als verfassungswidrig verbieten soll. Zudem soll das Vermögen der Partei eingezogen werden, "für gemeinnützige Zwecke". Die Antragssteller nennen im Antrag ein alternatives Vorgehen: "Hilfsweise" könne das Bundesverfassungsgericht feststellen, dass die AfD von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werde.
CSU-Landesgruppenchef Dobrindt: "Antrag ist kontraproduktiv"
Allerdings haben viele Abgeordnete Zweifel, ob der Antrag Aussichten auf Erfolg hat – oder ob er der AfD politisch sogar nutzt, weil sie eine Opferrolle einnehmen könnte. CDU-Fraktionschef Friedrich Merz lehnt den Vorstoß ab, die SPD-Fraktionsspitze hält ihn für verfrüht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich zuletzt sehr zurückhaltend und erinnerte an die hohen Hürden für ein Parteienverbot. FDP und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sind ebenfalls kritisch.
Auch die CSU hält nichts von einem Verbot. Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, bekräftigt auf BR24-Anfrage: "Man kann die AfD nicht wegverbieten, man kann die AfD nur wegregieren." Ein Verbotsantrag sei "Wasser auf die Mühlen der AfD-Erzählung, dass man die Partei mit anderen Mitteln als der offenen Auseinandersetzung bei Wahlen und in den Parlamenten aus dem politischen Wettbewerb entfernen will."
AfD-Verbotsantrag im Bundestag: Unterstützer auch aus Bayern
Dobrindt kennt nach eigenen Angaben "niemanden in der CSU-Landesgruppe, der diesen Antrag unterstützt". Bayerische Abgeordnete anderer Parteien gehören dagegen zu den Unterzeichnern, wie die Linken-Abgeordnete Nicole Gohlke und der Grüne Anton Hofreiter.
Laut "taz" sind von den 113 Unterzeichnern die meisten aus dem rot-grünen Lager: 31 Sozialdemokraten und 56 Grüne. Dazu kommen 18 Linken-Abgeordnete, Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) – und sieben CDU-Parlamentarier, unter ihnen Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter. Insgesamt sitzen im Bundestag derzeit 734 Abgeordnete.
AfD-Chefin Weidel: "Antidemokratisches Verbotsverfahren"
AfD-Chefin Alice Weidel kritisiert den Antrag scharf. "Selbst in dieser existenziellen Krise haben CDU-Politiker nichts Besseres zu tun, als ein antidemokratisches Verbotsverfahren gegen uns, die zweitgrößte Kraft in Deutschland, hier einzubringen", sagte Weidel am Mittwoch im Bundestag. Der Bundesregierung warf sie vor, die Geheimdienste zu missbrauchen, um "die Opposition zu kriminalisieren".
Wie es jetzt im Bundestag weitergeht
Ob es vor der Auflösung des Bundestags und der für 23. Februar geplanten Neuwahl zu einer Abstimmung über den Verbotsantrag kommt, ist offen bis fraglich. Damit der Antrag Erfolg hat, bräuchte es laut einer Sprecherin des Bundestags eine einfache Mehrheit – also mehr Ja- als Nein-Stimmen. Theoretisch könnte bei vielen Enthaltungen eine vergleichsweise geringe Anzahl Ja-Stimmen den Ausschlag geben.
Teile der AfD rechtsextrem – Hürden für Verbot hoch
In Deutschland können drei Verfassungsorgane ein Parteiverfahren am Bundesverfassungsgericht anstoßen: Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag. Über ein AfD-Verbot wird seit längerem diskutiert. Einzelne Gliederungen der Partei gelten als "gesichert rechtsextrem" und werden vom Verfassungsschutz überwacht.
Die Hürden für ein Parteiverbot sind hoch. Laut dem Verfassungsgericht reicht nur die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen nicht. Es bedarf einer "aktiv kämpferischen, aggressiven Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt, sowie konkreter Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint". Das Verfahren würde wohl Jahre dauern.
AfD-Verbot: Antragssteller verweisen auf das Grundgesetz
Die 113 Abgeordneten, die zeitnah ein Verbotsverfahren starten wollen, schreiben laut Medienberichten in einer gemeinsamen Mail über die AfD: "Das sind Verfassungsfeinde, das sind Feinde unserer Demokratie." Und über ihre Initiative: "Wir sind nicht immer einer Meinung. Worin wir uns einig sind, ist unser klares Bekenntnis zu unserer Demokratie und unserem Grundgesetz."
Im Video: Wäre ein AfD-Verbot überhaupt sinnvoll? Possoch klärt!
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