Polizisten bei Grenzkontrollen
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Union und Kommunen erhöhen vor Migrationsgipfel Druck auf Ampel

Union und Kommunen erhöhen vor Migrationsgipfel Druck auf Ampel

Bund und Länder beraten heute über eine Eindämmung der irregulären Migration. Im Vorfeld forderte die Union härtere Maßnahmen. Hessens Landeschef spricht etwa von einem "Terrorproblem bei der Migration". Auch die Kommunen erhöhen den Druck.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Vertreter von Bund und Ländern wollen heute in Berlin zusammenkommen, um erneut über das Thema Asylpolitik zu sprechen. Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen gibt es laute Forderungen nach wirksamen Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration. Vor allem der Union und den Kommunen reicht das bisher von der Bundesregierung vorgelegte Sicherheitspaket aber nicht aus.

Zurückweisungen an der Grenze, mehr Tempo bei Abschiebungen

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) begründet die Notwendigkeit mit scharfen Worten. Er sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Zuwanderung nach Deutschland und Terrorismus. "Deutschland hat ein Terrorproblem bei der Migration, und darauf muss die Ampel regieren", betonte Rhein.

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz sprach sich in den Zeitungen der Funke Mediengruppe für eine "Zeitenwende in der Migrationspolitik" aus. Der Bund müsse "endlich anfangen, an den Grenzen konsequent zurückzuweisen". "Straftätern und Gefährdern gehört die Staatsbürgerschaft entzogen", sagte er, ohne juristische Details dazu zu nennen. Zudem wiederholte er die Position der Unionsparteien, mehr sichere Herkunftsstaaten auszuweisen, Asylverfahren in Drittstaaten durchzuführen und Menschen auch nach Afghanistan und Syrien auszuweisen.

CDU-Chef Friedrich Merz gehört zwar nicht zum Teilnehmerkreis, bekräftigte aber Forderungen nach einer deutlichen Verringerung der Migration nach Deutschland. "Das eigentliche Problem ist der nach wie vor ungesteuerte Zuwanderungsdruck." Er pochte auf Zurückweisungen an den deutschen Staatsgrenzen. "Wenn es morgen zu keiner Einigung kommt, dann brauchen wir nicht weitere Gespräche zu führen", sagte Merz. 

Union will weniger Geld für Asylbewerber

Aus Sicht der Unionsfraktion im Bundestag spielt auch das Geld eine wichtige Rolle. Sie will deshalb unter anderem Zahlungen "grundsätzlich für alle Ausreisepflichtigen" kürzen, "auch für diejenigen, die eine Duldung haben", sagte der innenpolitische Sprecher Alexander Throm (CDU) der "Welt". Deren Aufenthalt in Deutschland sei "nach wie vor rechtswidrig". Ziel müsse es sein, "ihnen nur noch ein Überbrückungsgeld zu geben, damit sie die Ausreise vollziehen können. Ausnahmen könne es für bestimmte Geduldete geben, die etwa aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht ausreisen könnten.

Migrationsrechtsexperte Ulrich-Arthur Birk, emeritierter Hochschullehrer an der Universität Bamberg, sagte der "Welt", dass es für eine solche Absenkung der Leistungen rechtlichen Spielraum gebe, auch wenn das Bundesverfassungsgericht 2012 entschieden habe, dass Asylbewerber einen Anspruch auf ein soziokulturelles Existenzminimum hätten und dass eine Absenkung der Leistungen aus migrationspolitischen Gründen nicht gerechtfertigt sei: "Das betrifft allerdings nur Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden und in Deutschland eine Bleibeperspektive haben."

In Deutschland sind das aktuell knapp 230.000 Menschen. Wie das Bundesinnenministerium Ende August auf eine Kleine Anfrage der Linken mitteilte, hielten sich Ende Juni 226.882 ausreisepflichtige Personen in Deutschland auf, darunter 182.727 mit einer Duldung. Darunter sind aber auch solche, die keine Leistungen beziehen.

Landkreistag sieht Aufnahmestopp als letzte Möglichkeit

Auch der Deutsche Landkreistag plädiert vor dem Bund-Länder-Treffen für deutlich schärfere Maßnahmen zur Eindämmung der irregulären Migration. In einem Positionspapier, über das "Der Spiegel" (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) berichtet, fordert der kommunale Spitzenverband ein "Gesamtkonzept für eine grundlegend andere Migrationspolitik", einschließlich eines nationalen Aufnahmestopps als "Ultima Ratio".

Die Forderungen der Kommunen gehen deutlich über das hinaus, was die Ampelkoalition bislang vorgelegt hat. Die Kommunen drängen laut Bericht auf die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten für Abschiebehaft und -gewahrsam sowie die Ablehnung von Asylanträgen bei ungeklärter Identität. Zudem sollen Abschiebungen nach Syrien generell ermöglicht und der subsidiäre Schutzstatus, den die meisten Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland erhalten, abgeschafft werden.

Wer nicht von individueller politischer Verfolgung bedroht sei, müsse mit Unterstützung der EU in den Nachbarländern Schutz erhalten und nicht hierzulande. Flüchtlingen, für deren Asylverfahren ein anderes EU-Land zuständig ist, soll dem Bericht zufolge der Weg nach Deutschland versperrt bleiben.

Verfassungsexperte: Zurückweisungen juristisch begründbar

Der Konstanzer Verfassungsrechtler Daniel Thym sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", er halte den Vorschlag, Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, für "juristisch begründbar". Ein solches Vorgehen verletze weder das Grundgesetz noch die Genfer Flüchtlingskonvention, könne aber vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Er sehe aber durchaus die Möglichkeit, dass sich Deutschland dort durchsetzen könne.

Mit Informationen von Reuters, KNA und epd

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